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NAHOST/202: Ägypten - Übergriffe gegen Christen, 61 Kirchen und mehr als 110 Geschäfte zerstört


Presseerklärung vom 18. August 2013

Ägypten: Übergriffe gegen Christen - 61 Kirchen und mehr als 110 Geschäfte zerstört

Exodus von Kopten aus Ägypten wird weiter zunehmen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat angesichts der jüngsten Gewalt in Ägypten vor einem Exodus von Christen aus dem nahöstlichen Land gewarnt. "Die Religionsfreiheit für Christen ist in Ägypten nicht mehr gewährleistet", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Ägyptens Christen haben in dieser Woche die schlimmste gegen sie gerichtete Gewalt seit sechs Jahrhunderten erlebt. Es gibt immer weniger Perspektiven für sie, in Frieden ihren Glauben in ihrer Heimat zu praktizieren. Deutschland und Europa müssen sich nun bereit erklären, christliche Flüchtlinge aus Ägypten großzügig aufzunehmen." Seit dem Sturz Diktator Mubaraks und seit dem Erstarken der Islamisten haben tausende Kopten bereits Ägypten verlassen, weil sie um ihre Sicherheit fürchten.

Seit letztem Mittwoch wurden in neun Provinzen Ägyptens bei Angriffen mutmaßlicher Islamisten 38 Kirchen vollständig zerstört und 23 weitere Gotteshäuser massiv beschädigt. Auch wurden mehr als 110 Geschäfte von Kopten sowie drei Hotels angegriffen und zum Großteil geplündert. Auch Schulen, Klöster und andere soziale Betreuungseinrichtungen der Kirchen wurden Ziel der Angriffe. In manchen zerstörten Kirchen hielten Islamisten Gebete ab, um sie zu entweihen und um eine erneute Nutzung als Kirche unmöglich zu machen. Vergeblich versuchten Christen oft gemeinsam mit muslimischen Nachbarn die Kirchen vor den Angriffen zu schützen. Selbst muslimische Imame riefen Muslime dazu auf, Selbsthilfekomitees zu gründen, um Übergriffe auf christliche Kirchen zu verhindern.

Augenzeugen gehen davon aus, dass die Übergriffe von Anhängern der Muslim-Bruderschaft begangen wurden. Denn vor allem in Oberägypten, wo die Muslim-Bruderschaft besonders viele Unterstützer hat, war ein Schwerpunkt der Angriffe. Auch wurden bei zahlreichen Attacken in den Orten bekannte Muslimbrüder von Augenzeugen beobachtet.

"Mit der Zerstörung der oft Jahrhunderte alten Gotteshäuser sind auch einzigartige Kulturgüter verloren gegangen", erklärte Delius. So wurden auch Kirchengebäude aus dem 14. Und 15. Jahrhundert bei der Terrorwelle in der letzten Woche zerstört." Da hilft es wenig, dass General Al Sisi ankündigte, die Kirchen sollten mit Hilfe der Armee wieder aufgebaut werden. Ägyptens Christen leiden seit Jahren unter einem chronischen Mangel an Gotteshäusern, da der Staat den Neubau und die Renovierung von baufälligen Kirchen mit drakonischen Gesetzesvorschriften massiv behindert und begrenzt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 18. August 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2013