Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

MELDUNG/091: Wolfgang Grenz geht in den Ruhestand (ai journal)


amnesty journal 04/05/2013 - Das Magazin für die Menschenrechte

Zum Abschied von Wolfgang Grenz



Ein Ereignis, das man zwar lange kommen sah, aber doch nicht glauben kann, wenn es eintritt: Wolfgang Grenz geht in den Ruhestand.

Man kann es zum einen nicht recht glauben, weil er gefühlt schon immer bei Amnesty ist: Seit 1979 als Referent für Asylrechtsfragen, als Abteilungsleiter, als stellvertretender Generalsekretär und dann als Generalsekretär. Genügend Zeit und Grund, sich mit Gesprächspartnern und Gegnern zu überwerfen oder die Geduld und die Hoffnung zu verlieren angesichts ausbleibender Erfolge oder von Rückschlägen, wie z.B. dem bundesdeutschen Asylkompromiss 1993 oder auf internationaler Ebene den Anschlägen vom 11. September 2001.

All das hat Wolfgang nicht getan, im Gegenteil. Auch wenn es genauso ungerecht wie im Fußball zugeht, wo "auch immer die Falschen gewinnen", wie er meint. In der "Szene" ist die Meinung über Wolfgang einhellig: der "integerste Mensch in der deutschen Asylszene", sagt ein Mitarbeiter von Pro Asyl über ihn. Auch Pressezuschreibungen wie "stille Insel" oder "Fels in der Brandung" zeigen, welch hohen Respekt er sich in den langen Jahren erworben hat.

Die Beschreibungen kennzeichnen ihn nicht nur in Bezug auf seine Arbeit, sondern auch als Person. Er fällt nicht nur äußerlich durch seine Größe auf, sondern auch durch seinen Charakter, der sich in stiller Beharrlichkeit nicht hat entmutigen lassen durch all das Elend. Seine Reaktion bestand nicht in Verzweiflung oder Zynismus - was durchaus typische Amnesty-Reflexe sein können.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, die Nachricht vom Ruhestand nicht zu glauben. Auch wenn er selbst sagt, er freue sich darauf, mehr Zeit für Fußball zu haben - ob für den Berliner SC oder für seinen eigentlichen Lieblingsverein Fortuna Köln - und mehr mit seiner Schäferhündin spazieren zu gehen, so völlig ruhig wird die Zeit nicht werden. Seine Lebensthemen liegen ihm viel zu sehr am Herzen, als dass er sie ganz liegen lassen würde. Der gesellschaftlichen Diskussion über ein höheres Renteneintrittsalter oder über die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben ist Wolfgang jedenfalls weit voraus.

Eine Organisation wie Amnesty International hat für all diese Leistung naturgemäß kaum mehr zu bieten als ein herzliches Dankeschön. Das aber meinen wir ernst, auch wenn hier die Sprachlosigkeit noch viel größer ist als bei der Beschreibung von Wolfgangs Bedeutung für Amnesty.

Vielleicht fällt ihm bei seinen Hunde-Spaziergängen auch der eine oder andere Erfolg seines Wirkens ein, vielleicht freut ihn das weitere ehrenamtliche Engagement. Und wir möchten ihm zurufen: Wie auch immer du für dich Bilanz ziehst - es war toll! Außer dem herzlichen Dankeschön begleiten dich all unsere guten Wünsche, unsere Anerkennung und unser Respekt!

Deshalb freuen wir uns auch sehr, dass Wolfgang uns weiterhin als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Menschenrechte erhalten bleiben wird.


Der Vorstand von Amnesty International Deutschland
Alexander Hülle, Benjamin Titze, Roland Vogel, Ingrid Bausch-Gall, Larissa Probst, Inga Morgenstern, Oliver Hendrich

*

Quelle:
amnesty journal, April/Mai 2013, S. 62
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de
 
Das amnesty journal erscheint monatlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Nichtmitglieder können das amnesty journal für
30 Euro pro Jahr abonnieren.
Ein Einzelheft kostet 4,80 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2013