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BIBLIOTHEK/453: Komplette Furtmeyr-Bibel der UB Augsburg Internet frei zugänglich (idw)


Universität Augsburg, Klaus P. Prem, 11.01.2011

Die komplette Furtmeyr-Bibel der UB Augsburg ist im Internet jetzt frei zugänglich.

1478 Digitalisate führen durch die kostbare geheimnis- und phantasievolle Bilderwelt eines Meisterwerks mittelalterlicher Buchkunst.


Augsburg/GH - Rechtzeitig zur aktuellen Ausstellung über Leben und Werk des Regensburger Buchmalers Berthold Furtmeyr hat die Universitätsbibliothek Augsburg, die einer der Hauptleihgeber der Regensburger Ausstellung ist, ihre zweibändige Furtmeyr-Bibel im Internet online zugänglich gemacht.

Die Furtmeyr-Bibel der Universitätsbibliothek Augsburg gilt als herausragendes Werk der spätmittelalterlichen Buchmalerei in Deutschland. Geschrieben und illuminiert wurden die beiden Bände in Regensburg zwischen 1468 und 1472, also in der Zeit des Übergangs vom handgeschriebenen zum gedruckten Buch. Der Regensburger Berthold Furtmeyr, einer der letzten großen Buchmaler des ausgehenden Mittelalters, war zwar noch in gewisser Weise der Gotik verhaftet, stand gleichsam aber schon an der Schwelle der Renaissance.

Sibyllensprüche, Maria auf der Mondsichel (aus dem ersten Band der Furtmeyr-Bibel, fol. 2v) - © Universitätsbibliothek Augsburg

Sibyllensprüche, Maria auf der Mondsichel (aus dem ersten Band der Furtmeyr-Bibel, fol. 2v)
© Universitätsbibliothek Augsburg



Luxusausgabe des Alten Testaments

Furtmeyr hat das zweibändige Alte Testament als Luxusausgabe für vornehme Laien im Auftrag von Hans III. von Stauff zu Ehrenfels und seiner Frau Kunigunde Schenk von Geyern gefertigt. Der Stauffer, seit 1465 Reichsfreiherr, hatte eine hohe Position im Gefolge des bayerischen Herzogs inne. Noch vor 1500 gelangten die beiden Bände - möglicherweise im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen - in den Besitz des bayerischen Herzogs Albrecht IV. Die Furtmeyr-Bibel genoss augenscheinlich die besondere Wertschätzung der Herzogsgattin Kunigunde: Als die Habsburgerin nach dem Tod des Herzogs 1508 in das Münchner Pütrichkloster eintrat, nahm sie zusammen mit den beiden prachtvollen Bibel-Bänden noch eine Weltchronik des frühen 14. Jahrhunderts, deren Devotionsminiatur ebenfalls von Berthold Furtmeyr stammt, mit ins Kloster.


Seit 1980 an der Universitätsbibliothek Augsburg

Alle drei Handschriften gelangten um 1800 gemeinsam in die Sammlung der Fürsten von Oettingen-Wallerstein. Während die Weltchronik bereits 1933 auf einer Auktion in München verkauft wurde und erst vor kurzem im Besitz des J. Paul Getty-Museums in Los Angeles wiederentdeckt werden konnte, ging die Fürstlich Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek - und mit ihr auch die Furtmeyr-Bibel - 1980 an die Universitätsbibliothek Augsburg über. Die beiden Bände zählen zu den wertvollsten Handschriften der Sammlung Oettingen-Wallerstein.


Großartiges Fest für die Augen

Der Katalog der Regensburger Ausstellung schreibt über die beiden Bände: "Man betritt eine geheimnisvolle, kostbare, phantasievolle Welt der Bilder, die in einem nicht enden wollenden großartigen Fest für die Augen üppigste erzählerische Szenen, Ornamente und Bordüren zeigt. Da schlafen und träumen Knaben in Blütenkelchen, sitzen wilde Tiere in den Ranken, turnen Affen und Akrobaten in den Drolerien, öffnen sich Buchstaben zu Bildräumen, tropft der goldene Morgentau glänzender Metallapplikationen über eine bis dahin nie gesehene Welt, die von köstlichen Pflanzen und Früchten, Vögeln und Insekten übersät ist."


Auf dem "Grazer Buchtisch" digitalisiert

Die 1478 Digitalisate wurden im Vorfeld der Ausstellung auf Kosten der Regensburger Ausstellungsmacher in Augsburg digitalisiert. Aus Österreich reiste dafür ein auf solche Aufnahmen spezialisierter, im internationalen Faksimilierungsgeschäft ausgewiesener Fotograf an, der den eigens für die Handschriftendigitalisierung konstruierten sogenannten "Grazer Buchtisch" mit in die Universitätsbibliothek Augsburg brachte. Die aufwändige Digitalisierung nahm mehr als eine Woche Zeit in Anspruch, Dank des speziellen Equipments konnte jedoch ohne konservatorisch bedenkliche Belastungen und Eingriffe gearbeitet werden. Handschriften müssen Dank der neuen Technik zur Verfilmung nicht mehr aufgebunden und zerlegt werden, wie dies in solchen Fällen bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig der Fall war (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Grazer_Buchtisch).

Wurzel Jesse (aus dem zweiten Band der Furtmeyr-Bibel, fol. 2v)- © Universitätsbibliothek Augsburg

Wurzel Jesse (aus dem zweiten Band der Furtmeyr-Bibel, fol. 2v)
© Universitätsbibliothek Augsburg


Furtmeyr-Bibel

Deutsche Bibel, Altes Testament,
Band 1: Genesis - Rut), Regensburg um 1468 - 1470

Deutsche Bibel, Altes Testament, Band 2: Psalter - Malachias), Regensburg 1468 - 1472

Die Präsentation ist Bestandteil der Digitalen Sammlungen der Universitätsbibliothek Augsburg (http://www.bibliothek.uni-augsburg.de/dda) und über die Einstiegsseite der UB Augsburg (http://www.bibliothek.uni-augsburg.de) oder direkt unter der Adresse http://www.bibliothek.uni-augsburg.de/dda/urn/urn_uba002000-uba002199/uba002001-uba002002 erreichbar.


Ausstellung und Katalog:

Zur Ausstellung "Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei. Aufbruch zur Renaissance in Regensburg" im Historischen Museum der Stadt Regensburg (noch bis zum 13. Februar 2011) ist ein umfangreicher Katalog erschienen, in dem auch die beiden Augsburger Bände ausführlich behandelt werden:

Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei und die Regensburger Kunst in Spätgotik und Renaissance, hrsg. von Christoph Wagner und Klemens Unger, Regensburg: Schnell & Steiner, 2010. 544 Seiten, 700 Abbildungen, 224 Farbtafeln, 29,00 Euro (in der Ausstellung)/39,00 Euro (im Buchhandel), ISBN: 978-3-7954-2313-1

Weitere Informationen unter:
http://www.bibliothek.uni-augsburg.de/dda/urn/urn_uba002000-uba002199/uba002001-uba002002

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution58


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Augsburg, Klaus P. Prem, 11.01.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2011