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BUCHBESPRECHUNG/122: Basismaßnahmen der Reanimation (Medizin) (SB)


Joachim Koppenberg, Heinzpeter Moecke, Martin Möckel, Michael Weinlich


→ Basismaßnahmen der Reanimation für medizinisches Fachpersonal

→ Handbuch der kardiovaskulären Notfallmedizin für medizinisches Fachpersonal



Weltweit gehört der plötzliche Herzstillstand zu den häufigsten Todesursachen bei Männern und Frauen. Meist ist er Folge bereits bestehender Herzerkrankungen oder aber eines unvorhergesehenen Unfalls. Schnelles Handeln kann hier Leben retten. Die konsequente und korrekte Durchführung von Wiederbelebungsmaßnahmen ist entscheidend für die Überlebenschancen des Betroffenen.

Die American Heart Association (AHA) hat ein international standardisiertes Programm zur Fortbildung im Bereich der kardiologischen Erstversorgung entwickelt, das sie gemeinsam mit dem ABW Wissenschaftsverlag in deutschsprachigen Ländern zu etablieren sucht. Dabei wurde die didaktische Methode, dieses standardisierte und zertifizierte Wissen zu vermitteln, vom ABW-Wissenschaftsverlag aufgegriffen und von deutschen Medizinern an europäische Standards angepaßt. Mit dem Schulungshandbuch wird in erster Linie medizinisches Fachpersonal angesprochen. Allerdings sind die Handlungsanweisungen des Kurses "BLS für medizinisches Fachpersonal" (BLS = Basic Life Support) allgemeinverständlich und dürften jeden, der dieses Buch im Rahmen des Kurses zur Hand nimmt, in die Lage versetzen, im Notfall zweckmäßig zu handeln.

Der Kursabsolvent wird zunächst mit den Maßnahmen vertraut gemacht, die zur Herz-Lungen-Wiederbelebung (CPR) bei Erwachsenen und bei Kindern (im Alter von einem Jahr bis zur Pubertät) zu ergreifen sind. Es werden die Beutel-Masken-Technik, die Notfallbeatmung, die technische Handhabung der Herz-Lungen-Wiederbelebung und die Anwendung eines automatisierten externen Defibrilators (AED) erläutert, durchgeführt von einem bzw. zwei Helfern. Der Ablauf der CPR beim Herz-Kreislaufstillstand eines Säuglings weicht von dem des Kindes und Erwachsenen ein wenig ab, so daß dieses Thema in einem gesonderten Kapitel behandelt wird.

Der Helfer lernt im Rahmen des Lehrgangs, Anzeichen einer Atemwegsverlegung und eines Schlaganfalls zu erkennen, wie auch Warnsignale und Beschwerdebild eines Herzinfarkts als solche zu deuten. Am Ende des Kurses ist er in der Lage, eine Notfallsituation zu beurteilen und Maßnahmen zu treffen, die die Sicherheit von Helfer(n) und Patienten gewährleisten.

In einer Schautafel zur 'Vorgehensweise' werden im weiteren zu jeder Hilfsmaßnahme die einzelnen Schritte, also die unterschiedlich vorzunehmenden Handgriffe (beispielsweise bei der 'Technik der Herzdruckmassage', beim 'Öffnen der Atemwege und Beatmung', bei den verschiedenen Beatmungsmöglichkeiten usw.) abgehandelt. Realistisch anmutende grafische Darstellungen verdeutlichen die Handlungsanweisungen. Im Buch sind unterschiedliche Hinweise farblich verschieden gekennzeichnet: blaue Kästchen geben 'Ergänzende Hinweise', gelbe machen mit 'Achtung' auf mögliche Probleme bei der Durchführung aufmerksam und rote Kästchen signalisieren 'wichtige Konzepte' bzw. 'unbedingt Wissens- und Beachtenswertes'.

Jedes Kapitel wird gleich ausführlich behandelt, auch wenn sich einzelne Schritte bei Erwachsenen, Kindern oder auch beim Säugling wiederholen. Der richtige Ablauf bei der Durchführung der Basisreanimation soll zusätzlich in einer graphischen Übersicht, einem sogenannten 'Algorithmus' verdeutlicht werden. Leider tragen hier die Farbenvielfalt und eine zu große Fülle an Informationen in ein- und derselben schematischen Darstellung nicht zur Übersichtlichkeit bei. Sinnvoll sind die am Ende der meisten Kapitel befindlichen Übungsblätter zur Ein-Helfer-CPR bei Erwachsenen wie auch bei Kindern, zur Zwei-Helfer-CPR mit AED bei Erwachsenen und Kindern, und zur Ein- bzw. Zwei-Helfer-CPR beim Säugling, die dem Kursteilnehmer helfen sollen, das Erlernte zu überprüfen.

Die häufige Wiederholung und die farblichen Hervorhebungen tragen wesentlich dazu bei, die einzelnen Maßnahmen zur Reanimation zu verinnerlichen. Aus rein medizinischer Sicht sind diese gut verständlich dargestellt, die Abläufe eindeutig. Auch wurde auf einige mögliche Probleme hingewiesen, die im Verlauf der Erste-Hilfe-Maßnahmen auftreten können.

Dennoch hätte es dem Handbuch gut getan, bei den praktischen Hinweisen etwas ausführlicher zu sein und ihnen eine größere Bedeutung beizumessen. So ist es beispielsweise unumgänglich für eine erfolgreiche Herzdruckmassage, daß die zu reanimierende Person auf einem harten, unnachgiebigen, flachen Untergrund (Fußboden, gegebenenfalls Brett unterschieben) liegt, anderenfalls kann der ausgeübte Druck nicht zur Wirkung gelangen. Wichtig ist auch, daß der Helfer einen angemessenen Abstand einnimmt, um Rhythmus und Intensität der ausgesprochen anstrengenden Herzdruckmassage aufrechterhalten zu können.

Sollte der Betroffene nicht atmen, ist es wesentlich, vor der Beatmung zu sichern, ob sich Blut, Erbrochenes, ein Fremdkörper oder eine lose Zahnprothese in der Mundhöhle befinden, um den Patienten davon zu befreien.

Der Helfer muß ebenfalls wissen, daß eine lebensgefährdende Blutung schnellstmöglich zu stillen ist, bevor Maßnahmen zur Reanimation durchgeführt werden können. Da die Wiederbelebungszeit mehrere Minuten beträgt, kann man sich ì diese Zeit nehmen. "Die Wiederbelebungszeit ist die Zeit zwischen der Unterbrechung der Sauerstoffversorgung und dem Untergang von Zellen. Sie beträgt für das Gehirn 3-5, für das Herz 15-30 Minuten." [aus: Heuwinkel-Otter (Hrsg.): Menschen pflegen, Springer Verlag 2006, Seite 457]. Der Helfer muß die erforderlichen Tragegriffe kennen, damit er den Betroffenen unaufwendig und effektiv in die richtige Postition bringen kann.

Auch der Hinweis darauf, wie sinnvoll es ist, daß der Helfer vor jeder neuen Beatmung den Kopf hebt, ihn zur Seite abwendet und frische Luft einatmet und darüber hinaus, daß ein falscher Kompressionspunkt bei der Herzdruckmassage zu unterschiedlichen, ernsten Verletzungen führen kann (beispielsweise Leber- und Milzverletzung, Rippenfrakturen mit Lungenverletzungen, Herzbeutelverletzungen usw.), fehlt.

Erinnerungshilfen wie beispielsweise 'phone fast' oder 'phone first' können grundsätzlich hilfreich sein. Während bei Kindern unter acht Jahren sofortige Reanimationsmaßnahmen erforderlich sind, sollte im Falle des Herzkreislauf- und Atemstillstandes bei Erwachsenen und Kindern über acht Jahren vor jeder Erste-Hilfe-Maßnahme umgehend der Rettungsdienst gerufen werden.

Bei aller angebrachten Kritik darf jedoch nicht vergessen werden, daß es sich um ein Schulungshandbuch handelt, das nichts über die verbale Vermittlung während des Kurses aussagt.

Erste-Hilfe-Maßnahmen zu verinnerlichen und die entsprechenden Kenntnisse lebendig zu halten, sollte für medizinisches Fachpersonal selbstverständlich sein. Und auch für den Laien ist es erstrebenswert, im Ernstfall handeln zu können. In jedem Fall hat der ABW Wissenschaftsverlag mit seinem "BLS für medizinisches Fachpersonal" ein absolut brauchbares und für jedermann verständliches Konzept auf dem Markt gebracht.

Raute

Zusätzlich wurde vom ABW Wissenschaftsverlag ein Din-A6-formatiges "Handbuch der kardiovaskulären Notfallmedizin für medizinisches Fachpersonal" editiert. Das handliche und aufgrund einer Ringbindung gut klappbare Buch paßt in jede Kitteltasche oder auch jeden Arztkoffer. Im Gegensatz zum Schulungshandbuch "BSL für medizinisches Fachpersonal" ist dieses kleine Büchlein sehr viel umfassender und spezieller. Es befaßt sich nicht nur mit den 'Basismaßnahmen der Reanimation' (BLS), sondern darüber hinaus mit den 'Erweiterten Maßnahmen der Reanimation' (ACLS), der 'Neugeborenenreanimation' und den 'Erweiterten Maßnahmen der Reanimation bei Kindern'. Die verschiedenen Abschnitte sind zum leichteren Auffinden deutlich farblich gekennzeichnet. Allerdings ist das Auffinden einer speziellen Information dennoch nicht ganz einfach, da dem Buch zwar ein Inhaltsverzeichnis, aber kein Index angefügt ist. Dieser wäre bei der komprimierten Darstellung der Inhalte, die relevant für das tatsächliche notfallmedizinische Handeln sind, eine große Hilfe gewesen.

Das in diesem Buch dargestellte Wissen gilt als Goldstandard der kardiopulmonalen Reanimation und basiert auf dem Handbuch für die kardiovaskuläre Notfallmedizin der American Heart Association. Die verschiedenen Maßnahmen werden zusammenfassend und übersichtlich in Form von Algorithmen, Tabellen und kurzen Texten dargestellt. Allerdings bringt es der Versuch, dieses umfangreiche Wissen in einem kleinen, handlichen Buch unterzubringen, zwangsläufig mit sich, daß manche Erläuterung, die sich ein noch unerfahrener Arzt gewünscht hätte, der äußerst dichten Darstellung zum Opfer fallen muß.

In diesem Sinne eignet sich das Buch nicht zum schnellen Nachschlagen in einer Notfallsituation. Vielmehr ist es ein Repetitorium und hilft das Wissen, das bei allen Ärzten unabhängig von der Fachdisziplin vorhanden sein sollte, aufzufrischen.

31. Dezember 2007


Moecke/Koppenberg/Möckel/Voelckel/Weinlich (Hrsg.)
BLS für medizinisches Fachpersonal
Schulungshandbuch
ABW Wissenschaftsverlag, 2006
92 Seiten, durchgängig 4farbig
Broschur, 21 cm x 29,7 cm
EUR 15,--
   
   
Moecke/Koppenberg/Möckel/Voelckel/Weinlich (Hrsg.)
Handbuch der kardiovaskulären Notfallmedizin für medizinisches Fachpersonal
ABW Wissenschaftsverlag, 2006
201 Seiten, 102 farbige Abbildungen, Spiralbindung, 12 x 15,9 cm
EUR 19,95