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ASIEN/259: Indonesien und Osttimor bedauern Gewalttaten in Osttimor 1999


Presseerklärung vom 15. Juli 2008

Indonesien und Osttimor bedauern Gewalttaten in Osttimor 1999

Erster Schritt zur Aussöhnung, aber keine Gerechtigkeit für die Opfer der Gewalt


Der gemeinsame Bericht der Wahrheitskommission von Indonesien und Osttimor über die Gewalt in Osttimor 1999 ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ein erster Schritt zur Aussöhnung. "Doch den Bemühungen um Gerechtigkeit für die Opfer von Massakern, Vertreibung und Morden ist mit dem heute vorgelegten Bericht wenig geholfen, da beide Staaten kein Interesse an einer weiteren Strafverfolgung Verantwortlicher zeigen", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Es sei bedauerlich, dass Indonesien und Osttimor in den letzten Wochen deutlich gemacht hätten, dass sie eine Amnestie für alle Täter befürworteten, obwohl dies in dem Report nicht ausdrücklich empfohlen werde.

Es wäre wünschenswert gewesen, dass Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono nicht nur sein Bedauern über die im Namen seines Landes begangenen Morde, Vergewaltigungen und Folterungen erklärt, sondern sich auch offiziell dafür entschuldigt, sagte Delius. "Enttäuschend ist auch, dass in dem Bericht die Namen der Verantwortlichen für die Verbrechen nicht genannt werden." Bislang sei nur ein Führer einer pro-indonesischen Miliz von einem indonesischen Gericht zu zehn Jahren Haft für die Tötung von zwölf Menschen verurteilt worden. Nach nur zwei Jahren Gefängnisaufenthalt sei dieser Eurico Guterres jedoch bereits im April 2008 wieder freigelassen worden. Alle anderen Angeklagten seien von indonesischen Gerichten freigesprochen worden.

Die Angehörigen von 1.400 Ermordeten und mehreren zehntausend Vertriebenen Osttimoresen warteten bis heute vergeblich auf Gerechtigkeit. Sie seien Opfer einer Gewaltorgie pro-indonesischer Milizen geworden, die mit Unterstützung indonesischer Sicherheitskräfte 1999 mit allen Mitteln versuchten, ein von den Vereinten Nationen überwachtes Referendum über die Unabhängigkeit der indonesisch besetzen Insel Osttimor zu verhindern.

Führende indonesische Politiker hätten sich bis heute erfolgreich einer Aufarbeitung der Gewalttaten durch internationale Gerichte widersetzt. Angesichts des enormen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einflusses Indonesiens, nehme Osttimors Regierung Rücksicht auf den übermächtigen Nachbarn. "Doch ohne eine rückhaltlose Aufklärung der Verbrechen und ohne eine Bestrafung der Verantwortlichen wird eine tatsächliche Aussöhnung zwischen Osttimoresen und Indonesiern kaum möglich sein", warnte Delius. Daran könne auch die heutige für das bilaterale Verhältnis beider Staaten wichtige Zeremonie auf Bali, bei der beide Staatschefs ihr Bedauern über die Gewalttaten erklärten, nichts ändern.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 15. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2008