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AFRIKA/226: Südsudan - Gewalt schürt Hungersnot


Presseerklärung vom 23. April 2010

60.000 Südsudanesen fliehen vor Kämpfen

Gewalt im Südsudan schürt Hungersnot


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Freitag vor einer Hungersnot im Südsudan gewarnt. "Mehr als vier Millionen Menschen sind im Südsudan von internationaler Nahrungsmittelhilfe abhängig", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Die Zahl der Hilfsbedürftigen hat sich innerhalb eines Jahres vervierfacht. Schuld daran ist vor allem die stark zunehmende Zahl ethnischer, sozialer und bewaffneter Auseinandersetzungen." Wurden im Süden des Sudan 70 Kämpfe im gesamten Jahr 2009 registriert, so kam es seit Januar 2010 bereits zu 102 gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen. Dabei starben 450 Südsudanesen, rund 60.000 Menschen mussten fliehen.

Die Gewalt eskaliert seit Beginn des Jahres 2009 im Südsudan. Mehr als 2.500 Menschen fielen den Auseinandersetzungen im vergangenen Jahr zum Opfer. "In sieben der zehn Bundesstaaten im autonomen Südsudan ist die Sicherheitslage äußerst angespannt", sagte Delius. Aufgrund der Kämpfe kommen viele Bauern nicht mehr zum Säen und Ernten auf ihre Felder, so dass der Hunger weiter zunimmt. In vielen Regionen brach die Nahrungsmittelproduktion 2009 um bis zu 40 Prozent ein. Besonders kritisch ist die Lage in den Bundesstaaten Equatoria und Jonglei.

Die ethnischen Konflikte werden durch die zunehmende Armut in den ländlichen Regionen geschürt. Der Südsudan leidet unter massiven Einnahmeverlusten, da die Erlöse aus dem Verkauf des in der Region geförderten Erdöls sinken. Viel Geld wird von der südsudanesischen Regierung auch für die Ausrüstung ihrer Soldaten aufgewendet, da ein neuer Krieg mit dem Nordsudan befürchtet wird. Neun von zehn Südsudanesen leben von weniger als einem Euro pro Tag. Aber auch Machtmissbrauch der im Südsudan herrschenden SPLA/SPLM sowie die starke Dominanz der Volksgruppe der Dinka in allen Führungspositionen der öffentlichen Verwaltung, Polizei und Armee heizen Kritik und Widerstand von kleineren ethnischen Gruppen an.

Erschwerend hinzu kommt die hohe Zahl von mindestens zwei Millionen Kleinwaffen, die nach 38 Jahren Krieg und Völkermord noch immer in der Region verbreitet sind und von Milizen, Soldaten und Zivilisten willkürlich eingesetzt werden, um eigene Interessen durchzusetzen. So starben Anfang März 2010 im Staat Warap 15 Zivilisten und drei Soldaten der ehemaligen südsudanesischen Freiheitsbewegung SPLA, nachdem sich ein Junge geweigert hatte, einem SPLA-Kämpfer einen Eimer Milch auszuhändigen. Weil der Soldat ihn niederschoss, kam es zu mehrtägigen Kämpfen, bei denen 1.440 Häuser und vier Schulen zerstört wurden. Mehr als 8.000 Menschen flohen vor der Gewalt.

"Dringend notwendig wäre ein besserer Schutz der Zivilbevölkerung vor Übergriffen von Milizen und Soldaten", sagte Delius. Doch die SPLA ist weder zum Schutz der Zivilbevölkerung ausgebildet noch wird sie ausreichend bezahlt. Außerdem mangelt es ihr an Disziplin.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 23. April 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2010