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ASIEN/659: Papst-Interview zu China enttäuscht Menschenrechtler - Übergriffe auf Christen nicht tabuisieren


Presseerklärung vom 4. Februar 2016

Papst-Interview zu China enttäuscht Menschenrechtler

Gesellschaft für bedrohte Völker fordert: Übergriffe auf Christen nicht tabuisieren!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist von dem ersten Interview, das Papst Franziskus zu China gegeben hat, enttäuscht. "Dass sich der Papst um eine Verbesserung der seit Jahrzehnten angespannten Beziehungen zur chinesischen Regierung bemüht, verstehen wir natürlich. Doch Realpolitik darf nicht bedeuten, dass Übergriffe auf Christen im Dialog mit China tabuisiert werden. Das muss nicht nur für westliche Politiker gelten, die das heikle Thema Menschenrechte und Verweigerung der Religionsfreiheit in Peking immer seltener ansprechen, sondern auch für führende Vertreter der Kirchen", forderte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Interviews am 28. Januar waren am Mittwochmorgen in der Provinz Zhejiang auf Anordnung der Behörden die Kreuze von drei Kirchen entfernt worden. Die Kampagne gegen offiziell anerkannte christliche Kirchen in China hat im Jahr 2014 begonnen. In der Küstenprovinz sind seitdem rund 1.700 Kreuze gewaltsam von Kirchen heruntergerissen worden. In den vergangenen beiden Wochen wurden allein 18 Kirchen auf diese Weise entweiht. "Weil sich immer mehr chinesische Bürger zum Christentum bekennen, sieht die Kommunistische Partei ihre Macht bedroht und schränkt die Glaubensfreiheit verstärkt ein", warnte Delius.

Papst Franziskus hat weder diese Übergriffe noch jüngste Verhaftungen von Kirchenleuten in seinem Exklusiv-Interview mit der Hongkonger "Asia Times" erwähnt. Stattdessen äußerte er sich sehr diplomatisch zu China und sagte, die Welt solle den Aufstieg der Volksrepublik nicht fürchten. Außerdem äußerte der Heilige Vater seine Bewunderung für dieses "großes Land" und seine "bedeutende Kultur".

Der emeritierte Hongkonger Erzbischof Kardinal Joseph Zen fühlt sich hingegen durch die Anti-Kreuz-Kampagne an die dunkle Zeit der Kulturrevolution erinnert Dies sei ein "Rückfall" in schlimmste Zeiten der Christenverfolgung, hatte er im August 2015 erklärt. "Das Kreuz ist das Symbol unseres Glaubens. Wenn die Behörden die Kreuze entfernen lassen, dann ist dies eine Beleidigung unseres Glaubens und eine Verletzung unserer Rechte, die in der chinesischen Verfassung garantiert sind", sagte der Kardinal.

Der Vatikan bemüht sich intensiv um eine Verbesserung seiner Beziehungen zur Volksrepublik. Erst im Januar 2016 hatte es Gespräche mit chinesischen Diplomaten gegeben, um eine Wiederaufnahme der seit 1951 unterbrochenen diplomatischen Beziehungen vorzubereiten. Eines der größten Streitthemen ist dabei die von Peking beanspruchte Ernennung von Bischöfen. Schätzungen zufolge leben heute in China bis zu 100 Millionen Christen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 4. Februar 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2016

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