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AFRIKA/332: Äthiopien - Landraub unterminiert Kampf gegen den Hunger


Presseerklärung vom 11. Mai 2012

Kritik an Teilnahme des äthiopischen Ministerpräsidenten am G-8-Gipfel in Camp David (18./19.5.)

Kampf gegen den Hunger? Staatlich geförderter Landraub in Äthiopien gefährdet Nahrungsgrundlagen der Kleinbauern!



Auf scharfe Kritik ist die Teilnahme des äthiopischen Ministerpräsidenten Meles Zenawi am G-8-Gipfel in Camp David bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gestoßen. US-Präsident Barack Obama hat Zenawi zu dem Treffen eingeladen. "Wenn Obama mit Äthiopiens Regierungschef über den Kampf gegen Hunger in Afrika reden will, macht er den Bock zum Gärtner", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Denn der staatlich geförderte Landraub zerstört in Äthiopien die Existenz zehntausender Kleinbauern und vieler Ureinwohner. Statt Hunger wirksam zu bekämpfen, wird neue Abhängigkeit geschaffen."

Eine Fläche von der Größe der Niederlande stehe für ausländische Agrar-Investoren bereit, hatte Zenawi erst am vergangenen Mittwoch erklärt. "Doch dieses Land ist nicht herrenlos, sondern ist die Lebensgrundlage von mehr als 100.000 Ureinwohnern Äthiopiens", widersprach Delius. "Zenawis Politik ist weder beispielhaft im Kampf gegen Hunger, noch steht sie für gute Regierungsführung. Es ist keine gute Botschaft für Afrika und die Welt, so ein Willkürregime im Kreis der bedeutendsten Industrieländer zu hofieren."

Mehr als 40.000 Quadratkilometer "fruchtbares und ungenutztes" Land stehen für neue Großfarmen ausländischer Geldgeber bereit, hatte der äthiopische Regierungschef auf einer Konferenz für ausländische Investoren in Addis Abeba versichert. Bislang werden von Investoren rund 3.000 Quadratkilometer Agrarfläche bewirtschaftet. Als größter Investor gilt der indische Konzern Karaturi Global Limited, einer der größten Rosen-Anbauer der Welt. Für seine 1.000 Quadratkilometer große Plantage müssen rund 60.000 Anuak-Ureinwohner ihr angestammtes Land in der Region Gambella im Südwesten des Landes verlassen. Kritiker werfen der Regierung vor, das Land an ausländische Investoren unter Wert zu verschleudern. So müssen manche Firmen nur 90 Cents Pacht im Jahr pro Hektar Land zahlen.

"Zenawis Regime schürt nicht nur den Landraub, sondern macht auch gnadenlos jeden mundtot, der Willkür und Menschenrechtsverletzungen anprangert", kritisierte Delius. So wird heute in einem Unrechtsprozess gegen den prominenten Blogger Eskinder Nega das Urteil erwartet. Dem international für seine Arbeit ausgezeichneten Journalisten droht die Todesstrafe. Sein Verbrechen: Er kritisierte, dass das Antiterror-Gesetz missbraucht wird, um kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen. Offiziell ist er wegen Unterstützung von Terrorismus angeklagt. Es ist bereits das sechste Mal, dass der Journalist aus politischen Gründen verhaftet wurde. Als eine Zeitung es wagte, sein Plädoyer vor Gericht abzudrucken, wurde ihr Herausgeber im Mai 2012 zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten Haft verurteilt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 11. Mai 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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E-Mail: presse@gfbv.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2012