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BIBLIOTHEK/527: Weihnachtsangebote in Bibliotheken (dbv)


Deutscher Bibliotheksverband e.V. - Themenservice vom 4. Dezember 2012

Ein Nikolaus ist auch im Haus

Weihnachten und Geschenke, das gehört zweifellos zusammen. Auf der Suche nach Präsenten gerät aber schnell aus dem Blick, dass die Adventszeit auch ein Anlass für Besinnung ist. Bibliotheken sind jetzt genau die richtigen Orte, um dies zu finden. Mit vorweihnachtlichen Lesungen, Musikveranstaltungen oder selbstgebackenen Keksen bieten viele von ihnen die passende Einstimmung auf die Festtage - und gerade für die kleinen Besucher eine einmalige Atmosphäre, um die fantastische Welt der Literatur zu entdecken.



Bereits zum dreizehnten Mal findet die festliche Verwandlung des historischen Fachwerkhauses statt. Die Fassade der Stadt- und Kreisbibliothek Meiningen gleicht in diesem Dezember wieder einmal einem riesigen Adventskalender. Fenster und Türen sind weihnachtlich dekoriert. Nachmittags öffnet Frau Holle, die Kinderbibliothekarin, eines von ihnen und gibt den Blick auf ein Märchenmotiv frei. Zuvor hatte sie ihr Publikum in die Welt dieses Märchens entführt. Viele Kinder, Eltern und Großeltern stehen dann gemeinsam vor dem geöffneten Fenster und lauschen gebannt den Erklärungen dazu.

Fassasade der Bibliothek Meiningen mit den erleuchteten als Adventskalender dekorierten Fenstern. - Foto: © Bibliothek Meiningen

© Bibliothek Meiningen

"Das Öffnen des 24. Fensters, der Eingangstür, ist traditionell mit einer Überraschung verbunden" erzählt Sylvia Gramann, die Leiterin der Bibliothek in der thüringischen Kleinstadt. "Wenn Frau Holle an diesem Tag um 10 Uhr die Tür öffnet, erwartet die Gäste eine außergewöhnliche Märchenaufführung." Auf die Idee mit der Adventsfassade sei eine Besucherin gekommen. "Ihr war aufgefallen, dass wir genau 24 Fenster und Türen an unserem Haus haben", sagt Sylvia Gramann. Diese Idee habe man gern aufgegriffen, um einen Beitrag zur vorweihnachtlichen Stimmung in der Stadt zu leisten. "Mittlerweile hat sich unsere Aktion weit herumgesprochen. Zum Märchenerzählen kommen regelmäßig bis zu 50 Besucher."


Eine Alternative zum kommerziellen Treiben

Die Anna-Seghers-Bibliothek im thüringischen Meiningen ist eine von unzähligen, die ihren Besuchern in der Adventszeit besondere Angebote machen: Sie veranstalten Lesungen, laden Chöre ein, die weihnachtliche Klänge anstimmen oder sie empfangen den Nikolaus, der kleinen Besuchern Präsente mitbringt. "Im Trubel der immer mehr auf Kommerz ausgerichteten Wochen vor dem Fest, wollen wir bewusst ein Alternativprogramm anbieten", sagt Monika Ziller, die Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. (dbv). "So stimmen wir unsere Besucher auf eine entspannte und zugleich anregende Weise auf die besinnliche Zeit ein."

Sylvia Gramann und ihre sechs Kolleginnen organisieren dazu seit einigen Jahren auch das Märchenfest der Stadt Meiningen, bei dem sich einige Wochen lang an verschiedenen Veranstaltungsorten alles rund um die fantastischen Erzählungen dreht. In diesem Jahr hat es bereits Anfang Oktober begonnen und endet am zweiten Weihnachtsfeiertag. "Der Höhepunkt unserer Bemühungen ist alle zwei Jahre ein Märchensymposium, das wir gemeinsam mit dem Fachbereich Volkskunde der Uni Jena veranstalten", sagt die Bibliothekarin. Diese Veranstaltung zeige, dass Märchen nicht nur Unterhaltungswert hätten, sondern auch von wissenschaftlichem Interesse seien.

In der Weihnachtszeit sind viele Bibliothekare in ungewöhnlichem Auftrag unterwegs. Andrea Steffes ist immer wieder überrascht, welche ungeahnten Potenziale sich dann bei ihren Mitarbeitern offenbaren. In der Stadtbücherei Hagen wird seit Jahren rund um den Nikolaus-Tag gebastelt. "Einer unserer Kollegen verkleidet sich dazu mit rotem Mantel und langem weißen Bart", sagt die Bibliotheksleiterin. "Das ist für die Kinder immer eine tolle Überraschung."

Am Samstagvormittag ist in der Stadtbücherei Hagen gewöhnlich reger Publikumsverkehr. "Das wollen wir in diesem Jahr nutzen und haben eine Veranstaltungsreihe organisiert", sagt Steffes. An drei Samstagen werden die Besucher eine Stunde lang mit weihnachtlichen Klängen empfangen. Ein Vokalensemble tritt auf, auch ein Barbershop-Frauenchor und am dritten Vorweihnachtssamstag gibt es Klaviermusik. "Wir wollen unseren Besuchern damit eine kleine Ruhe-Oase bieten, sie einen Moment lang dazu verführen, innezuhalten und einfach nur zuzuhören", sagt Steffes. "Das ist unser Beitrag zu stimmungsvollen Weihnachtstagen."

Die Stadtbibliothek Prenzlau in Brandenburg will vor allem den Kindern die Wartezeit auf das Fest verkürzen. "Bei uns findet ohnehin jeden ersten Dienstag im Monat der Lesezauber statt", sagt Katrin Kaesler, die Bibliotheksleiterin. "Das ist eine Vorlesestunde für Kinder ab vier Jahre, die von ehrenamtlichen Vorlesern möglich gemacht wird." Jedes Kind, das fünfmal dabei war, bekommt ein Buch geschenkt. Jetzt im Dezember findet die Veranstaltung an jedem Dienstag als Lesezauber im Advent statt. "Wir wollen die Kinder mit weihnachtlichen Geschichten, Gedichten und Liedern auf das Fest einstimmen", sagt Katrin Kaesler. "Deshalb fehlen natürlich auch ein paar Süßigkeiten und ein Adventskalender nicht." Es wird zudem gemalt und gebastelt - und ganz nebenbei der Spaß an Literatur und Bibliotheken an die Jüngsten weitergegeben. Seit einigen Jahren schon veranstaltet die Stadtbibliothek Prenzlau den Lesezauber. "Über all die Jahre ist die Veranstaltung immer gut besucht gewesen", sagt Katrin Kaesler. "Es kommen rund zehn bis zwölf Kinder." Und die Eltern oder Großeltern setzten sich auch gern dazu.


Bildung und Kultur für jedermann

"An Beispielen wie diesen kann man sehen, dass Bibliotheken nicht nur in der Weihnachtszeit wichtige gesellschaftliche Aufgaben übernehmen", sagt die dbv-Vorsitzende Monika Ziller. Sie unterstützten das ganze Jahr über Kitas und Schulen und engagierten sich für Besucher aller Herkunfts- und Altersgruppen. "Bibliotheken sind die am stärksten genutzten Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland", sagt Ziller. "Sie bieten jedermann einen niedrigschwelligen Zugang zu diesen wichtigen Angeboten." Dass viele Kommunen bei der Finanzierung der Bibliotheken dennoch weiter sparen müssten, sei politisch nicht nachvollziehbar, meint Ziller. Wie der dbv in seinem aktuellen Bericht zur Lage der Bibliotheken 2012 zeigt, ist derzeit beispielsweise jede vierte Öffentliche Bibliothek von Sparmaßnahmen betroffen. In 13 Prozent der Bibliotheken gibt es dauerhafte Stellenstreichungen. "Maßnahmen wie diese wirken sich konkret auf die Bürger aus", sagt Ziller. "Jede vierte Bibliothek muss in diesem Jahr ihre Veranstaltungsangebote reduzieren."

Frau Holle umringt von einer Kinderschar - Foto: © Bibliothek Meiningen

Frau Holle in der Bibliothek Meiningen
Foto: © Bibliothek Meiningen

Dennoch versuchen die Bibliothekare auch mit limitierten Mitteln, ihren Besuchern gerade zur Weihnachtszeit etwas Besonderes zu bieten: Die Mitarbeiter der Stadtbücherei Preetz basteln unter anderem die Weihnachtsdekoration selbst, organisieren eine Ausstellung mit Weihnachtsbüchern und bieten Bastelnachmittage für Kinder an. Die Stadtbibliothek Hagenow bietet einen rätselhaften Adventskalender an. Hinter dessen Türchen befinden sich Hinweise auf drei gesuchte Bücher, die die Besucher erraten sollen. Bei einer Verlosung Ende Dezember können sie dann kleine Preise gewinnen. Viele andere Bibliotheken schaffen mit Tannenbäumen, selbstgebackenen Keksen oder Geschenke-Tischen eine einmalige Atmosphäre. Sie haben auch Weihnachtsliteratur, passende Koch- und Bastelbücher, weihnachtliche CDs oder DVDs zusammengestellt. So können die Besucher ein Stück der festlichen Vielfalt mit nach Hause nehmen.

Nicht nur öffentliche, auch wissenschaftliche Bibliotheken nutzen die Weihnachtszeit, um ihren Besuchern ein besonderes Angebot zu machen. Die Staatliche Bibliothek Regensburg etwa wird in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Verband der Schriftsteller, Regionalgruppe Ostbayern, eine Lesung zum Thema "Überraschend Weihnachtlich!" veranstalten. "Mit unseren Lesungen und Ausstellungen sprechen wir ebenso wie mit unseren Medienbeständen ein breites Publikum an", sagt Dr. Bernhard Lübbers, der Leiter der Bibliothek. Zudem würden viele Besucher, die nicht zum Fachpublikum zählen, bei solchen Anlässen wissenschaftliche Literatur für sich entdecken. "Gerade die so genannten populärwissenschaftlichen Werke sind ja für Nichtwissenschaftler geschrieben", sagt Lübbers. "Und da haben wir einiges zu bieten."

Die Bibliothek der Fachhochschule Frankfurt am Main versüßt ihren Studierenden die vorweihnachtliche Zeit. Bis zum 20. Dezember wird täglich ein Schokoladen-Weihnachtsmann versteckt. Infos zum Fundort finden die Studiosi mithilfe neuer Medien - anhand eines Bildausschnittes oder einer Beschreibung auf Facebook sowie auf der Homepage der Bibliothek. Wer den Weihnachtsmann findet, darf ihn behalten. Das ist dann zusätzlicher Treibstoff für die grauen Zellen.

"Gleichzeitig kann man sich in allen Bibliotheken natürlich auch viele Anregungen für Geschenke holen", sagt Monika Ziller. Dort könne man ungestört in den Medienbeständen stöbern. "Und was einem gut gefällt, eignet sich dann ja vielleicht auch, um es als Geschenk für die Liebsten zu kaufen."

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Die Adventszeit

Der Ursprung des Wortes Advent liegt im Lateinischen und geht auf das Wort "adventus" zurück. Das bedeutet "Ankunft". Advent bezeichnet also das Warten auf die Ankunft Christi. Christen gedenken in dieser Zeit der Geburt Jesu und bereiten sich auf das Weihnachtsfest vor. Am ersten Adventssonntag beginnt das Kirchenjahr. Laut der Internetseite heiligenlexikon.de lassen sich die Anfänge der Adventszeit bis ins fünfte Jahrhundert zurückverfolgen. Der Adventskranz hingegen ist ein noch recht junger Brauch. Der evangelische Theologe Johann Heinrich Wichern soll ihn um 1838 erfunden haben. Der Kranz soll für den Erdkreis stehen, der auf Erlösung wartet. Je mehr Kerzen auf ihm entzündet werden, desto näher rückt die Geburt des Erlösers Jesus Christus. (dbv)

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Die bundesweite Aktionswoche "Treffpunkt Bibliothek" wurde in diesem Jahr bereits zum fünften Mal vom Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) koordiniert. Vom 24. bis 31. Oktober 2012 präsentierten sich Bibliotheken in ganz Deutschland als Partner für Medien- und Informationskompetenz sowie für Bildung und Weiterbildung. Sie veranstalteten Lesungen, Ausstellungen, Workshops, Events, Bibliotheksnächte und viele weitere Aktionen, die im gemeinsamen Terminkalender zu finden sind: www.treffpunkt-bibliothek.de.

Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv)
Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sind ca. 2.000 Bibliotheken aller Sparten und Größenklassen Deutschlands zusammengeschlossen. Der gemeinnützige Verein dient seit mehr als 60 Jahren der Förderung des Bibliothekswesens und der Kooperation aller Bibliotheken. Sein Anliegen ist es, die Wirkung der Bibliotheken in Kultur und Bildung sichtbar zu machen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken. Zu den Aufgaben des dbv gehört auch die Förderung des Buches und des Lesens als unentbehrliche Grundlage für Wissenschaft und Information, sowie die Förderung des Einsatzes zeitgemäßer Informationstechnologien.

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Quelle:
Deutscher Bibliotheksverband e.V. (dbv)
Bundesgeschäftsstelle
Brigitta Wühr, Projektkoordination
Fritschestr. 27-28, 10585 Berlin
Telefon: 030/6449899-10, Fax: 030/6449899-29
E-Mail: dbv@bibliotheksverband.de
Internet: www.bibliotheksverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2012