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MELDUNG/158: Türkei missbraucht Interpol - Reform überfällig


Presseerklärung vom 21. August 2017

Türkei missbraucht Interpol - Reform überfällig:
Interpol darf sich von Unrechtsstaaten nicht zur Verfolgung von Kritikern instrumentalisieren lassen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert eine Reform der Interpol, um weiteren Missbrauch der internationalen Polizeiorganisation durch Unrechtsstaaten auszuschließen. "Wir begrüßen es, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere führende Politiker jetzt den Missbrauch der Interpol durch die türkischen Sicherheitsbehörden kritisieren. Doch dies wird autoritär regierte Staaten wie die Türkei, China und Mauretanien nicht davon abhalten, eine "Red Notice" herauszugeben, um Regimekritiker mundtot zu machen. Die Interpol muss nun handeln und sich dringend neue Regeln geben, damit sie nicht zum Handlanger von Unrechtsregimes wird", forderte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Wir sind zwar glücklich über die Haftentlassung des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien. Doch selbst wenn er nicht in die Türkei abgeschoben wird, könnte Deutschland für ihn zum goldenen Gefängnis werden, weil ihm im Ausland Verhaftung droht. Diese massive Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit ist nicht akzeptabel."

Nach Auffassung der GfbV hat die Interpol ein grundsätzliches strukturelles Problem: Bei Ausstellung von "Red Notices" wird nicht juristisch geprüft, ob der Haftbefehl aus einem Verfolgerstaat auch tatsächlich juristisch begründet ist. "Solange diese Regel nicht geändert wird, wird Interpol weiter dazu missbraucht werden, kritische Autoren und Menschenrechtler strafrechtlich zu verfolgen", warnte Delius. "Wenn eine juristische Überprüfung eines Rechtshilfeersuchens unmöglich ist, muss zumindest eine Liste von Staaten geführt werden, deren Rechtshilfeersuchen als dubios gelten. Nur so kann eine Instrumentalisierung von Interpol verhindert werden."

Der Missbrauch der Interpol ist nach Angaben der Menschenrechtsorganisation nicht neu. Schon im Jahr 2000 hatte die GfbV angeprangert, dass mauretanische Anti-Sklaverei-Aktivisten bei der EXPO-Weltausstellung in Hannover festgenommen wurden, weil der Verfolgerstaat Mauretanien sie mundtot machen wollte. "Heute sind es China und die Türkei, die sich eifrig der Interpol bedienen, um Kritiker auch im Ausland zum Schweigen zu bringen", sagte Delius. "Dem muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Die Integrität und Glaubwürdigkeit der Interpol muss gewährleistet sein. Es muss verhindert werden, dass sich Verfolgerstaaten rechtsstaatlicher Instrumente und Organe bedienen, um ihr Unrechtsregime zu stärken."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 21. August 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2017

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