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BUCHTIP/1089: Neue Bücher aus der Wissenschaft (VolkswagenStiftung)


Presseinformation der VolkswagenStiftung - 04.01.2008

Neue Bücher aus der Wissenschaft

VolkswagenStiftung informiert über Publikationen aus der Förderung


Die im Folgenden vorgestellten Publikationen sind im Zuge von Projekten entstanden, die von der VolkswagenStiftung gefördert wurden. Aus einer Vielzahl an Veröffentlichungen haben wir die folgenden sechs ausgewählt, die - so hoffen wir - für einen breiten Leserkreis von Interesse sind.


1. Beyer, Judith; Knee, Roman: Kirgistan. Ein Bildband über Talas.
München: Hirmer Verlag, 2007, 224 S. (208 Abbildungen in Farbe; Texte in Deutsch und Englisch) / ISBN 978-3-7774-3805-4

Die im Rahmen der Initiative zur Region Mittelasien/Kaukasus von der Stiftung geförderte junge Ethnologin Judith Beyer hat während ihres einjährigen Aufenthalts in der nordkirgisischen Provinz Talas vor allem die Ältestengerichte erforscht, sie hat aber auch den Alltag der Menschen in dieser abgelegenen Region erlebt und "verarbeitet". Gemeinsam mit dem Fotografen Roman Knee, der sie dabei begleitete, entwickelte sie die Idee zu einem Buch, das ethnografische Texte zu den unterschiedlichsten Lebensbereichen mit längeren Fotostrecken zum jeweiligen Thema verbindet. So vermittelt der zweisprachige Bildband einen tiefen Einblick in die Kultur Kirgistans - und zeigt einen Ausschnitt seiner faszinierenden Landschaften. Im Mittelpunkt stehen die Menschen: Wer sind sie? Wie leben sie? Und wovon leben sie? Kapitel zu Dorfleben, Hausarbeit, Basar, Schule und Festlichkeiten spiegeln ihr facettenreiches Leben, Themen wie Landwirtschaft und Religion runden das Bild des Alltags in Talas ab. Der lange Aufenthalt vor Ort, die wissenschaftliche Spezialisierung sowie die engen Kontakte zur Bevölkerung haben es den Autoren ermöglicht, ein Buch zu schaffen, das Interesse für eine hierzulande vielfach unbekannte Region weckt, das aber auch Mittelasienfreunden Neues zu bieten hat.

Die Autoren: Judith Beyer, Ethnologin, promoviert am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle/Saale über die kirgisischen Ältestengerichte; Roman Knee, Informatiker und Medienwissenschaftler, fotografierte ein Jahr lang die Alltagskultur im Norden Kirgistans.


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2. Lutz, Helma: Vom Weltmarkt in den Privathaushalt. Die neuen Dienstmädchen im Zeitalter der Globalisierung.
Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2007, 230 S. ISBN 978-3-86649-011-6

In jüngster Zeit arbeiten zunehmend Migrantinnen als "Dienstmädchen" in deutschen Haushalten. Sie putzen und sie betreuen und pflegen Kinder oder alte Menschen. Ihr Arbeitsplatz im privaten Bereich wirft eine Reihe von Fragen und Problemen auf, mit denen sich Helma Lutz in ihrem Buch beschäftigt. Wie gehen die betroffenen Migrantinnen und ihre Arbeitgeber mit der Situation um und welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen sind damit verbunden? Der Bedarf an haushaltsnahen persönlichen Dienstleistungen scheint in Deutschland eher zu steigen als abzunehmen, und der Weltmarkt liefert die gewünschten Arbeitskräfte. Doch weil die Migrationspolitik zu einer Abgrenzung führt, drohen diese Arbeitsleistungen, die so nötig gebraucht werden, in die Illegalität abgedrängt zu werden. Die VolkswagenStiftung hat die Untersuchung in ihrer Initiative "Konstruktionen des 'Fremden' und des 'Eigenen'" gefördert.

Die Autorin PD Dr. Helma Lutz lehrt am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.


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3. Bingen, Dieter; Loew, Peter Oliver; Wóycicki, Kazimierz (Hrsg.): Destruktion des Dialogs. Zur innenpolitischen Instrumentalisierung negativer Fremdbilder und Feindbilder. Polen, Tschechien, Deutschland und die Niederlande im Vergleich, 1900 bis 2005.
Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2007, 433 S. ISBN 978-3-447-05488-1

Zu Beginn des neuen Jahrtausends kehren gerade in den deutsch-polnischen Beziehungen negative Fremd- und Feindbilder mit einer Intensität in den politischen Diskurs zurück, die Anfang der 1990er Jahre nicht mehr vorstellbar war. Statt des Strebens nach einem gemeinsamen verantwortlichen Umgang mit der Geschichte ist eine Rückkehr zu nationalem Bewusstsein und Emotionen zu beobachten, die in dieser Form seit zwei Jahrzehnten überwunden schienen. Der vorliegende Tagungsband beleuchtet nicht nur die aktuellen Geschehnisse, sondern blickt zurück und geht in zweifacher Hinsicht auch vergleichend vor: Zum einen wird durch den Rückblick auf die unterschiedlichen Epochen und politischen Systeme des 20. Jahrhunderts die geschichtliche Entwicklung dargestellt. Zum anderen wird das Verhältnis zwischen Deutschen und Tschechen sowie zwischen Deutschen und Niederländern in die Betrachtung einbezogen. Auf diese Weise wollen die Autoren herausfinden, ob es in den bilateralen Beziehungen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ebenfalls zu einer vergleichbaren innenpolitischen Instrumentalisierung und Destruktion des Dialogs gekommen ist. Zwei Leitfragen stehen im Vordergrund. Erstens: Lohnt(e) sich die negative Instrumentalisierung bilateraler Beziehungen, die Destruktion des Dialogs, für die zerstörenden Akteure? Erreichten sie ihre kurzfristigen Ziele, und welche mittel- und längerfristigen Folgen hat(te) ihr Tun? Und Zweitens: Gibt es Möglichkeiten, die Kette immerfort neuer Instrumentalisierungen von Fremd- und Feindbildern zu durchbrechen?
Die VolkswagenStiftung hat die Tagung in ihrer Initiative "Einheit in der Vielfalt? - Grundlagen eines erweiterten Europas" gefördert.

Zu den Herausgebern: Professor Dr. Dieter Bingen ist Direktor des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt, Dr. Peter Oliver Loew ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Polen-Institut Darmstadt und Dr. Kazimierz Wóycicki leitet die Abteilung Stettin des Polnischen Instituts des Nationalen Gedenkens in Warschau.


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4. Kimminich, Eva; Rappe, Michael; Geuen, Heinz; Pfänder, Stefan (Hrsg.): Express yourself! Europas kulturelle Kreativität zwischen Markt und Underground.
Bielefeld: Transcript-Verlag, 2007, 254 S. ISBN 978-3-89942-673-1

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben sich die Lebens- und Lernbedingungen sowie die Sozialstrukturen von Jugendlichen grundlegend verändert - durch politische, gesellschaftliche und ökonomische Umbrüche ebenso wie durch technologische Entwicklungen. Die "Jugend von heute" steht unter dem Druck, kreativ und flexibel zu sein und ihre Originalität in wechselnden Bereichen und Tätigkeiten immer wieder aufs Neue unter Beweis zu stellen. Der Körper und die leiblich-ästhetische Erfahrung nehmen dabei einen bedeutenden Stellenwert ein. Der Diskurs um die Entstehung einer gemeinsamen europäischen Kulturlandschaft hat bisher die beiden Aspekte vernachlässigt, die gerade für die junge Generation zentral sind: Körperlichkeit und Kreativität. Daher wird in den Beiträgen dieses Bandes zum einen nach den sozialpolitischen, ökonomischen beziehungsweise pädagogischen Bedingungen kreativer Entfaltung gefragt. Zum anderen beleuchten die Autoren spielerische Techniken der Selbst(er)findung, Körpergestaltung und Selbstdarstellung - hierzu zählen auch solche, die interaktiv durch Tanz oder medial beispielsweise durch Videoclips oder Computerspiele der Bildung von Gemeinschaft und "Commonsense" dienen. Die VolkswagenStiftung hat das Projekt in ihrer Förderinitiative "Symposien und Sommerschulen" gefördert.

Zu den Herausgebern: Professorin Dr. Eva Kimminich lehrt an der Universität Freiburg im Master-Studiengang Creating Cultures, Professor Dr. Michael Rappe ist Professor für Geschichte und Theorie der Populären Musik an der Hochschule für Musik Köln, Professor Dr. Heinz Geuen lehrt Musikpädagogik an der Hochschule für Musik in Köln und Professor Dr. Stefan Pfänder ist Lehrstuhlinhaber für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Freiburg sowie einer der Leiter der Master-Studiengänge Creating Cultures und European Linguistics in Freiburg.


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5. Kovalev, Nicole; Köppel, Johann; Dittrich, Eckhard: Demokratie und Umwelt in Russland. Die Entwicklung der Transformation in Russland, untersucht anhand der Öffentlichkeitsbeteiligung in umweltrelevanten Entscheidungsverfahren.
Berlin: Lit-Verlag, 2007, 230 S. ISBN 978-8258-0307-0

Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn lebt nicht zuletzt vom unkonventionellen Umgang mit wissenschaftlichen Konventionen. In diesem Buch werden daher sozial- und umweltwissenschaftliche Forschungsansätze mit grundlagenorientierten und anwendungsbezogenen Lösungsansätzen verbunden. Anhand von 40 Fallstudien aus dem Politikfeld Umwelt - verteilt über drei Jahrzehnte - versuchen die Autoren nachzuvollziehen, wie Entscheidungsprozesse zum Schutz der Umwelt in Russland funktionierten und funktionieren und ob die bestehenden fortschrittlichen, demokratischen Instrumente genutzt werden. Ebenso von Interesse ist für die Verfasser, mit welchem Erfolg die Öffentlichkeit sich in die Entscheidungen einbringt und auf welche Weise sie das überhaupt kann.
Die VolkswagenStiftung hat das Forschungsprojekt gefördert im Rahmen ihrer Initiative "Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas".

Zu den Autoren: Dr. Nicole Kovalev ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Ingenieurbiologie e.V., Professor Dr. Johann Köppel ist Fachgebietsleiter am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung und zugleich Zweiter Vizepräsident der Technischen Universität Berlin - und Professor Dr. Eckhard Dittrich ist Professor für Makrosoziologie am Institut für Soziologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.


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6. Uekötter, Frank: Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert.
München: Oldenbourg Verlag, 2007, 134 S., ISBN 978-3-486-57632-0

Es gehört zu den Gemeinplätzen der Politik, dass die "Umweltproblematik" im 21. Jahrhundert zu einer zentralen Herausforderung der Menschheit geworden ist. Dabei ist der Begriff "Umwelt" breit gefasst: die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft, die Ausbeutung fossiler Rohstoffe, das nachhaltige Wirtschaften in Land- und Forstwirtschaft sowie der Schutz der Arten sind nur einige der vielfältigen Probleme und Themen rund um den Umwelt- und Naturschutz. Der menschliche Einfluss auf die natürliche Umwelt hat in den vergangenen zwei Jahrhunderten in ungeheurem Maße zugenommen. Gleichwohl steckt die Disziplin der "Umweltgeschichte" noch in den Kinderschuhen, und es kann erst seit gut zehn Jahren von einer stabilen Forschungstradition gesprochen werden. Der vorliegende Band hat daher den Charakter einer Zwischenbilanz in diesem dynamischen Themenfeld. Dargelegt werden neben dem heutigen Kenntnisstand die Grundprobleme und Tendenzen der Forschung; eine Auswahlbibliographie komplettiert den Band.
Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt im Rahmen eines Dilthey-Fellowships der Förderinitiative "Pro Geisteswissenschaften" in Kooperation mit der Fritz Thyssen Stiftung.

Zum Autor: Dr. Frank Uekötter ist seit dem 1. September 2006 Dilthey-Fellow am Forschungsinstitut des Deutschen Museums in München mit einem Projekt zur Wissensgeschichte der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert.

Wir möchten an dieser Stelle auf eine weitere interessante Publikation von Frank Uekötter hinweisen, die bereits 2006 erschienen ist.

7. Uekötter, Frank: The Green and the Brown. A History of Conservation in Nazi Germany.
Cambridge und New York: Cambridge University Press 2006, 230 S. ISBN 0-521-61277-2

Im Kaiserreich entstanden, hatte sich der Naturschutz spätestens in der Weimarer Zeit fest etabliert, und zum Zeitpunkt der Machtergreifung durch Hitler verfügte er längst über ein weites Netzwerk staatlicher und zivilgesellschaftlicher Organe. Die traditionelle Linie parteipolitischer Abstinenz war jedoch nach 1933 nicht mehr gangbar, und so vollzog die Bewegung zunächst einen unentschlossenen Schlingerkurs: Rhetorische Anbiederung ging einher mit erbittertem Widerstand gegen Gleichschaltung und einem Bestreben, die vormalige Arbeit möglichst unverändert fortzusetzen. Doch diese ambivalente Haltung verschwand mit dem 1935 erlassenen Reichsnaturschutzgesetz - dem wohl ambitioniertesten Naturschutzgesetz seiner Zeit. Das vorliegende Buch ist die erste Gesamtdarstellung zur Umweltgeschichte der Nazi-Zeit. Es liefert ein nuanciertes Porträt der turbulenten Entwicklung der Naturschutzbewegung: von den Wurzeln des Naturschutzes bis hin zur Kooperation mit dem Nazi-Regime und der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit nach dem Ende des Krieges. Gedanken über mögliche Lehren für den gegenwärtigen Natur- und Umweltschutz runden das Werk ab.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 04.01.2007
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 - 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
Internet: www.volkswagenstiftung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Januar 2008