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ASIEN/260: Iranischer Geheimdienst ermordet kurdischen Schriftsteller


Presseerklärung vom 17. Juli 2008

Iranischer Geheimdienst ermordet kurdischen Schriftsteller und inhaftiert kurdischen Regimekritiker


Im Vorfeld der Genfer Gespräche über Teherans umstrittenes Atom-Programm erreichen die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) beunruhigende Nachrichten aus dem Iran. Die Menschenrechtsorganisation teilte am Donnerstag mit, dass der kurdische Schriftsteller Gharib Hassani vom iranischen Geheimdienst ermordet und der kurdische Publizist und Gesellschaftskritiker Kamal Sharif verschleppt wurde. Die GfbV befürchtet, dass er im Gewahrsam der Sicherheitskräfte schwer gefoltert wird.

Die beiden kurdischen Intellektuellen waren aus dem benachbarten autonomen Bundesstaat Irakisch-Kurdistan in das Kurdengebiet des Iran gereist, um ihre Familien zu besuchen und sich persönlich ein Bild von der Lage ihrer Landsleute zu machen. Bereits am 25. Juni wurden sie in der Stadt Saghez etwa 500 Kilometer westlich von Teheran in der Wohnung eines befreundeten Buchhändlers vom iranischen Geheimdienst aufgespürt..

Nach Angaben der Mitarbeiter des GfbV-Büros in Arbil, der Hauptstadt Irakisch-Kurdistans, wartet die Familie des Ermordeten bis heute vergeblich auf die Herausgabe des Leichnams. Der verschleppte Sharif wurde inzwischen zu "genaueren" Verhören in die etwa 100 Kilometer weiter südlich gelegene Provinzhauptstadt Sanandaj gebracht.

Im Vielvölkerstaat Iran leben neben Persern auch Aseri, Kurden, Araber, Belutschen, Turkmenen, Assyro-Aramäer sowie andere kleinere ethnische und religiöse Minderheiten. Die nichtpersischen Nationalitäten stellen weit mehr als die Hälfte der rund 75 Millionen Staatsbürger des Iran. Als eigenständige Völker mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte werden sie nicht anerkannt, sondern im Iran bewusst als "ethnische Gruppen" bezeichnet. Sie alle leiden unter Unterdrückung und Diskriminierung.

Das Siedlungsgebiet der Kurden im Iran umfasst die vier Provinzen Kermanshah, Ilam, Westaserbaidschan sowie Kurdistan im Westen des Landes und hat mit seinen zehn Millionen Einwohnern eine Gesamtfläche von ca. 125.000 km2 . Beinahe 98% der Kurden im Iran bekennen sich zum Islam. 75% von ihnen sind Sunniten, 25% Schiiten. Menschenrechte, Demokratie und regionale Selbstverwaltung für die Kurden in einem demokratischen föderalen Iran - das ist das erklärte Ziel der kurdischen politischen Parteien im Iran.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen / Arbil, 17. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2008