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HINTERGRUND/007: Walt Disney gründet sein erstes Studio (SB)


Zeichentrickpionier Walt Disney


Walter Elias Disney, geboren am 5.12.1901, wuchs auf einer Farm im amerikanischen Mittelwesten auf. Schon als kleiner Junge, so heißt es, zeichnete er gern: Ein Landarzt, der hoch zu Roß seine Patienten besuchte, soll dem kleinen Walt fünf Cent für eine Zeichnung seines Pferdes gegeben haben - seine ersten selbstverdienten Kreuzer ...

Abgesehen davon mußte der Junge hart arbeiten: Er verdiente seinen Beitrag zur Familenkasse mit Zeitungsaustragen - ab halb vier Uhr morgens waren an die tausend Kunden zu beliefern. Sein Vater, so erzählte Disney später, bestand darauf, daß die Zeitungen direkt an die Haustür gesteckt, und nicht, wie allgemein üblich, einfach auf die Veranda geworfen wurden. Im Winter, wenn der Schnee fast einen Meter hoch lag, stand der kleine Walter fast bis zur Nase im Schnee. Wie auch immer man solche Legenden bewertet, eines scheint diese Geschichte zu bestätigen: Daß Walt Disney schon früh Zähigkeit und Durchhaltevermögen entwickelte.

Aus dem ersten Weltkrieg kehrte Walt Disney mit der Idee zurück, Zeichentrickfilme zu machen. Der Film steckte noch in den Kinderschuhen und alles was damit zu tun hatte, war neu und aufregend. Disney ergatterte zunächst einen Job als Trickfilmzeichner in einem kleinen Studio in Kansas City, doch dort gefiel es ihm nicht. Die Werbefilmchen, die man dort mit Hilfe von ausgeschnittenen Papierfiguren, die stückweise weiterbewegt wurden, produzierte, waren ihm zu primitiv. So machte Walt Disney sich selbständig, zusammen mit seinem Freund Ubbe Eert Iwwerks, besser bekannt als Ub Iwerks. Dessen Vater war seinerzeit aus Ostfriesland eingewandert, was den ausgefallenen Namen erklärt.


"Iwerks-Disney Commercial Artists"

Mit Hilfe von 250 Dollar, die ihnen die Mutter von Disney geliehen hatte, kauften die beiden Zeichenmaterial und mieteten ein Büro. "Iwerks-Disney Commercial Artists", wie die Firma sich nannte, ging jedoch bald pleite. Die Freunde gaben aber nicht auf sondern besorgten sich Lehrbücher über Trickfilme und experimentierten in einer Garage. Mit dem neu erworbenen Wissen stellten sie witzige kleine Kurzfilme von nur einer Minute Dauer her, die "Laugh-o-grams".

Bald war ihnen erster Erfolg beschieden, denn das Kinopublikum mochte diese Filmchen. Hier wollte Disney aber nicht stehenbleiben; ihm schwebte etwas anderes vor. Eine echte Schauspielerin sollte in einer gezeichneten Umgebung zusammen mit gezeichneten Figuren Abenteuer erleben. So entstand eine Serie von Kurzfilmen, in denen ein junges Mädchen namens Alice agierte. Mit der Aufnahmetechnik - die Schauspielerin mußte vor einem völlig weißen Hintergrund gefilmt und das Ergebnis hinterher mit dem Zeichentrickfilm zusammenkopiert werden - experimentierten Disney und Iwerks ganze Nächte. Das tat dem Geschäft nicht gut, knapp ein Jahr nach ihrer Gründung war die Firma wieder pleite. Disney kam zu der Überzeugung, daß Kansas City nicht der richtige Ort für ihn und seine Ideen war. So ging er mit dem ersten Alice- Film und seiner gesamten Barschaft von 40 Dollar in der Tasche nach Hollywood, um dort einen geeigneten Verleih zu finden.


"The Walt Disney Studio"

Walt Disney hatte Glück. Er fand einen Zeichentrickfilmverleih, der sich interessiert zeigte. Am 16. Oktober 1923 unterschrieb Disney einen Vertrag zur Herstellung von zwölf Alice-Kurzfilmen. Dieses Datum gilt heute als das offizielle Eröffnungsdatum der Disney Studios - obwohl er zu jenem Zeitpunkt nichts hatte, kein Studio, keine Büroräume, außer ihm selbst auch keine Zeichner, nur den Vertrag. Als erstes holte Disney seinen Bruder Roy in die Firma. Für zehn Dollar monatlich mieteten sie einen winziges Büro an, ein Schild im Fenster verkündete, es handle sich hier um das "Disney Brothers Studio". Im folgenden Jahr entstanden zehn neue Alice-Filme, Walt übernahm das Zeichnen, Roy filmte. Margaret Winkler, die Betreiberin des Zeichentrickfilmverleihs, zahlte 1.500 Dollar pro Film. Die Produktionskosten betrugen ungefähr die Hälfte. Das so gewonnene Geld investierten die Disneys in ein größeres Studio, sie stellen die ersten Grafiker und Zeichner ein. Auch Ub Iwerks war wieder mit von der Partie.

Alice kam über den Anfangserfolg hinaus gut an. Margaret Winkler bestellte 18 weitere. Das Studio konnte sich vergrößern, zog um und nannte sich nun "The Walt Disney Studio". Bruder Roy wurde Finanzchef. Mit 25 Jahren war Walt Disney Chef einer vielversprechenden jungen Firma. Nicht mehr lange, und das Kaninchen Oswald, der direkte Vorläufer von Mickey, erblickte das Licht der Zeichentrickwelt ...

1. März 2007