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MELDUNG/182: Zusagen der Syrien-Geberkonferenz umsetzen


Amnesty International - Mitteilung vom 4. Februar 2016

Zusagen der Syrien-Geberkonferenz umsetzen!


04. Februar 2016 - Ein internationales Bündnis aus mehr als 30 Nichtregierungsorganisationen begrüßt die ehrgeizigen Zusagen der Teilnehmer an der Geberkonferenz in London, die humanitäre Hilfe für Syrien und die Region aufzustocken und auszuweiten. Kritisiert wurde jedoch, dass die insgesamt für 2016 zugesagten Mittel immer noch gut 2,5 Milliarden Euro hinter dem zurückbleiben, was unmittelbar erforderlich ist.

Die NGOs, darunter auch Amnesty International sowie Oxfam, Sawa for Development and Aid und Islamic Relief, lobten die Großzügigkeit einiger Länder und appellierten an andere, ebenfalls einen fairen Beitrag zu leisten. Sie warnten zudem, dass viele Syrerinnen und Syrer weiterhin unter unerträglichen Bedingungen leben müssten, wenn sie nicht innerhalb und außerhalb des Landes besser geschützt würden und wenn der Gewalt in Syrien nicht unverzüglich ein Ende gesetzt werde.

"Selbstverständlich begrüßen wir die zugesagten Mittel, doch alles Geld der Welt kann schlafende Kinder nicht vor Fassbomben beschützen. Wir müssen energisch handeln, um der wahllosen Bombardierung der syrischen Bevölkerung ein Ende zu setzen, um belagerte Bevölkerungsgruppen vor dem Hungertod zu schützen, und um denjenigen Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und Unterkünften zu gewähren, die derzeit durch Gewalt oder bürokratische Hürden daran gehindert werden. Wir appellieren an alle Beteiligten, ihren Einfluss geltend zu machen und gemeinsam diplomatischen Druck auf alle Konfliktparteien auszuüben, um sie zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der bindenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu bewegen", so Raed al-Saleh, Leiter der gemeinnützigen Organisation Syria Civil Defence, auch bekannt als die "Weißhelme" (White Helmets).

Die Organisationen würdigten die Tatsache, dass die Konferenzteilnehmer die seitens aller Konfliktparteien begangenen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verurteilten, mahnten jedoch zugleich, dass eine solche Verurteilung alleine keinen Trost für die syrische Zivilbevölkerung darstelle, deren Leben in Syrien Tag für Tag von Angst und Entbehrungen geprägt sei. Die Aufstockung der humanitären Hilfe müsse einhergehen mit Bemühungen für eine ganzheitliche Lösung, die an den Konfliktursachen ansetzt, und mit der Bereitstellung sicherer und legaler Zugangswege für Flüchtlinge, um eine Neuansiedlung außerhalb der Region zu ermöglichen.

"Die zugesagten Mittel werden dazu beitragen, das Elend von Millionen von Syrerinnen und Syrern zu lindern, die aufgrund des Konflikts aus ihrem Land vertrieben wurden oder Binnenvertriebene im eigenen Land sind. Es muss jedoch noch mehr unternommen werden, um die Belagerungen zu beenden und sicherzustellen, dass humanitäre Hilfsorganisationen Zugang zu allen Landesteilen erhalten. Darüber hinaus bleibt der zugesagte Gesamtbetrag hinter dem zurück, was unmittelbar erforderlich ist", so Salma Kahale, Geschäftsführerin der syrischen Organisation Dawlaty.

Die drei Länder, die die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, sind Jordanien, die Türkei und der Libanon. Sie haben zugesagt, Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und Verbesserungen der Regulierungslandschaft und des Investitionsklimas vorzunehmen.

"Die Schaffung von einer Million Arbeitsplätzen könnte die Lage sowohl für syrische Flüchtlinge als auch für die Aufnahmeländer verbessern. Arbeitsgenehmigungen müssen leicht zugänglich und erschwinglich sein. Dies ist eine langfristige Krise und wir müssen neben finanzieller Nothilfe auch dafür sorgen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden und die Arbeitsmöglichkeiten angemessen und nicht ausbeuterisch sind. Denn klar ist, dass die Prävalenz von Kinderheirat, sexueller Ausbeutung und Kinderarbeit in Flüchtlingsfamilien ohne Einkommen besonders hoch ist", so Laurie Lee, Geschäftsführer von Care International UK.

Die NGOs begrüßten die Selbstverpflichtung der Regierungen, dafür zu sorgen, dass spätestens im Schuljahr 2016/2017 alle syrischen Flüchtlinge und Kinder in den jeweiligen Aufnahmeländern Zugang zu sicheren und hochwertigen Bildungsmöglichkeiten haben.

"Die angekündigten neuen Finanzmittel sind nicht unerheblich und sollen über mehrere Jahre hinweg bereitgestellt werden. Dies wird maßgeblich dazu beitragen, Millionen von Kindern die Wiederaufnahme ihrer Schulbildung zu ermöglichen - obgleich die nötigen Details dieser Maßnahmen noch bekannt gemacht werden müssen. Kinder aus Syrien mussten schon zu lange auf ihr Recht auf Bildung verzichten, deshalb freuen wir uns, sie wieder zur Schule schicken zu können. Doch die internationale Gemeinschaft muss noch mehr dafür tun, Bildungsmöglichkeiten innerhalb Syriens sicherzustellen. 2,1 Millionen Kinder können dort derzeit nicht zur Schule gehen, und Schulen werden regelmäßig besetzt, beschädigt oder zerstört", so Tove Wang, Geschäftsführerin von Save the Children in Norwegen.

Das NGO-Bündnis fordert im Nachgang der Konferenz solide und transparente Kontrollmechanismen zur Überwachung der Umsetzung der Zusagen aus London, um sicherzustellen, dass ihnen konkrete und gut abgestimmte Maßnahmen folgen.

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Quelle:
Mitteilung vom 4. Februar 2016
http://www.amnesty.de/2016/2/4/ngos-fordern-zusagen-der-syrien-geberkonferenz-umsetzen?destination=node%2F2817
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2016

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