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MESSE/517: 17.000 Inseln der Imagination (Frankfurter Buchmesse)


Frankfurter Buchmesse - Pressemitteilung vom 9. Oktober 2014

17.000 Inseln der Imagination

Indonesien, Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2015, präsentiert eine faszinierende Welt zwischen Mythen, Mystik und Moderne



Frankfurt am Main, 09.10.2014 - 17.000 Inseln, Hunderte von ethnischen Gruppen und ebenso viele Sprachen - mit dem Ehrengast Indonesien präsentiert sich auf der Frankfurter Buchmesse 2015 das viertgrößte Land der Welt mit einer überraschenden kulturellen Vielfalt und einer langen Literatur- und Erzähltradition. Bereits auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (8.-12.10.2014) lädt Indonesien dazu ein, die literarischen Schätze zwischen Mythen, Mystik und Moderne zu entdecken.

"So wie das Meer unsere 17.000 Inseln umschließt so verbindet seit Jahrhunderten die malaiische Sprache - die später zum Indonesischen wurde - unsere vielen Völker und Kulturen", sagt Wiendu Nuryanti, stellvertretende Kulturministerin der Republik Indonesien, bei der heutigen Vorschau-Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse. "Umgeben von Wasser und im Schatten der Vulkane hat sich eine unglaubliche Vielfalt der Literaturen entwickelt. Wir möchten den Auftritt in Frankfurt dazu nutzen, um die dynamische Literaturszene Indonesiens zu präsentieren - eine Seite Indonesiens, die in der Welt bislang kaum bekannt ist", so Nuryanti weiter. Für die geheimnisvolle Literatur steht auch das Logo des Gastlandes: es ist eine Reminiszenz an das klassische balinesische Schattentheater.

Das Land, das 1945 seine Unabhängigkeit erlangte, ist geprägt von indischer, chinesischer, arabischer und westlicher Kultur; allein im letzten Jahrhundert erlebte es einen radikalen politischen Wandel: von der Kolonie zur Unabhängigkeit, vom autoritären Regime zum demokratischen Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit.

Indonesien zeichnet sich durch seine lange und reiche Erzähltradition aus: Gedichte, Märchen und Sagen werden von jeher mündlich überliefert, oft musikalisch untermalt und in der Gruppe vorgetragen. Der weltgrößte Inselstaat blickt aber auch auf eine rund 2.000 Jahre alte Schriftkultur zurück. Die Literatur spiegelt dabei die wechselvolle Geschichte des Landes wider. Diese reicht von den Adaptionen indischer Klassiker, den in Alt-Javanisch verfassten Heldenerzählungen und den religiösen Schriften in Arabisch über die politisch-kämpferischen Werke zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zur zeitgenössischen experimentellen Dichtkunst und dem modernen Großstadtroman.

"Aus Indonesien stammt eines der längsten literarischen Werke, das je verfasst wurde", so Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. "Das sogenannte La Galigo ist zwanzigmal länger als die Odyssee und gehört damit zum UNESCO-Weltregister Memory of the World. Wir wollen diesen unglaublichen Reichtum an Inhalten aufdecken, entdecken und einem möglichst großen Publikum zugänglich machen. Außerdem interessieren uns die dynamischen Entwicklungen in diesem größten südostasiatischen Land, das mit seiner jungen Bevölkerung fast Weltmeister ist im Twittern und Facebooken."

Zu den berühmtesten Schriftstellern Indonesiens zählen Pramoedya Ananta Toer (1925-2006), der mehrfach für den Literaturnobelpreis nominiert wurde und lange als politisch Verfolgter im Gefängnis saß, Mochtar Lubis (1922-2004), Autor und Journalist, der als erster mit dem Magsaysay-Preis ausgezeichnet wurde und dessen Buch Twilight in Jakarta der erste ins Englische übersetzte indonesische Roman war, Rendra (1935-2009), der nicht nur als Dichter sondern auch als Performer, Schauspieler und Regisseur international Beachtung fand, sowie Nh. Dini (*1936), eine lebende Legende, deren zahlreiche Romane mit ihren starken weiblichen Figuren das feministische Bewusstsein der Frauen in Indonesien heute mitgeprägt haben.

"Wesentliches und verbindendes Merkmal der modernen indonesischen Literatur ist die gemeinsame Sprache der Autoren: Mögen die Schriftsteller der postkolonialen Generation auch mit unterschiedlichen Muttersprachen aufgewachsen sein, ist für sie das Schreiben in der offiziellen Landessprache Indonesisch dennoch eine Selbstverständlichkeit und ein Ausdruck ihrer nationalen Identität", sagt Goenawan Mohamad, Dichter, Essayist und Verantwortlicher für das Kulturprogramm des Ehrengasts. Bis heute wurden nur ein paar Dutzend Werke in voller Länge ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht. Dazu zählen Werke von Toer, Lubis und Rendra, aber auch aktuelle indonesische Romane wie Saman von Ayu Utami (Horlemann, 2007) oder Die Regenbogentruppe von Andrea Hirata (Hanser, 2013). Im Rahmen des Gastlandauftritts wurde ein umfangreiches Förderprogramm des indonesischen Kulturministeriums aufgesetzt, mit dem weitere Übersetzungen ermöglicht werden sollen. "Wir möchten unsere literarischen Schätze künftig noch mehr Menschen zugänglich machen. Deutschland soll für uns eine Brücke werden zu anderen europäischen Ländern und zu den westlichen Märkten, auf denen wir bisher kaum vertreten sind", erklärt Husni Syawie, Generalsekretär des Indonesischen Verlegerverbandes IKAPI. Das Land mit seinen 250 Millionen Einwohnern hat über 1.400 Verlage, die pro Jahr im Schnitt 24.000 Titel veröffentlichen.

Der Gastlandauftritt Indonesiens wird begleitet von einem umfassenden Rahmenprogramm, das die Vielfalt der indonesischen Kultur widerspiegelt. So werden zahlreiche indonesische Autorinnen und Autoren ihre Bücher auf Literaturfestivals, Lesungen und Diskussionen im deutschsprachigen Raum präsentieren. Frankfurter Museen zeigen Ausstellungen etwa zum Thema Architektur oder Fotografie in Indonesien. Daneben ist eine Filmwoche mit Independent-Filmen aus Indonesien geplant sowie Aufführungen von 20 Komponisten und Choreographen aus unterschiedlichen Teilen des Archipels.

Bereits auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse geben 30 Veranstaltungen interessante Einblicke in die aktuelle indonesische Literaturszene. Sieben Autorinnen und Autoren werden in Frankfurt sein, darunter die Dichterin und Frauenrechtlerin Toeti Heraty, die Kinderbuchautorin Murti Bunanta, die Romanautorin und Sängerin Dewi Lestari sowie der Dichter und Performance-Künstler Afrizal Malna. Die literarische Schatzkammer des Landes öffnet sich im gleichnamigen Vortrag sowie bei den musikalischen Lyrik-Rezitationen durch bekannte indonesische Sänger und Tänzer. Einer der berühmtesten Schauspieler des Landes, Slamet Rahardjo, nimmt gemeinsam mit Dewi Lestari den indonesischen Film in den Blick und Afrizal Malna war bereits am ARTE-Stand zum Gespräch geladen. Daneben wird der indonesische Maler Raden Saleh, dessen Kunst bei Auktionen in Deutschland bereits Rekordsummen erzielte, vorgestellt und im Weltempfang die Prozesse der Demokratisierung in der islamischen Welt von Experten wie Luthfi Assyaukanie, Mitbegründer des Netzwerkes liberaler Islam, diskutiert. Schließlich machen Spitzenköche aus Indonesien, darunter Petty Elliott und William Wongso, in der Gourmet Gallery auch kulinarisch Lust auf das künftige Gastland der 17.000 Inseln.

Weitere Informationen unter:
www.indonesiafbf.com
www.buchmesse.de/de/ehrengast

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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. Oktober 2014
Frankfurter Buchmesse
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Internet: http://www.buchmesse.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2014


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