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NAHOST/189: Ägypten - Viele Christen zu Massenprotesten gegen Mursi erwartet


Presseerklärung vom 27. Juni 2013

Islamistischer Staatspräsident Mursi ein Jahr im Amt (30.6.)

Ägypten: Viele Christen wollen sich an Massenprotesten gegen Mursi beteiligen - Lage der Kopten weiter verschlechtert



Viele Christen wollen sich in Ägypten an den für Sonntag geplanten Massenprotesten gegen Staatspräsident Mohammed Mursi beteiligen, da sich die Lage der Kopten unter seiner Herrschaft weiter verschlechtert hat, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Seit Mursis Amtsantritt hat unter den Kopten die Angst vor Ausgrenzung und Übergriffen durch Islamisten weiter zugenommen. Zugleich tut der Staat nichts, um seit langem bestehende Diskriminierungen zu beenden", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. So gibt es noch immer keine Erleichterungen bei der Renovierung oder beim Neubau von Kirchen. Mursi genehmigte kürzlich nur die Errichtung einer Kirche, weitere 149 Anträge blieben unerledigt. Außerdem nehmen Ermittlungen wegen Blasphemie zu, weil immer mehr Christen von Islamisten wegen angeblicher Gotteslästerung angezeigt werden. "Die umstrittenen Blasphemie-Paragraphen werden immer mehr zum Kampfinstrument von Islamisten bei der Ausgrenzung von Christen missbraucht."

Die GfbV befürchtet schwere Auseinandersetzungen bei den für den 30. Juni geplanten Protesten. Denn die Staatsführung hat bereits den Einsatz der Armee angeordnet und Islamisten bauten in den vergangenen Wochen Schlägertrupps auf. Vor allem koptische Jugend-Organisationen wie die "Jugend-Union von Maspero" und die "Junge Front" werden sich an den Massenprotesten beteiligen. Die Organisatoren des oppositionellen Bündnisses "Tamarrud" (Rebellion) kündigten Proteste im ganzen Land an, um den Rücktritt des Staatspräsidenten zu fordern. Tamarrud teilte mit, 15 Millionen Ägypter hätten ihre Petition für einen Rücktritt Mursis unterzeichnet.

Vergeblich bemühten sich Präsident Mursi und die US-Botschafterin, die Koptisch-Orthodoxe Kirche zu einem Stillhalte-Appell an die Christen zu bewegen. Unter Diktator Hosni Mubarak hatte sich die Koptische Kirche ungeachtet der Diskriminierung der Angehörigen ihrer Glaubensgemeinschaft als staatstragend verstanden und Mubarak noch bis unmittelbar vor seinem Sturz noch öffentlich unterstützt. Inzwischen geht die Koptische Kirche jedoch auf größere Distanz zur ägyptischen Regierung. Der koptische Papst Tawadros II. hat Mursi mehrfach öffentlich kritisiert. Nun ist er offenbar nicht dazu bereit, Christen zum Stillhalten aufzurufen und erklärte, jeder Kopte sei frei, selbst über die Teilnahme an den Protesten zu entscheiden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. Juni 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2013