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FRAGEN/015: Auf der SIKO geht es nicht um Frieden (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 4 vom 24. Januar 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Auf der SIKO geht es nicht um Frieden

Interview mit Claus Schreer, München, Mitorganisator der Gegenaktionen zur sogenannten Sicherheitskonferenz am ersten Februarwochenende in München
Die Fragen stellte Walter Listl.



Tausende von Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegnern werden am 1. Februar 2014 wieder gegen die so genannte Münchner Sicherheitskonferenz demonstrieren - gegen die im Bayerischen Hof versammelte NATO-Kriegselite, gegen die Rüstungs- und Militärpolitik Deutschlands und der NATO. Zu den Protesten mobilisiert ein breites Spektrum von über achtzig pazifistischen, sozialen, ökologischen und antikapitalistischen Organisationen und zahlreiche Einzelpersonen aus München und anderen Städten der Bundesrepublik.


Frage: Was ist das Besondere an der diesjährigen "Siko"?

Claus Schreer: In diesem Jahr wird die SIKO ihr fünfzigstes Jubiläum feiern und Konferenzchef Ischinger wird - wie jedes Jahr behaupten - im Bayerischen Hof gehe es "ausschließlich um die Frage, wie der Frieden auf der Welt gesichert werden kann".

Seit Jahren versucht er, der SIKO einen friedenspolitischen Anstrich zu geben. Tatsächlich gehört Ischinger selbst zu den eifrigsten Kriegstrommlern. Er nutzt jede Gelegenheit, noch mehr Aufrüstung und eine stärkere Kriegsbeteiligung Deutschlands zu fordern. Sein Credo lautet: Deutschland und die EU müssen größere Rüstungsanstrengungen machen, um wirklich kriegsfähig zu werden. Und: Damit Europa zum allseits glaubwürdigen Akteur auf der Weltbühne wird, brauche die EU die entsprechende militärische Stärke und Deutschland eine leistungsfähige und professionelle Berufsarme.

Ein ganz aktuelles Beispiel: Zur umstrittenen Anschaffung von Kampfdrohnen sagt Ischinger: Es wäre "ganz fahrlässig, sich solchen Technologien zu verschließen". Die Sorge und Kritik an den Drohnen könne er nur zu einem geringen Teil verstehen. Oberstes Ziel müsse es doch sein, die Gefährdungen unserer eigenen Soldaten, so gering wie möglich zu halten. O-Ton Ischinger: "Wenn es also möglich ist, den militärischen Auftrag auch in einer Weise auszuführen, dass der Soldat weit entfernt sitzt und nur das Gerät sozusagen in den Kampf geschickt wird, ist es doch sicherlich eine berechtigte Überlegung und ein sinnvoller Einsatz von Ressourcen, wenn wir uns solchen Technologien natürlich nicht verschließen." (SWR2 Interview der Woche vom 26.1.2013)

Mord per Fernbedienung, das verstehen Ischiger & Co. unter Sicherheitspolitik - nur für den Drohnenhersteller "Cassidian" ist das ein Grund zum Feiern.

Frage: Der Begriff "Sicherheitskonferenz" wird von euch also ganz anders interpretiert?

Claus Schreer: Ein dreister Etikettenschwindel ist das.

Die Wahrheit ist: Auf der SIKO geht es weder um Frieden, weder um die Lösung internationaler Konflikte, weder um unsere - noch um die Sicherheit der Menschen auf diesem Globus.

Auf der SIKO geht es um die Militärstrategie der NATO, um neue Aufrüstungsprogramme und eine noch engere militärische Zusammenarbeit zwischen den USA und den EU-Staaten.

Dort versammeln sich die wirtschaftlichen, politischen und militärischen Machteliten der NATO- und EU-Staaten, die Drahtzieher der völkerrechtswidrigen NATO-Aggressionskriege, die Hauptverantwortlichen für weltweite Ungerechtigkeit und die Hauptverursacher von Hunger, Armut und Umweltzerstörung.

Den anwesenden Bank- und Konzernchefs und ihrem politischen Personal geht es darum, sich über gemeinsame Strategien zur Aufrechterhaltung ihrer globalen Vorherrschaft zu verständigen und diesen Anspruch - notfalls auch mit militärischer Gewalt - durchzusetzen.

Frage: Was ist das Anliegen eurer Demo?

Claus Schreer: Unsere Demonstration richtet sich gegen diese selbst ernannten Weltherrscher, gegen die Repräsentanten eines Systems, das sich an den Profitinteressen einer kleinen Minderheit orientiert und sowohl in Friedens- wie in Kriegszeiten über Leichen geht. Sie richtet sich gegen die Kriegspolitik Deutschlands und der NATO.

Deutschland ist in Europa die militärische Drehscheibe für Aggressionskriege der USA oder der NATO. Unter Bruch der Verfassung ist Deutschland an jedem dieser Kriege beteiligt, um eigene wirtschafts- und machtpolitische Interessen zu verfolgen.

Und hier - direkt vor unserer Haustür - werden auch die tödlichen Waffen produziert und in alle Welt geliefert, selbst an Regimes, die sie gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Und unsere Demonstration richtet sich gegen dieses weltweit größte Kriegs-Propaganda-Forum, auf dem die militärische Aufrüstung und die weltweiten Kriegseinsätze der NATO-Staaten gerechtfertigt und mit Lügen vorbereitet werden.

Die NATO ist - entgegen aller Propagandafloskeln - keine Institution zur Lösung von Konflikten. Sie ist der militärische Arm der reichsten kapitalistischen Staaten, eine Kriegsallianz zur Durchsetzung der Profitinteressen der multinationalen Konzerne, der Banken und Waffenproduzenten.

Mit der NATO wird es keinen Frieden geben - sie ist eine Bedrohung für die ganze Menschheit.

Das "Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" ruft deshalb zum lautstarken und phantasievollen Protest auf, denn ohne massiven Druck von unten werden die Regierenden weder ihre Rüstungs- und Kriegspolitik, noch ihre die Welt zerstörende Wirtschaftspolitik ändern.

• Wir wenden uns gegen jede Form der Militarisierung der Gesellschaft und gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Bundeswehr dient nicht der Verteidigung - sie ist ein Instrument der Machpolitik. Sie gehört abgeschafft.

• Deutschland muss aus der NATO und aus allen EU-Militärstrukturen austreten.

• Alle Kriegswaffenexporte müssen beendet und verboten werden. Jede Produktion von Rüstungsgütern muss eingestellt werden.

Wir laden alle ein zur Demo zu kommen: Samstag 1. Februar 2014 um 13.00 Uhr auf dem Münchner Marienplatz

Weitere Infos: www.sicherheitskonferenz.de

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 4 vom 24. Januar 2014, Seite 8
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2014