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MELDUNG/026: Libyen - Willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen und Folter


Amesty International - 14. Oktober 2011

Libyen: Willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen und Folter


14. Oktober 2011 - Amnesty International fordert den Nationalen Übergangsrat in Libyen dazu auf, willkürliche Verhaftungen und die Misshandlung von Gefangenen zu unterbinden.

In dem neuesten Bericht "Detention Abuses Staining the new Libya" dokumentiert Amnesty International die weite Verbreitung von Schlägen und Misshandlungen sowie auch einige Fällen klarer Folter an gefangenen Soldaten, Unterstützern und vermeintlichen Söldnern von Mu'mmar al-Gaddafi im Westen des Landes.

"Willkürliche Haft und Folter, Kennzeichen der Gaddafi Herrschaft, dürfen sich auf keinen Fall wiederholen. Auch wenn die Verantwortlichen im Übergangsrat vor großen Herausforderungen stehen, müssen sie einen klaren Schlussstrich unter die Praktiken der Vergangenheit setzen. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Misshandlung von Gefangenen in einem neuen Libyen toleriert wird," sagte Hassiba Hadj Sahraoui, stellvertretende Direktorin der Abteilung Naher und Mittlerer Osten und Nordafrika bei Amnesty International. Mit Fäusten, Stöcken, Gewehren, Gürteln und Kabeln geschlagen

Seit Ende August haben bewaffnete Milizen in Tripolis und al-Zawiya ungefähr 2.500 Personen festgenommen und inhaftiert. Fast immer geschah dies ohne Haftbefehl und meist ohne die Einbindung der Staatsanwaltschaft oder der Justizbehörden. Amnesty International befragte von August bis September 2011 etwa 300 inhaftierte Personen. Keiner der Personen wurde irgendeine Art von Haftbefehl vorgezeigt und viele von ihnen wurde gewissermaßen von Unbekannten von zu Hause entführt. Zwei Wärter aus unterschiedlichen Hafteinrichtungen gaben vor Amnesty International zu, Gefangene geschlagen zu haben, um "Geständnisse" zu erzwingen.

Besonders bei Beginn der Haft scheinen die Gefangenen geschlagen und misshandelt worden zu sein. Ein 17-jähriger aus dem Tschad erzählte Amnesty, man habe ihn für einen Söldner gehalten und der Vergewaltigung beschuldigt. Bewaffnete Männer hätten ihn aus seinem Haus geholt, in eine Schule gebracht und ihn mit Fäusten, Stöcken, Gewehren, Gürteln und Kabeln geschlagen. "Die Schläge waren so schlimm, dass ich ihnen am Ende alles gesagt habe, was sie hören wollten. Ich sagte, ich hätte Frauen vergewaltigt und Libyer getötet." "Öffentlichen Bekundungen müssen Taten folgen"

Ein Drittel bis die Hälfte der Gefangenen stammen aus der Sub-Sahara-Region. Sie sind, ebenso wie dunkelhäutige Libyer, besonders gefährdet, Opfer von Willkürakten zu werden, da man sie verdächtigt, als bezahlte Söldner auf Seiten Gaddafis gekämpft zu haben.

Amnesty International appelliert an den Übergangsrat, alle Haftzentren der Kontrolle der Justizbehörden zu unterstellen, und den Gefangenen die Möglichkeit zu geben, die Rechtmäßigkeit ihrer Haft überprüfen zu lassen.

Der Rat ist bei Gesprächen mit Amnesty International im September auf die Bedenken bezüglich willkürlicher Haft und Misshandlung von Gefangenen eingegangen. Es wurde versprochen, die bewaffneten Milizen besser in den Griff zu bekommen und sicherzustellen, dass alle Gefangenen gleichen Rechtsschutz erhalten.

"Aber den öffentlichen Bekundungen müssen dringend Taten folgen", forderte Hassiba Hadj Sahraoui, "damit solche Misshandlungen nicht zur Regel werden, und die Menschenrechtsbilanz des neuen Libyen nicht beschädigen


Den vollständigen Bericht können Sie nachlesen unter:
http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/report/new-libya-'stained'-detainee-abuse-2011-10-13


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Quelle:
Amnesty International
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2011