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MELDUNG/141: Yeziden danken Niedersachsen für Unterstützung von IS-Opfern


Presseerklärung vom 30. März 2017

Yeziden danken Niedersachsen für Unterstützung von IS-Opfern


Eine Delegation yezidischer Frauen, darunter auch Opfer des "Islamischen Staates" (IS), besuchte am Donnerstag die niedersächsische Staatskanzlei in Hannover. Dorthin waren Najlaa Khudhur Matto, Düzen Tekkal und Seyhmus Tekkal gemeinsam mit zwei Mitarbeitern der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eingeladen worden.

"Wir freuen uns, dass die niedersächsische Landesregierung viele traumatisierte Frauen, die während des Völkermords im Sinjar im August 2014 Opfer des IS wurden, in Niedersachsen aufgenommen hat", erklärt GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido, der die yezidische Delegation in Hannover begleitete. "Mit diesem Besuch wollten wir dem Bundesland Niedersachsen für die Unterstützung der yezidischen Frauen danken. Wir hoffen, dass eine Behandlung hier in Deutschland das Leid der Frauen lindern kann."

Die Frauen haben Entsetzliches durchgemacht: Im August 2014 hatte der IS die Dörfer der Yeziden im Nordirak überrannt, viele Gefangene genommen, Frauen von Männern, Alte von Jungen getrennt. Alle jungen Männer, die sich weigerten zu konvertieren, wurden erschossen, die jüngeren Frauen hingegen verschleppt, zwangsverheiratet und missbraucht. Auch Angehörige anderer Minderheiten wie Christen, Shabak und Schiiten wurden vom IS angegriffen.

Yeziden wurden und werden als Angehörige einer Jahrhunderte alten weder christlichen noch islamischen Religionsgemeinschaft häufig verfolgt. Nach vielen Vertreibungswellen und Massakern in der Türkei oder in Syrien sind dort nur noch kleine Gruppen von ihnen ansässig. Zehntausende haben in Mitteleuropa Zuflucht gefunden, allein 90.000 in Deutschland, wovon die meisten sich in Niedersachsen angesiedelt haben.

Najlaa Khudhur Matto ist 1982 im Dorf Kocho im yezidischen Kernland Sinjar im äußersten Nordwesten des Irak geboren. Dort richtete der IS im August 2014 ein Blutbad an. Innerhalb einer Stunde töteten die Extremisten über 300 Männer, viele Frauen wurden entführt und zu Sklaven gemacht. Auch Nadia Murad, die junge Frau, die den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu Tränen rührte, stammt aus Kocho.

Düzen Tekkal arbeitet seit Jahren als freie Journalistin. 2014 reiste sie zu den Wurzeln ihrer yezidischen Herkunft in den Nordirak. Durch den Angriff der IS-Terroristen wird sie jedoch zur Kriegsberichterstatterin. Ein Kamerateam begleitet sie und ihren Vater Seyhmus Tekkal während der Reise. Am Ende entstand der bewegende Dokumentarfilm "HÀWAR - Meine Reise in den Genozid".

Als Yezide aufgrund seines Glaubens in der Türkei diskriminiert, kam Seyhmus Tekkal in den 1970er Jahren nach Deutschland. In Hannover gründete er vor 45 Jahren den ersten yezidischen Verein Deutschlands. Bis heute versucht er, den Yeziden nach Kräften zu helfen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Hannover, den 30. März 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2017

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