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EUROPA/666: Sacharow-Preis der EU für Ilham Tohti


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 24. Oktober 2019

Sacharow-Preis der EU für Ilham Tohti

Europa ehrt unermüdlichen Vermittler und erinnert an das Leid der Uiguren


Für die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist die Auszeichnung des inhaftierten Wirtschaftsprofessors Ilham Tohti mit dem Sacharow-Preis des Europaparlaments eine "großartige Geste der Solidarität Europas mit den verfolgten Uiguren". "Tohti wurde in China zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er sich für die Menschenrechte der Uiguren einsetzt. Er gilt als Brückenbauer zwischen Uiguren und der Mehrheitsbevölkerung der Han. Seine Auszeichnung ist ein starkes Zeichen Europas, dass die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Uiguren nicht vergessen werden dürfen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Tohti habe sein eigenes Leben und das seiner Familie riskiert, um grundlegende Menschenrechte für die muslimische Minderheit durchzusetzen. Mit diesem Preis werde das friedliche Engagement einer Persönlichkeit gewürdigt, die ungeachtet aller Einschüchterungen und Bedrohungen durch die chinesische Staatssicherheit sein Lebenswerk der Verständigung zwischen Uiguren und Han fortgeführt habe.

Die GfbV setzt sich seit zwei Jahren für die Nominierung Tohtis als Sacharow-Preisträger im Europaparlament ein. Im Jahr 2017 hatte sie ihn mit Erfolg für den Weimarer Menschenrechtspreis vorgeschlagen. Chinas Regierung reagierte auf die Verleihung des Preises mit wütenden Protesten und Sanktionen gegen Wissenschaftseinrichtungen in Weimar. Auch ein Hackerangriff auf die Webseite des Weimarer Preises wurde chinesischen Kreisen zugeschrieben. "Nach der mutigen Entscheidung des Europaparlaments rechnen wir mit wütenden Protesten der Chinas. Denn die schweren Menschenrechtsverletzungen an Uiguren sind nicht nur in China tabu: Die Volksrepublik versucht sie auch international zum Non-Thema zu erklären", sagte Delius.

Es sei das schönste Geburtstagsgeschenk, was Tohti gemacht werden könne. Denn am morgigen 25. Oktober werde er 50 Jahre alt. Seit Jahren setzt sich die GfbV dafür ein, dass der uigurische Menschenrechtler in der Haft nicht vergessen wird. Denn er stehe für Frieden und Ausgleich in Xinjiang / Ostturkestan.

In einem unfairen Gerichtsverfahren wurde er am 23. September 2014 nach nur zweitägiger Verhandlung wegen vermeintlichen Separatismus zu lebenslanger Haft verurteilt. Er war im Januar 2014 festgenommen worden, nachdem er monatelang von der chinesischen Staatssicherheit eingeschüchtert und bedroht worden war. Systematisch setzte man seine Studenten unter Druck, um ihn vor Gericht zu belasten. "Der Vorwurf des Separatismus ist absurd, weil Tohti niemals für ein unabhängiges Ostturkestan eingetreten ist", erklärte Delius. Auf von ihm gegründeten Webseiten habe er Chinesen und ausländischen Diplomaten in chinesischer Sprache erklärt, warum es Unruhe unter den Uiguren gibt und wie die Krise zu lösen sei. Doch auf seinen Rat wollte Chinas Staatsführung nicht hören. Stattdessen habe man ihn mundtot gemacht.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. Oktober 2019
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2019

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