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REZENSION/583: Gerhard Feldbauer - Wie Italien unter die Räuber fiel (SB)


Gerhard Feldbauer


Wie Italien unter die Räuber fiel

Und wie die Linke nur schwer mit ihnen fertig wurde



In italienischer Geschichte habilitiert ist Dr. sc. phil. Gerhard Feldbauer ein anerkannter Experte auf diesem Gebiet. Ihn zeichnen jedoch nicht nur fundierte akademische Studien aus, er hat vielmehr auch als langjähriger Pressekorrespondent in Vietnam und Italien Land und Leute aus eigenem Erleben kennengelernt. Während seiner journalistischen Tätigkeit von 1973 bis 1979 in Italien konnte er nicht nur wichtige Ereignisse vor Ort verfolgen, sondern auch viele ihrer Akteure kennenlernen, mit denen er teilweise freundschaftlich verbunden war oder dies bis heute ist. Nicht zuletzt widmet sich der Autor mit einer dezidierten und entschiedenen Position seinem Gegenstand, wenn er die Frage aufwirft "Wie Italien unter die Räuber fiel". Die Beteiligung der Linken an diesem historischen Prozeß und ihr damit verbundener Niedergang ist für ihn weit über ein geschichtswissenschaftliches Forschungsfeld hinaus eine Entwicklung, die ihn mit großer Sorge erfüllt. Wie dies bereits im Untertitel zum Ausdruck kommt, möchte er mit seiner Analyse des Scheiterns praktizierter linker Strategien dazu beitragen, emanzipatorische Bestrebungen aus ihrer tiefen Krise herauszuführen, ihre Spaltung zu überwinden und sie gegen die kapitalistische Herrschaft namentlich in deren wiedererstarkter rassistischer und faschistischer Ausprägung in Stellung zu bringen.

Wie schon die vorangegangenen Publikationen Gerhard Feldbauers macht auch das vorliegende Buch deutlich, warum es gerade für die Linke unverzichtbar ist, begangene Irrtümer, Fehlentscheidungen und Preisgaben früherer Positionen selbstkritisch zu analysieren. Erst wenn dies rückhaltlos geschehen ist und insbesondere die Motive und Interessenlagen, die zu diesen folgenschweren Weichenstellungen geführt haben, entschlüsselt sind, besteht Aussicht, die nicht nur von der Phalanx ihrer erklärten Gegner, sondern fatalerweise auch von ihren selbsternannten Erben totgesagte und für anachronistisch erklärte Linke wieder auf die Beine zu bringen. Daß es in diesem Sinne notwendig sei, aus er Geschichte zu lernen, bringt der Autor dem Leser auf zweifache Weise nahe. Er schöpft nicht nur aus einer Fülle ausgewiesener Quellen und detailliert präsentierter Fakten, sondern verknüpft diese zu einem fesselnden historischen Bogen, der die Entwicklungsprozesse und Verlaufsformen italienischer Politik seit dem Zweiten Weltkrieg samt einem ausgewählten Rückblick auf für das bessere Verständnis unabdingbare Vorläufer im 19. Jahrhundert gerade aus linker Sicht greifbar macht.

Wenngleich die italienische Klassengesellschaft neben zwangsläufigen Parallelen zur bundesrepublikanischen Variante einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung auch frappierende Unterschiede aufweist, sind die Lehren aus einer kritischen Untersuchung des verheerenden Niedergangs der Linken in ihrer Übertragung auf deutsche Verhältnisse doch ebenso naheliegend wie zwingend. Wie der Autor Etappe für Etappe detailliert nachweist, wurde das Bestreben, die gesellschaftlichen Verhältnisse mit antikapitalistischer Stoßrichtung zu verändern, systematisch und schubweise zwischen zwei Mühlsteinen zerquetscht. Von der einen Seite her verhinderten einheimische Eliten im Schulterschluß mit dem imperialistischen Übergriff insbesondere der Vereinigten Staaten jede dauerhaft wirksame Einflußnahme der Linken. Dabei kam die gesamte Palette herrschaftssichernder Instrumente bis hin zu Kriegsdrohungen, geheimdienstlichen Operationen, polizeilicher und juristischer Repression wie auch politischen Attentaten zum Einsatz. Es war jedoch nicht allein die Übermacht des exekutierten staatlichen und überstaatlichen Gewaltmonopols, das emanzipatorische Positionen zermalmte. Als nicht minder verhängnisvoll erwies sich die nahezu durchgängige Tendenz der Linken, sich um der erstrebten Akzeptanz und Regierungsbeteiligung willen in immer weitreichenderen Kompromissen ursprünglicher Positionen zu entledigen. Am Ende hatte sie alles verloren: Der eigenhändigen Liquidierung ihrer traditionsreichen Forderungen und Organisationen folgte der Absturz in die politische Bedeutungslosigkeit.

Bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2008 bezog das Bündnis Regenbogenlinke eine katastrophale Niederlage: Mit 3,1 Prozent blieb es unter der Vier-Prozent-Sperrklausel, womit Kommunisten, Sozialisten und mit ihnen die Grünen erstmals in der italienischen Nachkriegsgeschichte nicht mehr im Parlament vertreten waren. Gleichermaßen bezahlte die Demokratische Partei die Preisgabe letzter sozialdemokratischer Positionen mit einem Debakel. Der Mediendiktator Silvio Berlusconi setzte sich durch und kam zum dritten Mal an die Regierungsmacht. Geht man der Frage nach, wie es trotz einer früher für ihre Kampfkraft bekannten Linken möglich war, daß Berlusconi gemeinsam mit Rassisten und Faschisten von Unterbrechungen abgesehen das Land seit fast zwei Jahrzehnten tyrannisieren konnte, kann man nicht umhin, sich mit der wechselvollen Geschichte der kommunistischen Bewegung Italiens zu befassen. Im Rückblick scheint sich diese als geradezu zwangsläufige Verkettung fortgesetzter opportunistischer und revisionistischer Erscheinungen und insbesondere der fehlenden Auseinandersetzung mit ihnen darzustellen. So sehr diese Einschätzung zutrifft, heißt das doch nicht, daß eine schicksalsgleiche Zwangsläufigkeit am Werk gewesen wäre. Vielmehr legt der Autor an allen relevanten Bruchstellen quellensicher und nachvollziehbar dar, vor welchen Entscheidungen die maßgeblichen Akteure standen und welches Kalkül in der jeweiligen historischen Situation die Oberhand behielt.

Dabei gewinnen zahlreiche Politiker nicht nur der Linken Kontur, zumal Feldbauer an den entsprechenden Stellen kurze, farblich abgehobene Abrisse des politischen Werdegangs dieser Personen eingefügt hat. Für Leser, die mit der Geschichte Italiens nur in groben Zügen vertraut sind, dürfte dies eine große Hilfe sein, sich in der Vielzahl erwähnter Einzelpersonen, Parteien, Strömungen und Interessenverbänden zurechtzufinden, die zu nennen eine qualifizierte Analyse gebietet. Daß sich der Autor weit über die Linke hinaus einen offenen Blick für die Qualität und Zuverlässigkeit bestimmter politischer Akteure auch im bürgerlichen Lager bewahrt hat, macht seine Einschätzung um so plausibler, welche Flügel sozialdemokratischer oder zentristischer Parteien ernsthaft an einer Zusammenarbeit mit den Kommunisten interessiert waren - nicht, weil sie deren Ziele teilten, aber in der Überzeugung, daß unter demokratischen Maßgaben der Ausschluß von Parteien, die über bedeutende Unterstützung in der Bevölkerung verfügten, nicht hinnehmbar und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt höchst abträglich sei.

Die am 21. Januar 1921 gegründete Kommunistische Partei wuchs zur stärksten KP der kapitalistischen Industriestaaten an und erlebte glanzvolle Zeiten. Sie besaß in Antonio Gramsci einen herausragenden Theoretiker, dessen wesentlicher Grundsatz zur Bündnispolitik jedoch zunehmend in Vergessenheit geriet: Notwendige Kompromisse dürften nicht die eigenen Prinzipien in Frage stellen. Wie sich zeigen sollte, rückte die ursprüngliche Kernforderung nach Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft zunehmend an den Rand oder tauchte bei wegweisenden Abkommen mit bürgerlichen Kräften überhaupt nicht mehr auf. Als verhängnisvoll sollte sich auch eine Überbetonung der nationalen Einheit erweisen, die aus dem Sieg der italienischen Bourgeoisie über die Fremdherrschaft der Bourbonen, Habsburger und des Papstes resultierte, während der feudale Grundbesitz unverändert weiter bestand. Mit der "Wende von Salerno", dem Eintritt der Kommunisten und Sozialisten gemeinsam mit den bürgerlichen Oppositionsparteien in die Regierung Pietro Badoglios, wurde eine breite nationale Kriegskoalition gegen die Mussolini-Faschisten und die deutsche Wehrmacht geschaffen. Damit verwirklichte die Partei unter ihrem Vorsitzenden Palmiro Togliatti zwar Gramscis Konzept eines "Historischen Blocks", versäumte es aber in der Folge, die vorrevolutionäre Situation zu nutzen.

Gegen den Willen der Alliierten, die längst eine antikommunistische Nachkriegsordnung im Sinn hatten, und das Interesse bürgerlicher Kreise, die eine Massenbewegung fürchteten, setzten kommunistische Verbände der Partisanen den Kampf in vorderster Front fort, während ein von der Partei organisierter Generalstreik sämtliche größeren Städte in dem noch von deutschen Truppen besetzten Norditalien lahmlegte. Im Sommer und Herbst 1945 war der italienische Imperialismus geschlagen, seine ökonomischen und politischen Positionen ernsthaft erschüttert. Im Norden übten Kommunisten und Sozialisten mehrheitlich die Macht aus, im Süden wurde der Großgrundbesitz von Landarbeitern und Tagelöhnern besetzt. Es standen weit über eine halbe Million Partisanen unter Waffen, wobei die Kommunisten mit ihren Garibaldi-Brigaden das größte, schlagkräftigste und wegen ihrer hohen Opferzahl bei der Bevölkerung glaubwürdigste Kontingent stellten.

Die Klarheit, daß die kapitalistische Herrschaft zu beseitigen sei, hatte bereits der Resistenza gefehlt und sie mangelte auch ihrer Nachkriegsstrategie. Ein Flügel mit Luigi Longo, einem der beiden Oberbefehlshaber der Partisanenarmee, forderte zwar eine deutliche sozialistische Orientierung unterstützt durch Massenaktionen, doch setzte sich eine von Togliatti angeführte Gruppe durch, die auf den parlamentarischen Weg baute und in einem breiten antifaschistischen Bündnis weiterhin auch mit großbürgerlichen Fraktionen zusammenarbeiten wollte. So stimmte die Parteiführung um der Regierungsbeteiligung willen der Entwaffnung der Partisanen zu und machte de facto alle längst eingeleiteten revolutionär-demokratischen Prozesse rückgängig. Als reaktionäre Interessen Ende 1945 die Oberhand im Land gewannen, hatte die Kommunistische Partei eine mögliche Initiative zu einer grundlegenden Veränderung der Gesellschaft aus der Hand gegeben.

Zu den sozialen Errungenschaften, die in der Nachkriegsordnung realisiert werden konnten, gehörten die Festschreibung der Mieten und eine gleitende Lohnskala, der zufolge die Löhne noch bis in die 80er Jahre automatisch an die Inflationsrate angepaßt werden mußten. Auch gehörte die Verfassung Italiens zu den fortschrittlichsten Grundgesetzen westeuropäischer Staaten in dieser Zeit. Wie sich jedoch zeigen sollte, handelte es sich dabei um befristete Zugeständnisse, die man der Linken machen mußte, um sie dauerhaft einzubinden und ihr die Zähne zu ziehen. Wenngleich diese Errungenschaften erkämpft waren, verloren sie im Zusammenhang der fortbestehenden kapitalistischen Grundordnung und des sie gewährleistenden Staates niemals den Charakter eines bloßen Lehens, das befristet gewährt, doch unter veränderten Umständen jederzeit wieder entzogen werden kann, wie das die jüngere Geschichte nicht nur in Italien zeigt.

Unter dem Vorzeichen des Kalten Krieges waren die Vereinigten Staaten fest entschlossen, die Südflanke der künftigen NATO zu sichern. Gemäß der Truman-Doktrin verknüpfte Washington die Gewährung von Auslandshilfe mit der Forderung, Kommunisten und Sozialisten aus der Regierung zu vertreiben, was im Mai 1947 auch geschah. Im April 1949 nahm Italien an der Gründung der NATO teil, im Januar 1950 stellte man den USA Militärstützpunkte zur Verfügung. Zugleich intervenierte Washington finanziell und geheimdienstlich dauerhaft in Italien, um dessen Innenpolitik zu beeinflussen und alle Linkstendenzen zu bekämpfen. Der Fortbestand faschistischer Gruppierungen resultiert nicht zuletzt aus dieser Einflußnahme.

Als die KPdSU auf ihrem XX. Parteitag 1956 die Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz der Systeme wie auch den parlamentarischen Weg zum Sozialismus zur neuen Leitdoktrin erhob, bestätigte dies den Kurs der KP Italiens seit 1945. Nachdem die Kommunisten bei den Parlamentswahlen ihre Stimmen seit 1948 erheblich steigern konnten und im Juni 1976 fast mit den Christdemokraten (DC) gleichzogen, schien künftig eine eigene Mehrheit nicht mehr ausgeschlossen. Enrico Berlinguer proklamierte jedoch die "Demokratische Wende" in Gestalt eines Bündnisses mit der DC, um der anwachsenden faschistischen Gefahr etwas entgegenzusetzen. Nach den von NATO und CIA unterstützten Putschversuchen der Jahre 1964, 1970 und 1973/74 in Italien sowie dem Militärputsch Augusto Pinochets in Chile am 11. September 1973 trug die Parteiführung damit einer realen Gefahr Rechnung, setzte aber fortan auf einen "Historischen Kompromiß" in Gestalt einer Klassenzusammenarbeit mit den Christdemokraten.

Bereits seit Ende der 60er Jahre hatte sich in der Partei eine Strömung herausgebildet, deren ideologische Grundlage der Eurokommunismus war, der grundlegende kommunistische Positionen aufgab. Als sich nach den Wahlerfolgen die Mitgliederstruktur der Partei erheblich änderte, deren Funktionäre nur noch zu einer Minderheit aus der Arbeiterschaft kamen, und andererseits die erhofften Vorhaben im Parlament weitgehend blockiert wurden, verstärkte sich der reformistische Einfluß nur noch. Um sich als koalitionsfähig zu erweisen, stimmten die Kommunisten Privatisierungen zu, verzichteten auf soziale Reformen, gaben Errungenschaften der Arbeiterschaft preis und behaupteten gar, die NATO eigne sich als Schutzschild auf dem Weg zum Sozialismus.

Kritiker wurden ausgegrenzt, Arbeitskämpfe ausgebremst, linke Basisbewegungen bekämpft. Aldo Moro, der die treibende Kraft einer Zusammenarbeit mit den Kommunisten im Lager der DC war und deswegen von verschiedenen Seiten, darunter auch den USA, massiv mit dem Tod bedroht worden war, starb in Gefangenschaft der Brigate Rosse. Was folgte waren Notstandsgesetze, die mit den Stimmen der Kommunisten verabschiedet wurden. Massenfestnahmen, Säuberung der Universitäten, Verfolgung zahlreicher Linker: Während der als Gefahr an die Wand gemalte faschistische Putsch ausblieb, formierte sich der bürgerliche Staat auf höchst repressive Weise um.

Erst Anfang 1979 zogen sich die Kommunisten aus der Regierungskoalition zurück und erklärten den Historischen Kompromiß für gescheitert. Ihr politischer Einfluß ging unterdessen spürbar zurück. In den folgenden Jahren verließ etwa ein Drittel ihrer 2,2 Millionen Mitglieder die Partei, bei den Parlamentswahlen war ihre Stimmenzahl erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg rückläufig. Begünstigt durch den Kurs Gorbatschows und eine zunehmende Verteufelung der Linken schlug Berlinguers Nachfolger Alessandro Natta den Sozialisten vor, sich mit den Kommunisten zu einer neuen linken Partei zu vereinigen. Nachdem dies abgelehnt wurde, kam es schließlich 1990 zur Liquidierung der IKP, wie Domenico Losurdo diesen Prozeß nannte. Unter dem Vorwand, sich für neue Strömungen zu öffnen, proklamierte man die Heimkehr zur Sozialdemokratie, wobei man sich am Godesberger Programm der SPD orientierte. Ein Viertel der Delegierten hatte sich der Liquidierung widersetzt und gründete die PRC, die nach einer vielversprechenden Rückkehr zu alten kommunistischen Positionen in den folgenden Jahren ihrerseits von reformistischen Einflüssen und Spaltungen heimgesucht wurde, so daß sich die parteipolitische Linke heute heillos zersplittert und ohne nennenswerten Einfluß darstellt.

Unterdessen war mit Silvio Berlusconi eine Führungsfigur herangereift, die Unternehmertum und persönliche Bereicherung mit Regierungsmacht verschränkte. Von der Loge P2 an die Macht gebracht und vom organisierten Verbrechen unterstützt, setzte er insbesondere sein Medienimperium dafür ein, die Mehrheitsmeinung im Land zu manipulieren. Er unterdrückte die Verfolgung der von ihm begangenen Straftaten, forcierte repressive Innenpolitik und Sozialabbau, übte den Schulterschluß mit Rassisten und Faschisten, strebte eine grundlegende Änderung der Verfassung zugunsten einer Präsidialherrschaft an. Außenpolitisch setzte er auf die USA und eine Beteiligung an deren Kriegen, worin er seine wichtigste Rückversicherung zu sehen schien. Selbstherrlich bis zum Größenwahn wähnte er sich bereits als Alleinherrscher des Landes, der mit Linken, Migranten und sonstigen von ihm offen zu unbrauchbarem Abschaum herabgewürdigten und verfolgten Menschen ungehindert aufräumen würde.

Bezeichnenderweise hatte die Linke weder den Aufstieg Berlusconis verhindert, noch trug sie nennenswert zu seinem möglicherweise endgültigen Sturz bei. Fraktionen des italienischen Kapitals insbesondere im Norden favorisierten eine stärkere Ausrichtung auf die EU und deren Führungsmacht Deutschland, während sie Berlusconi immer weniger zutrauten, die Wirtschaftkrise in den Griff zu bekommen und die drohende Herabstufung Italiens abzuwenden. Dies machte Berlusconi obsolet, der sich ungeachtet seines Reichtums und verhängnisvollen Einflusses letzten Endes auf eine für die maßgeblichen Kreise der herrschenden Klasse ersetzbare Figur in deren strategischem Kalkül reduzierte.

Indem der Autor diesen Prozeß unter besonderer Berücksichtigung jener tragischen Rolle der Kommunistischen Partei nachgezeichnet hat, liefert er einen Schlüssel zur kritischen Einschätzung einer reformistischen Linken, die Regierungsbeteiligung höher als ihre ursprünglich proklamierten gesellschaftpolitischen Ziele hängt. Darüber hinaus stellen sich weitere grundsätzliche Fragen wie jene nach der Möglichkeit einer Gesellschaftsveränderung auf parlamentarischem Weg oder im umgekehrten Sinn nach der Ausübung staats- und systemtragender Funktionen im Falle einer Regierungsbeteiligung. Was auf dem Weg dahin alles verlorengehen und geschmeidig durch wohlfeile Ausflüchte ersetzt werden kann, hat Gerhard Feldbauer in seiner Untersuchung, wie Italien unter die Räuber fiel, dezidiert dargelegt.

30.‍ ‍April 2012


Gerhard Feldbauer
Wie Italien unter die Räuber fiel
Und wie die Linke nur schwer mit ihnen fertig wurde
PapyRossa Verlag, Köln 2012
218‍ ‍Seiten, 14,90 Euro
ISBN 978-3-89438-471-5