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INTERNATIONAL/151: Peru - Hilfe für in Abgeschiedenheit lebende Indigene (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. März 2013

Peru: Hilfe für in Abgeschiedenheit lebende Indigene

von Milagros Salazar


Bild: © INDEPA

Frauen und Kinder der Nanti-Gemeinschaft, die nur wenig Kontakt zur übrigen Gesellschaft haben, in der peruanischen Region Madre de Dios
Bild: © INDEPA

Lima, 27. März (IPS) - In den Tiefen des peruanischen Amazonas-Regenwaldes leben Indigene, die sich entschieden haben, komplett oder teilweise isoliert von der restlichen Gesellschaft zu leben. Das Ministerium für Interkulturelle Angelegenheiten will dafür sorgen, dass ihr Wunsch nach Abgeschiedenheit respektiert wird.

"Die Indigenen haben nicht zuletzt deshalb die Isolation gewählt, weil sie vor allem in der Kautschuk-Ära immer wieder Opfer von Gewalt wurden. Wir haben eine historische Schuld zu begleichen", sagte Paulo Vilca, Leiter der Abteilung für interkulturelle Angelegenheiten und Bürgerrechte im Ministerium, gegenüber IPS.

Der Gummihandel startete im späten 19. Jahrhundert und hielt bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts an. Die ankommenden Kautschukzapfer schleppten Krankheiten in das Amazonas-Gebiet ein, die beinahe zur Ausrottung der indigenen Gemeinschaften führten, die im Regenwald lebten. Viele der Indigenen wurden zudem in die Sklavenarbeit gezwungen.

Nach Jahren der Untätigkeit hat eine Kommission aus mehreren Akteuren im August 2012 fünf indigene Reservationen anerkannt. Drei von ihnen - Isconahua, Murunahua and Mashco-Piro - liegen in der östlichen Region Ucayali. Das Schutzgebiet Madre de Dios befindet sich in der südöstlichen Region mit dem gleichen Namen, und die Kugapakori-Nahua-Nanti-Reservation liegt im südperuanischen Cusco. Dort leben auch die ethnischen Matsiguenga und Yora. Außerdem befindet sich hier ein Teil des Gasfeldes 88.


Bisher fehlt Zustimmung des Präsidenten

Bisher sind die fünf Schutzgebiete zu "territorialen Reservationen" deklariert worden, sollen aber demnächst in "indigene Reservationen" umbenannt werden, eine Kategorie, die 2007 per Gesetz eingeführt worden war, um isolierte Völker besser schützen zu können. Der Vizeminister für interkulturelle Angelegenheiten stellte den Vorschlag in der ersten Märzwoche vor. Der Vorschlag wird derzeit vom Präsidenten des Ministerrats geprüft.

Für Julio Ibáñez, einem Anwalt der Inter-Ethnischen Vereinigung für die Entwicklung des peruanischen Regenwaldes (AIDESEP), müssen indigene Organisationen ein Mitspracherecht in der Kommission erhalten, die zuständig ist für die Deklarierung geschützter Reservationen. Bisher sitzen in der Kommission Vertreter der Regierung sowie von lokalen Verwaltungen und von Universitäten. Unterstützt wird diese Forderung auch von Vilca selbst. Er gab gegenüber IPS an, seine Abteilung sei gerade dabei, einen Vorschlag aufzusetzen, um Vertreter von Indigenen in die Kommission aufzunehmen.

Die Kommission wurde Mitte des Jahres 2012 wiederbelebt. Seitdem hat sie sich auch schon mit anderen Konflikten befasst, darunter die Frage der Anerkennung von fünf anderen Reservationen. Der Antrag dazu wurde bereits vor mehr als zehn Jahren gestellt. Vilca hat die Akten zu dem Fall erst im Dezember erhalten. Er räumte ein, dass sich der Staat lange Zeit nicht ausreichend um die Rechte der Indigenen gekümmert habe, nun aber sein Versagen wiedergutmachen wolle.

Darüber hinaus will er dafür sorgen, dass die Reservationen auch personell geschützt werden. Bisher hat nur das Kugapakori-Nahua-Nanti-Reservat einen Kontrollposten, doch das soll sich bald ändern.


Bedrohung durch Öl- und Gasförderung

Die Indigenen haben mit unterschiedlichen Bedrohungen zu kämpfen, darunter der illegalen Öl- und Gasförderung. Das argentinische Unternehmen Pluspetrol, das hinter dem Camisea-Gas-Konsortium steckt, das in Feld 88 Gas fördert, will seine Aktivitäten nun auf die Kugapakori-Nahua-Nanti-Reservation ausweiten. Darin befinden sich drei indigene Siedlungen, die kaum Kontakt zur Außenwelt haben: Santa Rosa de Serjali, Montetoni und Marankeato.

Die Behörde, die für die Vergabe von Konzessionen für die Öl- und Gasförderung zuständig ist, hat das Vorhaben bereits 2010 abgenickt. Pluspetrol legte einen Plan vor, nach dem auch die örtliche Bevölkerung ein Mitspracherecht erhalten soll.

Doch im Mai 2012 erklärten Mitarbeiter des Nationalen Instituts für die Entwicklung der Anden-, Amazonas- und afroperuanischen Völker (INDEPA), dass die Förderung von Gas in dem Gebiet ein Risiko für die lokale Bevölkerung darstelle. Nun wird Vilcas Abteilung die Umweltverträglichkeitsstudie überprüfen, die Pluspetrol vorgelegt hat. Sollte sie diese ablehnen, dann ist die Entscheidung auch bindend.

Vilca berichtete gegenüber IPS darüber hinaus, dass die Interamerikanische Entwicklungsbank vorhabe, in diesem Jahr eine Million US-Dollar zur Verfügung zu stellen, um den Schutz indigener Reservationen zu unterstützen. (Ende/IPS/jt/2013)


Links:

http://www.congreso.gob.pe/ntley/Imagenes/Leyes/28736.pdf
http://www.aidesep.org.pe/
http://www.indepa.gob.pe/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102574
http://www.ipsnews.net/2013/03/peru-stepping-up-protection-for-native-groups-in-voluntary-isolation/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 27. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2013