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AFRIKA/357: Wüstenkrieg in Mali - Kämpfen ohne Plan


Presseerklärung vom 14. Januar 2013

Wüstenkrieg in Mali

Kämpfen ohne Plan



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Vorlage eines realistischen Planes für die langfristige Stabilisierung Nord-Malis angemahnt. "Frankreichs militärische Intervention mag notwendig gewesen sein, um ein weiteres Vordringen radikal-islamischer Bewegungen zu verhindern. Ohne einen glaubwürdigen Plan für die dauerhafte Zurückdrängung radikaler Islamisten, bleiben aber alle nun erreichten militärischen Erfolge nur trügerisches Stückwerk", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Denn die Islamisten werden ihre alte Taktik anwenden und sich schnell aus den wenigen dort bestehenden Städten zurückziehen, um sich im Schutz von Bergmassiven und Höhlen neu zu formieren. Wer glaubt, dann wäre Nord-Mali stabilisiert, irrt." Dies wäre nur ein Pyrrhus-Sieg, der weder die mehr als 400.000 Flüchtlinge zur Rückkehr bewegen würde, noch langfristig die Probleme Nord-Malis löse.

Frankreich hat mit seinem überstürzten Eingreifen am letzten Freitag zwar nun Fakten geschaffen und die Gegenoffensive eingeleitet. "Doch trotz allem Aktionismus bleibt noch immer offen, wer diese Offensive mit welchem Ziel und welchen Mitteln führen soll", kritisierte Delius. So löste die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, im Dezember 2012 eine diplomatische Krise zwischen Washington und Paris aus, als sie den von Frankreich und der ECOWAS vorgelegten Interventionsplan als vollkommen unzureichend bezeichnete. Auch der Kommandierende der US-Streitkräfte in Afrika (AFRICOM), General Carter Ham, bekräftigte bei einem Besuch im benachbarten Niger am letzten Freitag, dass es eines sehr genauen und gut ausgearbeiteten Planes bedürfe, um erfolgreich in Mali zu intervenieren.

"Das Fehlen eines realistischen Gesamtkonzeptes gilt genauso auch für die europäische Ausbildungsmission für Malis Militär", sagte Delius. Sie soll im Februar beginnen und an ihr wird auch Deutschland beteiligt sein. Auch diese Mission wirft mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. So ist unklar, wie Malis desolate Armee wirksam stabilisiert werden soll, wie Befehlsstrukturen vereinheitlicht werden sollen, wie Milizen wirksam eingebunden werden und wie dafür gesorgt wird, dass Malis neu ausgebildete Soldaten auch Menschenrechte beachten. Denn auch Malis Truppen haben seit Beginn des Bürgerkriegs im Januar 2012 die Zivilbevölkerung nicht geschont und Übergriffe begangen.

Vor allem bleibt jedoch unklar, ob Nord-Mali zukünftig mehr Autonomie von der Regierung in Bamako eingeräumt wird, wie von Tuareg seit Jahren gefordert wird. "Ohne solche Konzessionen dürfte es schwierig sein, Nord-Mali langfristig zu stabilisieren", warnte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 14. Januar 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2013