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NAHOST/258: Türkei - Steinmeier soll inhaftierte Oppositionspolitiker besuchen


Presseerklärung vom 14. November 2016

Deutscher Außenminister in der Türkei erwartet (15.11.)

Appell an Steinmeier: Besuchen Sie Oppositionsführer Demirtas im Gefängnis!
Drängen Sie darauf, dass Angriffe auf Nordsyrien eingestellt werden!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier dazu aufgefordert, während seines Türkei-Besuchs am kommenden Dienstag mit dem inhaftierten Chef der prokurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas, zusammenzutreffen. "Bitte setzen Sie mit einem Besuch im Gefängnis ein deutliches Zeichen, dass Deutschland und die EU die Kurden, Aleviten und anderen Minderheiten sowie die Demokratie-Bewegung in der Türkei nicht im Stich lassen werden", heißt es in dem Schreiben der GfbV an Steinmeier. Die Menschenrechtsorganisation appelliert außerdem an den Minister, die türkische Regierung dazu drängen, die Angriffe des türkischen Militärs auf die Zivilbevölkerung in der mehrheitlich von Kurden bewohnten Region Afrin im Nordwesten Syriens einzustellen.

"Wir sind in großer Sorge, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die HDP zerschlagen will - das wäre eine Katastrophe, denn so würde jeglicher Kontakt zwischen der kurdischen Bevölkerung im Südosten der Türkei und dem Staat unterbrochen. Die Konsequenzen für die Zivilbevölkerung wären verheerend", schrieb die GfbV an Steinmeier. Jahrelang vermittelte die HDP zwischen der PKK und der Regierung in Ankara. Doch Anfang November wurden Selahattin Demirtas und viele andere seiner Parteikolleginnen und Kollegen, die durch demokratische Wahlen ins türkische Parlament gewählt worden sind, verhaftet. Demirtas ist einer der populärsten Politiker der Türkei. Seine Partei tritt für eine friedliche Lösung des Kurdenkonfliktes ein. Sie fordert sowohl von der PKK als auch von der türkischen Regierung, die Gewalt zu beenden und sofort einen politischen Dialog zu beginnen.

Seit Tagen nimmt das türkische Militär immer wieder zivile Ziele in der nordsyrischen Kurden-Region Afrin unter Beschuss. Allein am vergangenen Donnerstag wurden dadurch im Dorf Marwaniye, westlich von der Stadt Afrin, eine Kurdin getötet und 20 Personen verletzt. Ende Oktober hatte die türkische Luftwaffe kurdische Dörfer im Norden von Aleppo angegriffen. Rund 900 Menschen mussten wegen der Angriffe der türkischen Armee und verbündeten Islamisten ihre Dörfer verlassen.

Anstatt die Politik der türkischen Regierung zu unterstützten oder zu dulden, sollten Deutschland und die EU nach Wegen suchen, den bedrängten Zivilisten in Nordsyriens endlich kontinuierlich mit humanitärer Hilfe beizustehen. Bisher blockiert die Türkei ihre Grenzübergänge in Richtung Nachbarland und lässt keine Hilfslieferungen passieren. "Regelmäßige Unterstützung würde die Not in den Kurdengebieten lindern und viele Einwohner in ihrem Willen bestärken, in ihrem Land zu bleiben statt die Flucht nach Westeuropa anzutreten", ist die GfbV überzeugt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 14. November 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2016

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