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MELDUNG/037: Kritik am China-Kulturjahr 2012 in Deutschland


Presseerklärung vom 26. Januar 2012

Kritik am China-Kulturjahr 2012 in Deutschland

China zeigt nur seine Schokoladenseite - Kein Platz für Menschenrechte


Als einseitige Propaganda-Schau der chinesischen Regierung bezeichnete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) das China-Kulturjahr 2012 in Deutschland. "Chinas Regierung instrumentalisiert Künstler zur Image-Werbung in Deutschland, während es zugleich Dutzende Schriftsteller und Filmemacher zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und mundtot macht", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Während Tibet brennt, feiert sich Chinas Regierung in Deutschland als fortschrittlich und dynamisch. Der Zeitpunkt ist denkbar schlecht gewählt, um in Deutschland nur die Schokoladenseiten Chinas zu zeigen."

Dynamisch seien allenfalls die Verfolgung kritischer Autoren sowie die Zerschlagung traditioneller Kultur von Tibetern, Uiguren und Mongolen. "Seit dem Jahr 2008 sind mehr Schriftsteller, Künstler und Filmemacher in China verhaftet oder mundtot gemacht worden, als je zuvor seit der Kulturrevolution", erklärte Delius. In Tibet treibt die massive Einmischung der chinesischen Behörden in den tibetischen Buddhismus nun die Menschen auf die Straße und lässt sie gegen Chinas Herrschaft protestieren. Blutig lässt die chinesische Regierung ihre Proteste niederschlagen.

Auch in Xinjiang (Ostturkestan) wird systematisch traditionelle uigurische Kultur zerstört, Schriftsteller und Blogger werden mundtot gemacht. Die kunsthistorisch bedeutsame Altstadt Kashgars "sanieren" Chinas Behörden mit dem Bulldozer. "Die Zerstörung Kashgars ist ein Verbrechen am Weltkulturerbe", sagte Delius.

"Die Menschen in Deutschland wollen keine billige Image-Werbung eines repressiven Systems, sondern einen repräsentativen Einblick in die reiche Kultur des Vielvölkerstaates." Dazu gehört auch ein kritischer Dialog über Arbeitsmöglichkeiten von Schriftstellern, Bloggern, Künstlern und Filmemachern. Chinas Kommunistische Partei drängte in den letzten Monaten auf eine stärkere Kontrolle des Kulturbetriebs. So werden die Freiräume für kritische Autoren und Künstler immer mehr eingeschränkt. Doch Kultur braucht Freiräume, um sich weiter zu entwickeln.

"Wir appellieren nachdrücklich an alle am Kulturjahr beteiligten deutschen Städte und Landesregierungen, diese kritischen Aspekte bei ihren Veranstaltungen angemessen zu berücksichtigen", erklärte Delius. "Nur dann kann es zu einem echten Dialog zwischen Chinesen, Tibetern, Uiguren, Mongolen und Deutschen kommen."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Januar 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2012