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ENGLISCH/820: Lehrmittel (26) Franklin's Speaking Spelling Bee (SB)


Franklin - The Speaking Spelling Bee


Summ, summ, summ ..., wer dich kauft, ist dumm.



Es sieht nicht aus wie eine Biene, es summt auch nicht und hat auch keinen Stachel ... Warum also dieses seltsame Ding, das eher entfernt an einen Gameboy als an eine Biene erinnert, ausgerechnet "The Speaking Spelling Bee" heißen soll, wird wohl ein Rätsel bleiben.

Auch die mögliche Ausrichtung des einprägsamen Namens auf eine bestimmte Zielgruppe im Kindergarten- oder Vorschulalter ist eine Fehlinterpretation, denn die "sprechende, buchstabierende Biene" (so die wörtliche Übersetzung) soll tatsächlich erst für Kinder oder Schüler der Grundschule (genauer gesagt, ab 8 Jahren) gedacht sein, und diese Kids haben mit Biene Maja oder anderen Bienchen oft gar nichts mehr im Sinn.

Um sich damit allerdings mit der englischen Sprache zu befassen, müssen die jungen User des "Coolen Tools" (wie es auch in der Werbung bezeichnet wurde) schon über einige Vorkenntnisse und über einen guten Wortschatz verfügen. Was bedeutet, daß wir es hier mit einem sehr modernen Lernwerkzeug zu tun haben, daß sich vor allem an bilingual aufwachsende oder zwei- bzw. mehrsprachig erzogene junge Menschen richtet, die quasi schon im Kindergarten mit dem Erlernen der englischen Sprache begonnen haben. Das ist ein relativ neuer Trend in der Schulausbildung, der zwar in den Sprachwissenschaften noch kontrovers diskutiert wird, sich aber offensichtlich in der Praxis immer mehr durchsetzt.

Inwieweit sich das gleichzeitige Erlernen von verschiedenen Sprachen auf die Entwicklung des Denkvermögens und die Sicherheit und Beweglichkeit in der eigenen, vertrauten Sprachumgebung kontraproduktiv auswirkt, sei dahingestellt. Man könnte aber darüber nachdenken, ob nicht Lernwerkzeuge wie die "Speaking Spelling Bee", die den jungen Menschen auf motivierende, ansprechende und möglichst spannende Weise das Buchstabierenlernen nahebringen und Rechtschreibschwächen ausmerzen sollen, durch dieses neue frühkindliche Sprachlernkonzept überhaupt erst notwendig werden. Denn nur zweisprachig Aufwachsende oder bilingual Unterrichtete stoßen auf Schwierigkeiten, denen ein deutsches Kind, das erst im späteren Lebensalter mit dem Englischunterricht beginnt, gar nicht in dem Maße ausgesetzt ist. Diese Probleme haben nämlich gewöhnlich nur englische oder amerikanische Kinder und zwar durch die Widersprüche, die sich aus den erlernten, gehörten Lauten und den teilweise dazu sehr unterschiedlichen englischen Schreibweisen ergeben.

Wer dagegen schon Erfahrungen im Schreiben der eigenen Sprache hat und gewissermaßen gemeinsam mit Lehrbuch und geschriebenen Worten die Fremdsprache erlernt, hat mehr Vergleichsmöglichkeiten und Anhaltspunkte, so daß diese Probleme anders bewältigt werden können.

Im Grunde war die "Speaking Spelling Bee" ursprünglich auch für Kinder in englischsprachigen Ländern konzipiert. Dort wird das Spielzeug schon einige Zeit erfolgreich gehandelt. In drei integrierten Spielen, die an einen computeranimierten Fernsehquiz erinnern, geht es ausschließlich darum, vorgesprochene englische Wörter, die dem Merriam-Webster Intermediate Dictionary entnommen sind, richtig zu buchstabieren. Dafür kann der Spieler die Schwierigkeitsstufe selbst bestimmen.

Warum aber das bloße Buchstabieren englischer Worte in dieser Form auch in anderen Teilen der Welt für Englischlernende sinnvoll sein soll, läßt sich nicht aus dem Spielekonzept erkennen, auch wenn es medienwirksam z.B. als Messeneuheit zur Games Convention mit Titeln versehen wurde wie:

Sprechender Mini-Computer SPEAKING SPELLING BEE hilft spielerisch über englische Rechtschreibhürden [...]

Summ, summ, summ - dieses Computerbienchen ist gar nicht dumm... Die neue Speaking Spelling Bee "summt" für kluge Kids
(Pressemitteilung, Franklin Electronic Publishers GmbH)

In den landeseigenen Sprachen, d.h. in französisch, deutsch, italienisch oder schwedisch kann die kleine "Bee" nämlich gar nicht sprechen. Anders gesagt, auch hier wird von den Mikrocomputertechnologen als gegeben angenommen, daß die Vorherrschaft der englischen Sprache längst etabliert und das richtige Buchstabieren angelsächsischer Begriffe sowie das sogenannte "listening comprehension" (also das richtige Hörverständnis) als wichtige und notwendige Errungenschaften allgemein anerkannt sind. Doch soweit sind wir - zum Glück - noch lange nicht.

Das richtige Buchstabieren scheint für die Macher und Anbieter des "Tools" auch vorrangig vor jedwedem Wortverständnis zu rangieren. Denn offenbar hat keiner der Konzeptionisten darüber nachgedacht, daß es möglicherweise achtjährigen Deutschen schwerfallen wird, englische Begriffe überhaupt akustisch zu erfassen, wenn sie noch gar nicht wissen, worum es sich dabei handelt. Die ebenfalls englischsprachigen Erklärungen, die das Wörterbuch (nach mehreren zusätzlichen Handgriffen) liefert oder die bei der Wahl des "Practise"-Modus auf der Tafel im Hintergrund erscheinen, sind oft komplizierter zu durchschauen als das Wort selbst.

Bei keinem der hier angebotenen Lernspiele, auch nicht dem aufwendig gestalteten "Hangman" oder "Word Train", die - das muß man ihnen lassen - sehr hübsch animiert und akustisch untermalt sind, besteht tatsächlich die Möglichkeit, den Wortschatz zu erweitern und "Englisch zu lernen", so daß man das vorgegebene Anliegen der deutschen Marketingabteilung des Franklin-Verlags, das alles sei natürlich in erster Linie auch Anreiz zum Englischlernen, für das die "Speaking Spelling Bee" neueste Computertechnologie nutze, als gescheitert erachten muß.

Auch mit dem Einspeichern eigener Wortlisten aus dem Wörterbuch läßt sich weiter nicht viel anfangen, außer sie immer wieder anzuschauen, wenn man das mag...

Das Verständnis der englischen Sprache wird zu jedem Zeitpunkt von den Erfindern des Handheld-Minicomputers als gegeben vorausgesetzt, zumindest in der Weise, wie es von einem Kind erwartet wird, das in dieser Sprache aufwächst.

Ein achtjähriges Kind wird somit nicht so sehr viel mit der Speaking Spelling Bee anzufangen wissen, es bleibt ihm eigentlich nur noch das SUDOKO-Spiel, und das hat nun wahrlich nichts mit Sprachenlernen zu tun.

Die Bezeichnung "Speaking Spelling Bee" hat offenbar auch die Public Relation Abteilung des Franklin Verlags selbst fehlgeleitet, obgleich man doch annehmen müßte, daß die sich mit dem fraglichen Gerät eingehend beschäftigt haben müßte... Aus der Pressemitteilung für die Games Convention geht unmißverständlich hervor, daß man annimmt, mit diesem Gerät auch die Aussprache üben zu können:

Diese [neueste Computertechnologie] wird besonders bei der Sound- Qualität des Geräts deutlich, die sich in einer klaren und deutlichen Aussprache jedes einzelnen Wortes widerspiegelt. Gut zum Üben und Nachsprechen - wobei dieser Trainer unerbittlich vorgibt, wie oft er welches Wort hören möchte. Besser, man hält sich daran..!
(Pressemitteilung, Franklin Electronic Publishers GmbH)

Die Soundqualität ist für diese Art kleiner Geräte tatsächlich vergleichsweise sehr gut, obwohl einige Worte immer noch schwer zu verstehen sind, was aber eher an den amerikanischen "native speakern" liegt, die die Worte vorsprechen. Da hört sich dann ein "p" schon mal wie ein "l" an oder man glaubt ein "j" vor dem "u" zu vernehmen usw. Doch das unterscheiden zu lernen, ist schließlich auch der eigentliche Sinn der Übung... Was allerdings überhaupt nicht stimmt, ist, daß der Lernende mit dem Gerät zum "Nachsprechen" von Worten aufgefordert wird. Man muß sich also fragen, ob das Franklin-Management die Spiele überhaupt einmal selbst ausprobiert hat?

Kurz gesagt, es ist schade, daß eine aufwendige, sehr ansprechende und gut funktionierende Technik (der Minicomputer läßt sich z.B. auch an den normalen Fernseher anschließen, so daß das, was im Kleinen über den hochauflösenden Farb-LCD-Display des Handheld-Computers zu sehen ist, von mehreren gleichzeitig am Bildschirm gespielt werden kann) nur für das Buchstabierenlernen verschwendet wird.

Für deutsche Anwender ist bestenfalls das über 70.000 Wörter fassende Merriam-Webster Wörterbuch sinnvoll zu nutzen, das ebenso in die SSB-212 integriert ist, wie der Thesaurus, ein Reimwörterbuch und die für Franklin bekannten "Conusables", d.h. ein Spezialwörterbuch leicht verwechselbarer Begriffe.

Doch dafür bietet der bekannte Lexika-Verlag möglicherweise bessere und mit weiteren Wörterbüchern ausgestattete Geräte, die zudem noch wirklich brauchbare Lernspiele enthalten - und darüber hinaus vielleicht auch nicht, wie die Speaking Spelling Bee mit ihren aufwendigen Animationen, soviel Batterien-Kapazität fressen (wer sich für die Bee entscheidet, sollte einen ordentlichen Vorrat an AAA-Batterien über die Weihnachtsfeiertage zurücklegen).

Die Speaking Spelling Bee ist also bestenfalls ein Verlegenheitsgeschenk für jene armen reichen zweisprachig aufwachsenden Kids in Deutschland, die ohnehin schon alles im Überfluß besitzen und für Detailfragen noch eine englischsprachige Nanny zur Hand haben. Und das schränkt die Zielgruppe doch sehr ein...


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Technische Details:

Handheld mit Buchstabierwettbewerb in Englisch für Kinder ab 8

- 3 Spielvarianten: Wettbewerbsmodus mit bis zu 6 Gegenspielern, Game Show-Modus und Übungsmodus.

- 3 Lernspiele (Word Train, Hangman, Sudoku)

- LCD-Farbdisplay (5 cm Diagonale) und Slider-Tastatur

- Klare Sprachausgabe und aufwendige Sound-Effekte

- TV-Anschluß für Wohnzimmer-Turniere am Fernseher oder im Klassenzimmer

- Erweiterbar durch USB-Link und SD-Slot (Internetanbindung)

- Wortschatz des Merriam-Webster Wörterbuch mit über 70.000 Wörtern - Merriam-Webster Thesaurus und Merriam-Webster Reimwörterbuch

- Stromversorgung: 3 Batterien AAA (im Lieferumfang nicht dabei)

- Masse: 115 x 58 x 26 mm

- Preis: 99 Euro

- Vertrieb:

Franklin Electronic Publishers GmbH 2008
Kapellenstraße 13,
D-85622 Feldkirchen/München
Tel.: 0049/89-90899-0
www.franklin.com/de


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9. Dezember 2008