Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → FAKTEN

MELDUNG/010: Kamerum - Chinesisch lernen für die Karriere (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. August 2010

Kamerum: Chinesisch lernen für die Karriere - Konfuzius-Institut mit langen Wartelisten

Von Mohamadou Houmfa und Grit Porsch


Jaunde, 24. August (IPS) - In Kamerun ist Chinesisch neuerdings eine besonders angesagte Fremdsprache. In dem multiethnischen zentralafrikanischen Land mit den beiden Amtssprachen Französisch und Englisch büffeln immer mehr karrierebewusste junge Leute Mandarin. Im Konfuzius-Institut der Hauptstadt Jaunde ist die Nachfrage nach Chinesisch-Kursen inzwischen so groß, dass sich Interessenten in lange Wartelisten eintragen müssen.

Angesichts der florierenden chinesisch-kamerunischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sind Kameruner mit chinesischen Sprachkenntnissen in der Privatwirtschaft, aber auch in bestimmten öffentlichen Bereichen gesuchte Leute.

Nach Angaben des chinesischen Botschafters in Kamerun, Xue Jinwei. stieg das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern seit 1973 von 2,84 Millionen US-Dollar auf 813,54 Millionen (2009) Dollar. In einem Interview mit der chinesischen Tageszeitung 'Xinhua', erklärte der Diplomat im März dieses Jahres: "Immer mehr staatliche und private chinesische Unternehmen suchen in Kamerun in den verschiedensten Bereichen nach Investitionsmöglichkeiten."

Besonders begrüßte Xue den wachsenden Kulturaustausch zwischen Kamerun und China. "Viele Kameruner haben in China an Seminaren und Workshops teilgenommen oder das Land in amtlicher Mission besucht", sagte er.


Bilaterale Kooperation fördern

In Jaunde wurde 2007, vor dem Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jiantao, das erste Konfuzius-Institut im französischsprachigen Schwarzafrika eingerichtet. Es sollte durch die Förderung der chinesischen Sprache und Kultur die bilaterale Kooperation voran bringen.

Doch das Interesse am kulturellen Angebot des Instituts war anfangs gering. "Wir nahmen einige Studenten des Kameruner Instituts für internationale Beziehungen (IRIC) auf sowie fünf- bis siebenjährige Kinder und eine Handvoll Geschäftsleute", erinnerte sich die einheimische Chinesischlehrerin Pauline Zang Atangana. Sie hatte 1998 bis 2000 in China mit einem Stipendium der chinesischen Regierung Chinesisch studiert. Inzwischen gibt es in Kamerun zwischen Maroua im Norden und der Hauptstadt im Süden sieben Konfuzius-Institute, die lokalen Bildungseinrichtungen angeschlossen sind.

Der Vizepräsident des Konfuzius-Instuts in Jaunde, Zhang Xiaozhen, erklärte im November 2009, man sei überwältigt vom ständig wachsenden Zulauf der Studierenden. Im Institut in unterrichten fünf chinesische und drei einheimische Lehrkräfte Mandarin.

Die Regierung in Peking vergibt alljährlich etliche Teilstipendien, von denen vor allem Studierende des Kulturzentrums und des IRIC profitieren. Bei der Auswahl der Fremdsprachen entscheidet sich mehr als die Hälfte der Stipendiaten für Mandarin, weit weniger für Deutsch, Französisch, Englisch oder Arabisch. Sie müssen sich verpflichten, nach drei- bis vierjährigem Studium in China nach Kamerun zurückzukehren und dort dem Konfuzius-Institut zur Verfügung zu stehen.

Im Studienjahr 2009/2010 hat die Volksrepublik China in Kamerun zehn Abiturienten und 22 Universitätsabsolventen ein Studium finanziert. Sie studieren Medizin, Agrarwissenschaft und Informatik sowie Elektro- und Telekommunikationstechnik, Fächer, die über kurz oder lang für Chinas Interessen in Zentralafrika besonders wichtig sind.

Die immer größeren Investitionen chinesischer Unternehmen in Kamerun bestärken junge Einheimische wie Ebénézer Djetabe in ihrem Wunsch, Chinesisch zu lernen. "Noch in diesem Jahr werden die Chinesen in Kamerun zehn neue Projekte realisieren", berichtete der frisch diplomierte Bauingenieur. "Wenn man sich dort um einen Job bewirbt, sind chinesische Sprachkenntnisse sicher nützlich", meinte er.

"Wenn man die vielen Baustellen sieht kann kein Zweifel daran bestehen, das dort zusätzliche Übersetzer gebraucht werden. Hier bieten sich jungen, Arbeit suchenden Kamerunern echte Chancen", fügte er hinzu. Ähnliche Hoffnungen haben auch viele ehemalige Studenten des Konfuzius-Instituts.


Französisch gerät ins Hintertreffen

Angesichts Chinas massiver Sprachenoffensive in Kamerun bemühen sich einige internationale Organisationen, das Interesse an anderen Sprachen zu beleben. So richtet die internationale Organisation französischsprachiger Staaten (OIF) in ihren Mitgliedsländern im Internet französische Studienprogramme ein. "Auf diesem Weg, der auch der Verbreitung der französischen Sprache dienen soll, können Studenten der Informations- und Kommunikationstechnik wissenschaftliche und technische Kenntnisse erwerben", erläuterte Alexis Kwontchié. Er ist für die Internet-Universität der Frankophonie in Jaunde verantwortlich.

Kwontchié räumte ein, dass finanzielle Gründe viele Studierende zum Abbruch der Fernkurse zwingen, wenn sie kein Stipendium erhalten. "Die Gebühren für diese Studien kosten mehr als eine Million CFA (umgerechnet rund 1.600 Euro)", erklärte er. Doch auch die Einwanderungspolitik der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die immer weniger Studierende und junge Leute mit Diplom ins Land lässt, sei ein Grund für die Abkehr vom Französischen. Sie suchen ihre beruflichen Chancen anderswo, etwa in China. Nach Angaben des Internetportals 'Sinofrance' lernen heute weltweit mehr als 20 Millionen Ausländer Chinesisch. (Ende/IPS/mp/2010)


Links:
http://www.sinofrance.org/
http://www.ipsinternational.org/fr/_note.asp?idnews=6052

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. August 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2010