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NAHOST/136: Irak - Serie von Mordanschlägen auf Mandäer


Presseerklärung vom 27. Mai 2010

Irak: Serie von Mordanschlägen auf Mandäer

Bagdad kann religiöse Minderheit nicht schützen


Die Serie von Mordanschlägen auf Mandäer im Irak reißt nicht ab. Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag erfuhr, wurde am vergangenen Dienstagmorgen erneut ein Angehöriger dieser kleinen Glaubensgemeinschaft Opfer eines Attentats. Unbekannte töteten den Mandäer Arshad Amjad Al Sayfi im Bagdader Stadtviertel Al Bayaa. Sein Bruder Ahmad wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. "Offenbar kann die irakische Zentralregierung die Mandäer nicht schützen", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. "Zur Rettung der höchstens noch 5000 Angehörigen dieser religiösen Minderheit muss schnellstens etwas passieren. Sie schweben in großer Gefahr."

Erst am vergangenen Samstag (22.Mai 2010) wurde der junge Mandäer Baha Sori Zaggi nach der Arbeit auf seinem Weg nach Hause in Bagdad ermordet. Er war zuvor bereits Opfer eines schweren Verbrechens. Baha Sori Zaggi war verschleppt und gegen ein Lösegeld von umgerechnet rund 25.000 US-Dollar wieder freigelassen worden. Danach wurde er mehrmals mit dem Tode bedroht.

Am 25. April wurde auf den 27 Jahre alten Mandäer Bassam Hassaney Raheim in Al Soyyrah, südlich von Bagdad ein tödliches Attentat verübt. Mit schallgedämpften Pistolen schossen ihm nicht maskierte Männern auf einem belebten Markt am frühen Morgen Kugeln in den Kopf. Er erlag seinen schweren Verletzungen am 28. April 2010 in einem Krankenhaus in Bagdad.

"Besonders tragisch ist das Schicksal des Mandäers Niem Younes Medlol", berichtete Sido. Er wurde am 8. Februar 2010 ermordet. Auch ihn erschossen die Täter in den frühen Morgenstunden mit einer schallgedämpften Pistole auf einem belebten Markt im Al Saiedia-Bezirk der irakischen Hauptstadt. Niem Younes war zuvor nach Syrien geflohen und hatte dort vergeblich auf Aufnahme in ein westliches Land gewartet. Als seine Ersparnisse aufgebraucht waren, war er nach Bagdad zurückgekehrt.

Vor dem andauernden Terror und Gewaltverbrechen an Angehörigen ihrer Glaubensgemeinschaft sind inzwischen mindestens 25.000 der ehemals rund 30.000 Mandäer des Irak in die Nachbarländer geflüchtet. Weltweit hat die mandäische Glaubensgemeinschaft, die ihre Ursprünge auf Johannes den Täufer zurückführt, nur noch etwa 60.000 Angehörige. Rund 1.200 von ihnen leben in Deutschland.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Übergriffe auf die Mandäer im Irak plant die GfbV, Vertreter der mandäischen Glaubensgemeinschaft zu einer Konferenz nach Deutschland einzuladen. Dabei soll eine Strategie über die Zukunft der Mandäer im Irak entwickelt werden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Bagdad, den 27. Mai 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2010