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REZENSION/566: Bröckers & Walther - 11.9.: Zehn Jahre danach (SB)


Mathias Bröckers & Christian C. Walther


11.9.

Der Einsturz eines Lügengebäudes



Rechtzeitig zum zehnten Jahrestag um die Flugzeuganschläge vom 11. September 2011 laufen die Vertreter der offiziellen Verschwörungstheorie und die Gemeinde der 9/11-Skeptiker zum vielleicht letzten großen Kampf um die öffentliche Meinung auf, bevor der von der medialen Inszenierung her beispiellose Massenmord schließlich zum Gegenstand geschichtlicher Betrachtung wird, der dann keinerlei tagespolitische oder strafrechtliche Relevanz mehr aufweist. So fliegt die Redaktion der Bild-Zeitung, die seit ihrer Gründung unermüdlich für die Allianz zwischen Deutschland und den USA einsteht, nach New York, um vom "Ground Zero" aus die Tagesausgabe 11. September 2011 des meistverkauften Boulevardblatts Europa in den Druck geben zu können. Am zehnten Jahrestag des Angriffs wird US-Präsident Barack Obama die Gedenkstätte am früheren Standort der Zwillingstürme des New York World Trade Centers in Südmanhattan einweihen. Währenddessen wird in Deutschland der Sender Vox von 12.00 bis 24.00 Uhr eine zwölfstündige 9/11-Dokumentation ausstrahlen, an der führende Redakteure des Spiegels, des großen Privatsenders RTL und des öffentlich-rechtlichen ARD gebastelt haben.

Das Nachrichtenmagazin Spiegel steht in der Bekämpfung allen Zweifels an der offiziellen Version, 19 mit Teppichmessern bewaffnete Fanatiker arabischer Herkunft und muslimischen Glaubens hätten im Auftrag des saudischen Exilanten Osama Bin Ladens die Flugzeuganschläge in alleiniger Regie durchgeführt, bekanntlich seit Jahren an vorderster Front. [1] Zu seinen Hauptgegnern im Ringen um die Deutungshoheit um den 11. September gehört Mathias Bröckers, der mit seiner im Herbst 2001 einsetzenden Artikelserie bei Telepolis und dank zweier erfolgreicher Bücher zum Thema [2] wesentlich dazu beigetragen hat, Deutschland recht früh zu einer Hochburg der 9/11-Skeptiker zu machen. Dafür wurde Bröckers vom damaligen Spiegel-Autor Henryk M. Broder als "krankes Gehirn" beschimpft und in eine Reihe mit den Holocaust-Leugnern gestellt (Dieser Tage sieht sich Verbalrambo Broder dem Vorwurf ausgesetzt, mit seinen Hetztiraden gegen muslimische Einwanderer und Israelkritiker das abstruse Weltbild des christlich-faschistischen Massenmörders Anders Breivik in Norwegen mitgeformt zu haben). Ungeachtet oder vielleicht gerade wegen der damals massiven Verunglimpfung seiner Person hat Bröckers vor wenigen Wochen ein neues Buch zum Thema 11. September auf den Markt gebracht. Es heißt "11.9. - Zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes". Bröckers hat es nicht allein, sondern zusammen mit Christian C. Walther, der ebenfalls zwei Bücher zu diesem Thema - "119 Fragen zum 11.9" (2003) und "Der zensierte Tag" (2004) - veröffentlicht hat, verfaßt.

In einer am 10. Juli ausgestrahlten Reportage der ARD-Kultursendung "Titel, Thesen, Temperamente" wurden Bröckers und Walther von jedem Vorwurf, Antiamerikanismus und/oder Verschwörungstheorien zu verbreiten, freigesprochen und vielmehr dafür gelobt, bei ihrer Recherche zu den unzähligen Widersprüchen und Ungereimtheiten der Ereignisse vom 11. September "sich auf eine uralte journalistische Tugend: auf das Handwerk des gelegentlich unbotmäßigen Zweifels" besonnen zu haben. Auf seinem Blog 911-archiv.net hat Dirk Gerhardt noch am selben Tag die Arbeit der beiden Journalisten als "das mit Abstand Beste, was bisher überhaupt über 9/11 publiziert wurde. Und vielleicht jemals wird" gewürdigt. Auch wenn die Schattenblick-Reaktion die vorliegende Lektüre ebenfalls loben und empfehlen möchte, so geschieht dies unter einem Vorbehalt, der sich auf den Schluß bezieht und deshalb später erläutert wird.

Die von Gerhardt attestierte "zusammengelegte Kompetenz" von Bröckers und Walther macht "11.9. - Zehn Jahre danach" für jeden Leser zum Informationsgewinn. Das Autorenduo kennt sich in der Materie hervorragend aus und legen die Fakten so zurecht, daß auch diejenigen, die weniger informiert sind, gut durch den Stoff kommen. Auch Leser, die mit dem Thema auf vertrautem Fuß stehen, werden ihre Freude an der meisterhaften Aufarbeitung der zahlreichen Erkenntnisse und Enthüllungen haben, die sich in den letzten zehn Jahren angesammelt haben. Besonders überzeugend und schlüssig wirkt Bröckers' und Walthers Erklärung für das Versagen der US-Luftsicherheit. Mit akribischen Details - unter anderem durch die genaue Rekonstruktion aller vier Flüge der gekaperten Passagiermaschinen - wird aufgezeigt, daß die Verantwortlichen für die Sicherheit im US-Luftverkehr sowohl auf militärischer als auch auf ziviler Seite kaum eine Chance hatten, die Katastrophe abzuwenden.

Für diesen Umstand sorgten eine Reihe von Militärübungen, die an jenem Tag im US-Luftraum stattfanden. Deswegen wußten die Fluglotsen in Boston, Newark und Washington in den entscheidenden zwei Stunden nicht, ob die fraglichen Maschinen tatsächlich entführt worden waren oder ob die seltsamen Beobachtungen auf ihren Radarschirmen möglicherweise von "Inputs" - zum Zweck Manöver vortäuschender Flugzeugsignale - stammten. Erschwerend kam eine wenige Wochen vor den Anschlägen auf Befehl Donald Rumsfelds veränderte Befehlskette hinzu, die ein Abfangen verdächtiger Flugzeuge ohne vorherige Zustimmung des Verteidigungsministers ausschloß. Wie der Zufall so will, waren am Morgen des 11. September 2001 die wichtigsten Entscheidungsträger im Militärapparat, Pentagon-Chef Rumsfeld, der amtierende Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, Luftwaffengeneral Richard Myers, und NORAD-Chef Ralph Eberhardt, für ihre Untergebenen entweder gar nicht oder nur bedingt erreichbar. So setzte sich Eberhardt zum Beispiel mitten in der Krise ins Auto, um vom Stützpunkt Peterson in Colorado Springs, Arizona, in das nahegelegene NORAD-Hauptquartier in Cheyenne Mountain zu fahren. Für die 15 Kilometer lange Strecke, die man laut Google Maps in 25 Minuten zurücklegen kann, benötigte Eberhardt, der auch nicht daran gedacht haben will, ein Mobiltelefon mitzunehmen, eine ganze Stunde - von 09.30 bis 10.30 Uhr.

Bröckers und Walter nehmen sich in insgesamt 38 Kapiteln die offizielle Version der Ereignisse vor und unterziehen jedes Element einer gründlichen Überprüfung. Wie zu erwarten bleibt von den Behauptungen des Weißen Hauses, des FBI, der CIA et cetera wenig bis gar nichts übrig. Besonders hart gehen die Autoren mit der Arbeit der "unabhängigen" 9/11-Kommission ins Gericht und entlarven sie nicht nur als mangelhaft, sondern als kriminell. So wurden im Abschlußbericht sowohl die Aussagen von Personen, die eine Verwicklung der Geheimdienstes der USA, Israels, Pakistans, Saudi-Arabiens und der Türkei bezeugen konnten, wegretouchiert als auch Beweismittel nachweislich verändert und Sachverhalte falsch dargestellt. Bröckers und Walter gehen zudem in aller Ausführlichkeit auf die Untersuchungen unabhängiger Wissenschaftler ein, die in den letzten Jahren eine kontrollierte Sprengung nicht nur der beiden Zwillingstürme, sondern auch des 47stöckigen WTC-7 - das von keinem Flugzeug getroffen wurde - nachgewiesen haben, unter anderem durch den Befund des Sprengstoffs Nanothermit im WTC-Staub.

Es ist bedauerlich, daß Bröckers und Walther mit einem im höchsten Maße verunglückten 15seitigen Nachwort viel von dem, was sie über 305 Seiten an hervorragende Arbeit geleistet haben, kaputtschreiben - jedenfalls nach Ansicht des Rezensenten. Sie treten dafür ein, die alten Haudegen Donald Rumsfeld und Dick Cheney, die seit den Tagen Richard Nixons zum Inventar der Schattenregierung in den USA gehören, zu begnadigen, falls herauskommen sollte, daß sie die 9/11-Operation initiiert haben. Sie hätten, so die perfide Logik, in weiser Voraussicht die Bevölkerung des Westens für die kommenden Ressourcenkriege des 21. Jahrhunderts mobilisiert. Schließlich würden die westlichen Industriestaaten ohne die Kontrolle über die Öl- und Gasreichtümer im Nahen Osten und in Zentralasien niemals die Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung schaffen oder den Klimawandel in den Griff zu bekommen, so die Autoren. Eine solche abenteuerliche These steckt voller Annahmen, die zwar zu widerlegen nicht schwierig wäre, jedoch den Rahmen einer Rezension sprengen würde. Es bleibt aber festzustellen, daß man mit dem relativierenden Argument, die Drahtzieher des 11. Septembers - saßen sie tatsächlich im Weißen Haus und Pentagon - hätten "verantwortungsvoll" gehandelt, der Barbarei Tür und Tor öffnet.

Fußnoten:

1. Siehe hierzu im Schattenblick unter INFOPOOL -> BUCH -> SACHBUCH:

REZENSION/169: Aust, Schnibben - SPIEGEL-Buch zum 11. September

2. Siehe hierzu im Schattenblick unter INFOPOOL -> BUCH -> SACHBUCH:

REZENSION/133: Mathias Bröckers - Verschwörungen ... des 11.9. REZENSION/167: Bröckers/Hauß - Fakten, Fälschungen ... des 11.9.



5. August 2011


Mathias Bröcker & Christian C. Walther
11.9. - Zehn Jahre danach
Der Einsturz eines Lügengebäudes
Westend Verlag
320 Seiten
ISBN: 9783938060483
EUR 16,99