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ASIEN/645: Indien - Religionsfreiheit bedroht. Report dokumentiert Gewalt gegen Christen und Muslime


Presseerklärung vom 30. September 2015

Bundeskanzlerin Merkel soll sich bei Indien-Reise (4.-6.10.) für Glaubensfreiheit einsetzen

Neuer Menschenrechtsreport: Gewalt von Hindu-Nationalisten bedroht Religionsfreiheit in Indien


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, sich bei ihrer bevorstehenden Indien-Reise für Glaubensfreiheit und für ein Ende der Gewalttaten von Hindu-Nationalisten gegen Christen und Muslime einzusetzen.

In einem am Mittwoch veröffentlichten 45-seitigen neuen Menschenrechtsreport dokumentiert die GfbV 163 Übergriffe auf Christen und Muslime, die zwischen März und September 2015 verübt wurden. Seit Premierminister Narendra Modi im Mai 2014 die Macht übernommen hat, wurden mehr als 760 Gewalttaten gegen religiöse Minderheiten begangen. "Die Religionsfreiheit in Indien ist in akuter Gefahr. Premierminister Modi muss seinen dürftigen Lippenbekenntnissen zur Glaubensfreiheit endlich Taten folgen lassen, um den Frieden zwischen den Religionsgemeinschaften in Indien zu sichern und menschenrechtliche Grundstandards in Asiens größter Demokratie zu gewährleisten", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen.

In dem GfbV-Report wird dokumentiert, dass religiöse Minderheiten in Indien nicht diffuser Gewalt ausgesetzt sind, sondern Opfer gezielt geplanter Übergriffe Hindu-nationalistischer Organisationen werden, die eng mit der Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP) vernetzt sind. So muss sich Premierminister Modi zurechnen lassen, wenn führende Vertreter der mit der BJP vernetzten Hindu-Organisationen dazu aufrufen, alles dafür zu tun, damit es in Indien bis Ende des Jahres 2021 keine Christen und Muslime mehr gibt. Mit Anti-Konversionsgesetzen der Bundestaaten, der Hinduisierung des Schulsystems und immer neuen Verboten des Schlachtens von Rindern und des Fleischverkaufs werden die Rechte religiöser Minderheiten systematisch missachtet und ihr Bewegungsspielraum im gesellschaftlichen Leben immer kleiner.

Besonders besorgniserregend ist die massive Zunahme von Gewalttaten gegen Christen und Muslime in ländlichen Gebieten. So werden Priester oder Gläubige von Hindu-Nationalisten mit Äxten und Eisenstangen angegriffen und aus ihren Dörfern vertrieben. Muslimen werden Bärte oder Kopftücher heruntergerissen. Dutzende Christen wurden allein aufgrund ihres Glaubens aus ihrem Dorf ausgeschlossen, weil sie sich gegen eine Zwangskonversion zum Hinduismus wehrten. So umzingelten 600 Hindu-Aktivisten am 19. Juli 2015 in Nakhnool im Bundesstaat Rajasthan das Haus des Pastors Pratap Singh und zwangen ihn und seine Familie zum Hinduismus überzutreten. Hindu-Nationalisten behaupten, 33.974 Menschen im Jahr 2014 zum Hinduismus re-konvertiert zu haben.

Doch nicht nur die Gewalt gegen einzelne Christen und Muslime nimmt zu. In dem Report wird auch dokumentiert, dass Hetzparolen von Hindu-Nationalisten die Gewalt zwischen ganzen Gruppen religiöser Gemeinschaften schüren. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2015 nahm die Zahl solcher Massenkonflikte um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. "Wenn Premierminister Modi nicht die Hasstiraden von Hindu-Nationalisten eindämmt, drohen Indien noch mehr Gewalt und Unfrieden", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. September 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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