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EUROPA/591: Europa muss für Griechenland mehr bedeuten als Geld von der EU


Presseerklärung vom 10. Februar 2015

Griechenlands Doppelstandards bei Menschenrechten

- Europa muss für Griechenland mehr bedeuten als Geld von der EU
- Kritik an Doppelstandards Griechenlands im Umgang mit Menschenrechten sowie der Ukraine-Krise und Russland


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Regierung Griechenlands Doppelstandards im Umgang mit Menschenrechten sowie der Ukraine-Krise und Russland vorgeworfen. "Die neue griechische Regierung versteht die Annexion der Krim offenbar nicht als Völkerrechtsbruch, sieht nicht die Verantwortung Russlands für den entsetzlichen Krieg in der Ukraine und nimmt es hin, dass die russische Regierung Andersdenkende, Minderheiten und die gesamte Zivilgesellschaft massiv schikaniert", kritisiert Sarah Reinke, GUS-Referentin der GfbV. Griechenland müsse dringend auch im eigenen Land den Minderheitenschutz verbessern. Der Staat belegt innerhalb der EU mit Abstand den letzten Platz in Sachen Minderheitenschutz. Die Existenz der slawischen Mazedonier im Norden Griechenlands wird seit Jahren negiert. Die türkische Minderheit darf sich nicht über ihre ethnische oder nationale Zugehörigkeit definieren, sondern gilt rein als muslimische Minderheit.

Ein erster Schritt zu einer glaubwürdigeren Minderheitenpolitik könnte die Ratifizierung und Umsetzung der Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen sein. Auch dies sollten EU-Vertreter mit der griechischen Führung besprechen und die Tatsache, dass es ein gemeinsames Fundament demokratischer Grundsätze gibt, auf dem sich Russland seit langem nicht mehr befindet. Dort werden die Rechte von Minderheiten und Andersdenkenden mit Füßen getreten, die demokratischen Strukturen außer Kraft gesetzt. "Vor diesem Hintergrund ist es erschütternd, dass sich Syriza-Abgeordnete im Oktober 2014 weigerten, eine Erklärung des EU-Parlamentes zu unterstützen, die Russland wegen der drohenden Schließung der renommierten Menschenrechtsorganisation Memorial rügte.

"Diese Menschenrechtsverteidiger und Demokraten in Russland müssten die natürlichen Bundesgenossen von Syriza sein und nicht ein Präsident, für den nur das Recht des Stärkeren zählt und der für den Krieg in der Ukraine und den Aufbau eines völkerrechtswidrigen Systems auf der Krim verantwortlich ist", mahnt die GfbV. Seit Jahren arbeiteten russische Politiker daran, in Europa Strömungen am linken und rechten Rand der Parteienlandschaft in ein enges Netz an Kontakten und Abhängigkeiten einzuflechten. Auch der heutige griechische Außenminister zähle zu den Russland-Unterstützern. Er hatte sich in den 1980er Jahren schon gegen die polnische Solidarnosc gestellt, die er als anti-sowjetisch und zu pro-amerikanisch ansah. Kürzlich sorgte er für einen Skandal, weil er Alexander Dugin, den russischen Rechtsradikalen und Putins Vordenker in Sachen "Neurussland" getroffen hat.

Die griechische Regierung müsse ihr krudes Zusammengehörigkeitsgefühl mit Russland aufgeben. "Es kann nicht sein, dass sich der griechische Verteidigungsminister, Panos Kammenos, für die völkerrechtswidrige Krim-Annexion bei Russland bedankt: "Wir danken Putin, dass er unsere orthodoxen Brüder und Schwestern auf der Krim beschützt hat." Auf der Krim leben nicht nur orthodoxe Christen des Moskauer Patriarchats, doch sie sind mittlerweile die einzigen, die ihren Glauben noch frei ausüben können. Die rund 300.000 krimtatarischen Muslime werden systematisch unterdrückt und diskriminiert. Die orthodoxen Gläubigen des Kiewer Patriarchats und ihre Geistlichen werden wie die Katholiken und andere von der Halbinsel verdrängt. Die Missionierung des Russischen Reiches ist zwar von Griechenland ausgegangen, doch diese orthodoxe Verbrüderung und die Rechtfertigung der massiven Verletzung des Völkerrechts durch die Annexion, macht die neue griechische Regierung in ihrem Menschenrechtsengagement unglaubwürdig.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Berlin, den 10. Februar 2015
Göttingen, den . Februar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2015

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