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NAHOST/163: Syrische Kurden hoffen auf Hilfestellung von Deutschland und EU beim Staatsaufbau


Presseerklärung vom 20. September 2011

Syrische Kurden hoffen auf Hilfestellung von Deutschland und EU beim Aufbau eines neuen Staates


Deutschland und die Staaten der Europäischen Union sollen bei der Erarbeitung einer neuen Verfassung für Syrien Hilfestellung leisten und dafür eine nationale Konferenz in dem Land ausrichten. Diese Hoffnung haben die Repräsentanten der aus elf Parteien und Organisationen bestehenden syrisch-kurdischen Allianz im deutschen Exil. Sie trafen auf Einladung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Wochenende in Göttingen zusammen und formulierten ihre Erwartungen. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution forderten sie, dass eine neue Verfassung Syriens die nationalen Rechte der Kurden sowie die kulturellen Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten wie die der Assyrer-Aramäer, Armenier, Drusen, Ismaeliten, Bahá'í und anderer Minderheiten garantieren müsse. Außerdem müssten die kurdischen Yeziden als eigenständige Glaubensgemeinschaft anerkannt und die Gleichberechtigung der Frau festgeschrieben werden.

Um das Assad-Regime in Damaskus endlich zu entmachten, forderten die Konferenzteilnehmer eine weitere Verschärfung der Sanktionen: Alle Erdölimporte aus Syrien in die EU sollten sofort gestoppt werden. Gewarnt wurde deutlich davor, der syrischen arabisch-islamistischen Opposition und der Türkei als Vermittler Vertrauen zu schenken, weil sie die Durchsetzung demokratischer Rechte in dem Land, vor allem die der Kurden, gefährden könnten. Die Türkei werde in der Region nur noch als eine "islamisch-sunnitische Schutzmacht" verstanden.

Seit Mitte März geht das syrische Regime mit unverminderter Brutalität gegen friedliche Prostete vor. Mindestens 2.600 Demonstranten wurden seitdem getötet und fast 20.000 verletzt. Mehr als 20.000 Oppositionelle wurden festgenommen, etwa 11.000 syrische Staatsbürger sind in die Türkei und in den Libanon geflohen. Allein seit vergangenem Freitag wurden 77 Syrer getötet.

Seit Mitte März gehen auch die Kurden sowie Vertreter der christlichen Assyrischen Nationalbewegung im Norden des Landes nahezu täglich auf die Straße und fordern einen demokratischen, friedlichen und international beobachteten Wandel in Syrien.

Nach Auffassung des Präsidenten der GfbV International, Tilman Zülch, ist es in den beiden wichtigen Zentren Damaskus und Aleppo noch nicht zu Massendemonstrationen gekommen, weil sich vor allem die islamisch orientierte Opposition nicht deutlich genug zu der zukünftigen politischen Ordnung nach dem Sturz der Diktatur geäußert hat.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. September 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2011