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ASIEN/432: Zwei neue Selbstverbrennungen in Tibet


Presseerklärung vom 19. April 2012

Zwei neue Selbstverbrennungen in Tibet

- Bundeskanzlerin soll Selbsttötungen in Tibet mit Chinas Ministerpräsidenten besprechen
- Merkel und Wen Jiabao eröffnen Industriemesse in Hannover



Erneut haben am Donnerstagmittag zwei Tibeter in der Provinz Sichuan in der Volksrepublik China versucht, sich selbst zu verbrennen. Die beiden Cousins Sonam und Choephag Kyab erlitten schwere Brandverletzungen, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen. Beide haben nur geringe Chancen, den Selbstmordversuch zu überleben.

Die GfbV hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gebeten, bei ihren Gesprächen mit Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao während der Eröffnung der Industriemesse in Hannover am kommenden Sonntag ihre tiefe Besorgnis über die zunehmende Zahl von Selbstverbrennungen von Tibetern zu äußern. Auch solle sie einen glaubwürdigen Dialog Chinas mit der tibetischen Exilregierung fordern. "Nur eine neue Tibet-Politik der chinesischen Regierung kann die Welle von Selbsttötungen von Tibetern stoppen", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.

"Die Selbstmorde sind Ausdruck tiefer Verzweiflung und müssen als ernsthafter Hilferuf wahrgenommen werden." Denn China hat die Verfolgung der Tibeter in den letzten Monaten massiv ausgeweitet. So wurden tibetische Schriftsteller, Blogger, Geschäftsleute, Schüler und Mönche willkürlich verhaftet und zu oft langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.

Chinas Behörden weigern sich bislang, die Ursachen der Welle von Selbsttötungen in Tibet ernsthaft und umfassend zu untersuchen. Stattdessen machen sie den Dalai Lama für die Selbstmorde verantwortlich und werfen ihm die Aufwiegelung seiner Landsleute vor. Ein Vorwurf, der vom bedeutendsten religiösen Würdenträger der Tibeter kategorisch zurückgewiesen wird.

Seit dem Jahr 2009 sind bereits 25 Tibeter bei Selbstverbrennungen gestorben. Zuletzt verstarb am 7. April der 22 Jahre alte Mönch Tenpa Darjey, der sich am 30. März 2012 aus Protest gegen Chinas Tibet-Politik in Brand gesetzt hatte. Ein weiterer Mönch, der 21 Jahre alte Chimey Palden, der ebenfalls am 30. März den Freitod gesucht hatte, erlag am 31. März seinen schweren Brandverletzungen. Insgesamt haben in den letzten zweieinhalb Jahren 30 Männer und fünf Frauen in Tibet aus politischen Gründen den Freitod in den Flammen gesucht. Bislang überlebten nur zehn Tibeter den Versuch der Selbstverbrennung.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 19. April 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2012