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AFRIKA/508: Bundestag berät über Verlängerung des Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr in Mali


Presseerklärung vom 5. Februar 2015

Bundestag berät über Verlängerung des Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr in Mali (5.2.)

- Ertüchtigungsstrategie greift in Mali zu kurz
- Politisches Gesamtkonzept fehlt
- Sicherheitslage wird immer prekärer



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die geplante Verlängerung des Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr in Mali kritisiert. "Ohne ein politisches Gesamtkonzept für Frieden und Stabilität in Nord-Mali bleibt die Ausbildungsmission Flickschusterei", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Dem Einsatz mangelt es an Effektivität und an einer Grundabstimmung der politischen und militärischen Ziele. Auch hat sich die Sicherheitslage in Nord-Mali trotz des ausländischen militärischen Engagements seit Januar 2015 dramatisch verschlechtert. Das Beispiel Mali zeigt, dass die Ertüchtigungsstrategie kein Allheilmittel ist, um Krisenregionen in Afrika zu stabilisieren. Wenn Deutschland Sicherheit in Nord-Mali stärker wirksam fördern will, dann muss es sich auch bei den Friedensverhandlungen zwischen Tuareg-Rebellen und der Regierung Malis engagierter für eine politische Lösung des Konflikts einsetzen."

Am heutigen Donnerstag wird der Bundestag über die Verlängerung der Ausbildungsmission EUTM Mali um weitere 15 Monate entscheiden. Das Bundeskabinett hat den weiteren Einsatz bereits in der letzten Woche beschlossen. "Der im Bundestag eingebrachte Antrag der Bundesregierung blendet viele Probleme des Bundeswehreinsatzes aus", erklärte Delius. So wird mit keinem Wort erwähnt, dass der bedeutendste Einsatz der von deutschen Soldaten ausgebildeten malischen Einheiten im Mai 2014 in Nord-Mali in einem Fiasko endete, bei dem mehr als 50 Menschen starben und 48 verletzt wurden. Das Debakel erschütterte massiv das Selbstverständnis und Ansehen der Armee Malis.

"Trotz des Ausbildungseinsatzes ist die Armee Malis mit dem Kampf gegen islamistische Extremisten noch immer vollkommen überfordert", sagte Delius. Die Angriffe islamistischer Gruppen haben seit Jahresbeginn massiv zugenommen. Mindestens 30 Menschen kamen allein im Januar 2015 bei 13 Überfällen und bewaffneten Auseinandersetzungen zu Tode. "In Nord-Mali gibt es keinen nachhaltigen Frieden. Ohne die Präsenz französischer Soldaten und von MINUSMA-Friedenstruppen würden islamistische Kämpfer wieder die großen Städte kontrollieren. Angesichts der mangelnden Effektivität der regulären Streitkräfte wird deutlich, dass Mali nicht nur einen Ausbildungseinsatz der Bundeswehr braucht, sondern eine umfassende Reform des Sicherheitssektors."

Während die internationale Gemeinschaft mit ihrem militärischen Engagement das Land im Kampf gegen islamistischen Terror stärken will, sucht Malis Regierung vor allem nach mehr militärischer Stärke, um den Aufstand von Tuareg-Rebellen einzudämmen. Eine nachhaltige Lösung der Tuareg-Frage gibt es aber nur auf dem Verhandlungsweg. Die im Juli 2014 in Algier begonnenen Friedensverhandlungen mit Tuareg-Aufständischen stocken allerdings seit Monaten. "Es gibt wenig Perspektive für eine friedliche Lösung der Krise in Nord-Mali", erklärte Delius. Denn Malis Regierung ist nicht bereit, Nord-Mali mehr Autonomie einzuräumen, sondern will nur eine Dezentralisierung des Landes fördern. "Ein dauerhafter Frieden mit den Tuareg und anderen im Norden des Landes lebenden Bevölkerungsgruppen ist jedoch die Grundvoraussetzung, um den wieder wachsenden Einfluss radikaler Islamisten wirksam einzudämmen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. Februar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2015


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