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ASIEN/655: China - Kommunistische Partei soll "stärkste Stimme im Internet" werden


Presseerklärung vom 8. Januar 2016

China: Kommunistische Partei soll "stärkste Stimme im Internet" werden

- Internetfreiheit für Uiguren wird weiter eingeschränkt
- Neues Gesetz macht Internet-Firmen zu Handlangern der Staatssicherheit


Mit tiefer Besorgnis hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf den Plan der chinesischen staatlichen Internetbehörde (CAC) reagiert, die Kommunistische Partei der Volksrepublik 2016 zur "stärksten Stimme" im Internet zu machen. Die Menschenrechtsorganisation warnte davor, dass internationale Internet-Firmen immer stärker zu Handlangern der chinesischen Staatssicherheit gemacht werden und sich durch Datenaustausch an der Unterdrückung der Meinungsfreiheit vor allem der uigurischen Bevölkerung im Nordwesten des Landes beteiligen müssen. "Dazu trägt auch ein neues Antiterror-Gesetz bei, das seit Anfang 2016 die Internetfreiheit der Uiguren massiv einschränkt", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.

Das CAC, das Staatspräsident Xi Jinping unmittelbar untersteht, hatte während der zweitägigen Tagung der "Nationalen Online-Propaganda-Arbeit", die am 6. Januar 2016 zu Ende ging, angekündigt, 2016 werde ein Jahr der "Innovationen" bei der Internet-Kontrolle. Ohne nähere Details zu nennen, bekräftigte CAC-Chef Lu Wei den Willen seiner Behörde, den "Sozialismus mit dem chinesischen Ansatz des Internet-Managements zu stärken." Die CAC versteht darunter eine systematische und lückenlose Kontrolle aller Internet-Inhalte sowie eine positive Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch "Meinungsmacher", die von den Zensurbehörden engagiert werden.

Das Anti-Terrorgesetz, das am 1. Januar in Kraft trat, zwingt Internetfirmen zur Kooperation bei der Strafverfolgung von Antiterror-Delikten. Sie werden unter Strafandrohung dazu verpflichtet sicherzustellen, dass "Terroristen" keine Inhalte über ihre Webseiten veröffentlichen. "Damit wird es praktisch unmöglich, Informationen über die Lage der muslimischen Minderheit im Internet in China zu verbreiten", sagte Delius, "denn der Terrorismus-Begriff wird vom chinesischen Gesetzgeber sehr breit definiert. Fast alle Organisationen und Einzelpersonen, die Menschenrechte für Uiguren einfordern, werden als "terroristisch" diffamiert und fast alle uigurischen politischen Gefangenen sind unter Terrorismus-Verdacht inhaftiert." Er warf den chinesischen Behörden vor, mit der Kriminalisierung jeder Menschenrechts- und Informationsarbeit zu dieser Konfliktregion die Gewaltspirale zwischen Han-Chinesen und Uiguren weiter anzutreiben. "Statt eine offene Diskussion der Hintergründe der Gewalt und glaubwürdiger politischer Lösungsansätze zu erlauben, setzen Chinas Machthaber auf Vertuschen, Diffamieren und Wegsperren von Kritikern. Dies wird den Nationalitätenkonflikt nicht lösen, sondern nur weiter anheizen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Januar 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2016

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