Pressemitteilung vom 31. Mai 2017
China: Bundesregierung muss schlechte Menschenrechtssituation offensiv ansprechen
Gemeinsamer Appell von Amnesty International, der International Campaign for Tibet und Reporter ohne Grenzen vor dem Treffen mit Chinas Ministerpräsidenten Li
BERLIN, 30.05.2017 - Morgen trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel den chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin. Amnesty International, die International Campaign for Tibet und Reporter ohne Grenzen appellieren an die Bundeskanzlerin, Ministerpräsident Li Keqiang auf die sich stetig verschlechternde Menschenrechtssituation in China anzusprechen und konkrete Schritte der chinesischen Regierung zu Verbesserungen einzufordern. Die Organisationen weisen insbesondere auf die systematisch verstärkte Repression und Kontrolle seit Amtsantritt von Staatspräsident Xi Jinping hin - sei es durch menschenrechtswidrige Gesetze, durch die Anwendung von Folter, Inhaftierung und Verfolgung von Andersdenkenden, Aktivisten und Journalisten oder durch verschärfte Repressionen in Tibet und Xinjiang.
Menschenrechte müssen grundsätzlich ein zentraler Aspekt aller bilateralen Beziehungen sein, also auch im deutsch-chinesischen Verhältnis; sie dürfen nicht hinter handels- und wirtschaftspolitischen Fragen zurückstehen.
Die Volksrepublik China bekennt sich offiziell zu den Menschenrechten und hat sich mit der Unterzeichnung und der Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, wie zum Beispiel der UN-Antifolterkonvention, zu deren Einhaltung verpflichtet. Die drei Organisationen haben wiederholt dokumentiert, dass die chinesische Regierung ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, sondern für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist:
Menschenrechtsverteidiger und Anwälte:
Wer sich in China für Menschenrechte einsetzt, ist massiv bedroht,
selber Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden.
Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsanwälte müssen mit
Drangsalierungen und willkürlicher Inhaftierung rechnen. Sie werden
verhört, schikaniert oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die
chinesischen Behörden haben im Juli 2015 eine Kampagne gestartet, in
deren Verlauf mindestens 248 Anwälte oder deren Unterstützer
festgenommen oder inhaftiert wurden.
Folter und Todesstrafe:
Folter und andere Misshandlungen durch Behörden sind in China nach wie
vor weit verbreitet. Unabhängige Untersuchungen von Foltervorwürfen
gibt es nicht. Die für Folter verantwortlichen Personen können
weiterhin davon ausgehen, nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Auch wenn die Regierung den Anwendungsbereich der Todesstrafe
eingeschränkt hat, werden in China Jahr für Jahr Tausende Menschen
hingerichtet.
Meinungs- und Pressefreiheit:
Chinas Medien unterliegen einer strengen Zensur. Das
Propagandaministerium verschickt täglich Direktiven, mit denen die
Berichterstattung gesteuert wird. Über zahlreiche Themen, wie etwa die
Selbstverbrennungen von Tibetern und das Massaker am Platz des
Himmlischen Friedens vom 4. Juni 1989, darf überhaupt nicht berichtet
werden. Momentan sitzen mindestens 21 Journalisten sowie 82
Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit in Haft.
Tibeter und Uiguren:
Die menschenrechtliche und politische Situation in Tibet und in
Xinjiang steht unter dem Eindruck einer repressiven chinesischen
Politik, die unter Staatspräsident Xi Jinping noch rigider gehandhabt
wird. Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind umfassend
eingeschränkt und gegen Kritik an der Regierung wird mit aller Härte
vorgegangen. Im Laufe des Jahres 2017 zündeten sich mindestens vier
Tibeter aus Protest selbst an. Die Zahl der bekannt gewordenen
Selbstverbrennungen seit Februar 2009 erhöhte sich damit auf 150.
Repressive Gesetzgebung:
Seit 2015 hat die chinesische Regierung weitere Gesetze zur nationalen
Sicherheit verabschiedet und damit weitere Möglichkeiten zur
Einschränkung der Menschenrechte geschaffen. Hierzu zählen das
Anti-Terror-Gesetz (2015), das Gesetz zur Nationalen Sicherheit
(2015), das Gesetz zu ausländischen NGOs (2016) sowie das Gesetz zu
Cybersicherheit (2016). Außerdem wurde im vergangenen Jahr ein Entwurf
für neue Rechtsvorschriften zu Religionsangelegenheiten bekannt, der
zu weiteren Einschränkungen bei der Religionsfreiheit führen würde.
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AMNESTY INTERNATIONAL ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. Amnesty kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit drei Millionen Unterstützer. 1977 erhielt Amnesty den Friedensnobelpreis.
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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 31. Mai 2017
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2017
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