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NAHOST/353: Immer mehr zivile Opfer bei türkischer Militär-Intervention


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 11. Oktober 2019

Immer mehr zivile Opfer bei türkischer Militär-Intervention

Türkei muss humanitäres Völkerrecht achten


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert, die Türkei konsequent an ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht zu erinnern, um während ihrer Militärintervention in Nordsyrien Übergriffe auf die Zivilbevölkerung einzudämmen. "Es ist skandalös und völkerrechtswidrig, wenn türkische Heckenschützen das Feuer auf fliehende Zivilisten eröffnen. Auch Krankenhäuser dürfen keine Ziele von Angriffen sein", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg müsse bei seinem heutigen Besuch in der Türkei ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und eine strikte Beachtung des humanitären Völkerrechts einfordern. Es sei unerträglich, dass ein NATO-Partner grundlegende Menschenrechte mit Füßen trete, für deren Anerkennung Europa mehr als 150 Jahre lang gekämpft habe.

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass gestern Zivilisten bei der Flucht aus ihren Dörfern von türkischen Heckenschützen beschossen und verletzt wurden. Auch wurde das Krankenhaus von Sere Kaniye bei den Kämpfen schwer beschädigt. Rund 70.000 Zivilisten seien bereits auf der Flucht. Viele Straßen seien blockiert und auf den wenigen offenen Fluchtwegen bestehe Lebensgefahr durch türkische Heckenschützen. "Der Schrecken der Besetzung Afrins im Januar 2018 wiederholt sich leider. Auch damals setzte die Türkei Heckenschützen ein, um die Zivilbevölkerung einzuschüchtern und an der Flucht zu hindern. Dies sind massive Verstöße gegen den völkerrechtlich gesicherten Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg", so Delius. Eine Protest-Demonstration der Bewohner des Ortes Tel Abyad gegen die türkische Besetzung sei ebenfalls beschossen worden. Zwölf Dörfer im Grenzgebiet wären bereits von türkischen Truppen und verbündeten Milizen besetzt, zwei Städte würden belagert.

Mindestens 14 Zivilisten starben bisher bei der Militärintervention. Die Türkei müsse sicherstellen, dass Krankenhäuser und andere humanitäre Einrichtungen vor Bombardements und Beschuss geschützt werden. Auch die Wasserversorgung dürfe nicht unterbrochen werden, um den Schutz der Zivilbevölkerung vor schweren Krankheiten zu garantieren. Mit Sorge verfolgt die GfbV, dass sich angesichts der Eskalation der Kämpfe viele internationale Helfer aus Nordostsyrien zurückziehen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 11. Oktober 2019
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2019

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