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LITERATUR/052: "Das große Comic-Lexikon" von Marcel Feige


Marcel Feige


Das große Comic-Lexikon

Von Asterix und Akira über Donald Duck und Dan Dare bis Superman und Yps. Digedags und Herge: Die ganze wunderbare Welt der Bildgeschichten, ihre Zeichner und Autoren, Magazine und Figuren.



Selbst bei einem Titel wie "Das große Comic-Lexikon" sollte man selbstverständlich keinen vollständigen Überblick über das gesamte Genre erwarten. Denn, wie der Autor in seinem Vorwort selber anmerkt:

Dem Umfang eines Buches sind logischerweise Grenzen gesetzt. Deshalb mußte die Zahl vorzustellender Personen, Autoren, Texter, Zeichner und Illustratoren, ihrer Strips, Hefte, Alben und Bücher, der Figuren, Protagonisten und Helden, Magazine, Verlage und Firmen auf herausragende bzw. für das Genre charakteristische beschränkt werden ...

Ebenso selbstverständlich ist die Folgerung daraus, daß, vom Autor ebenfalls angesprochen, das Lexikon Informationslücken besitzt, vieles "einfach Ansichtssache" ist, und das bei der Zusammenstellung auch persönliche Vorlieben eine Rolle spielten. Will man also entscheiden, ob dieses oder jenes oder überhaupt ein Comic-Lexikon angeschafft werden soll, gilt es das für sich und seine Zwecke geeignetste Werk herauszufinden. Da das diesbezügliche Angebot auf dem deutschen Markt trotz Manga-Boom und damit einhergehendem gesteigertem allgemeinen Interesse an Comics immer noch recht überschaubar ist, fällt die Wahl leicht - ich zum Beispiel würde mich trotz aller Abstriche für das 2001 erschienene Comic-Lexikon von Marcel Feige entscheiden, bietet es doch im Verhältnis zu vergleichbaren Werken (hierzu später mehr) die meisten Informationen und die größte inhaltliche Vielfalt.

"Das große Comic-Lexikon" von Marcel Feige ist von seinem Aufbau her ein klassisches Nachschlagewerk. Den Löwenanteil des Buches nimmt mit ca. 560 Seiten der Teil "Comics von A bis Z" ein. Der großzügig bebilderte Lexikonteil wird ergänzt durch eine Einführung mit Hinweisen zum Gebrauch des Lexikons, einem Artikel zur Geschichte der Comic Strips, einem Gespräch mit dem Comic- Zeichner Jamiri, einem Register, in dem die Comics nach Originaltiteln sortiert sind und einem Serviceteil mit Adressen von Conventions, Magazinen, Verlagen, Läden, Clubs und anderen Einrichtungen sowie mit Literaturtips.

Den einzelnen Beiträgen merkt man ihre unterschiedliche Herkunft - der Autor nennt u.a. offizielle Informationen wie Biographien, Interviews oder Verlagsinfos, Artikel und Publikationen aus der Fachpresse, offizielle und inoffizielle Web-Sites und Comic-Pages als Quellen - mitunter recht irritierend an. Von der fast im Wortlaut übernommenen lobhudeligen Presseinformation über den begeisterten Fanartikel bis hin zum in Eigenarbeit entstandenen fachlich fundierten Kurzüberblick findet sich, man könnte im positiven Sinne sagen, so bunt und vielfältig wie die Comics selbst, durch die Bank alles.

Insgesamt hätte ich mir jedoch mehr Textlastigkeit und weniger langweilige Listen gewünscht - wen interessiert denn schon wirklich eine fünf Seiten lange Aufzählung sämtlicher Preisträger des "Harvey Award", während der dazugehörige Text nicht einmal acht Zeilen ausmacht? Desgleichen findet sich beim nicht minder renommierten "Eisner Award". Auch hier füllt eine Übersicht sämtlicher Auszeichnungen seit 1988 fast fünf Seiten, der Text gerade mal eine halbe Spalte. Ebenfalls dürften sich nur die wenigsten für eine komplette Titelsammlung der "Lustigen Taschenbücher", der "Illustrierten Klassiker" oder eine zehnseitige(!) Zusammenstellung sämtlicher YPS-Gimmicks interessieren. Hätte man zudem noch auf Füllsel wie beispielsweise eigene Stichworte für Rand- und Nebenfiguren von Comic-Serien verzichtet (so finden sich, neben ihrer Erwähnung unter dem eigentlichen Stichwort "Asterix", allein sechs Stichworte zu diversen "Asterix"-Nebenfiguren), hätte man die knapp 600 Seiten mit Sicherheit noch wesentlich inhaltsreicher füllen können, zum Beispiel zugunsten umfänglicherer Fachartikel.

Nun, vielleicht wird ja die im März 2005 erscheinende Neuausgabe, die sich im Unterschied zu ihrem Vorgänger "Das kleine Comic- Lexikon" nennen wird, manche dieser Scharten auswetzen. Als 500seitiges Paperback wird sie zudem mit 14,90 Euro (vorläufige Preisangabe) wesentlich preiswerter sein als ihr Vorgänger, der seinerzeit mit 49,80 DM zu Buche schlug.

Zum Abschluß noch ein Wort zu der eingangs schon erwähnten Vergleichbarkeit mit anderen Comic-Lexika. So bietet etwa das großformatige "Ehapa Comic Lexikon" von Franco Fossati auf 288 Seiten mehrere hundert Einträge zu Künstlern, Figuren, Serien, Ländern und Magazinen, die durch ca. zwei Dutzend etwas ausführlichere Artikel zu verschiedenen Aspekten des Genres wie "Western", "Underground" oder "Vorläufer der Comics" ergänzt werden. Da es sich jedoch um eine Übersetzung aus dem Italienischen handelt, die für den deutschen Markt bearbeitet wurde, sind die Einträge recht italienlastig ausgefallen. Mit seiner großzügigen Aufmachung hat der Band, der bei seinem Erscheinen 98,- DM kostete, zudem eher repräsentativen und weniger informativen Charakter. Ein anderes Comic-Lexikon ist das "Who's who im Comic" von Jürgen Kagelmann. Das preiswerte Taschenbuch (16,90 DM bei Ersterscheinung) stellt die Akteure der Comic-Serien in den Mittelpunkt. In erklärter Absicht des Autors ist die Auswahl der Figuren dabei aber ausgesprochen subjektiv ausgefallen, so daß es für den Benutzer reiner Zufall ist, ob er die gesuchte Figur auch im Lexikon findet.


Marcel Feige
Das große Comic-Lexikon
Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001
599 Seiten, Paperback
ISBN 3-89602-285-7