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MELDUNG/623: Massive Kritik an geplanten Handelsabkommen - Breites Bündnis mobilisiert gegen TTIP und CETA (TTIP-Demo-Büro)


TTIP & CETA stoppen: Für einen gerechten Welthandel!

Gemeinsame Pressemeldung vom 1. April 2016

Massive Kritik an geplanten Handelsabkommen: Breites zivilgesellschaftliches Bündnis mobilisiert gegen TTIP und CETA


Anlässlich des Treffens von US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande der Hannover Messe ruft ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen zum Protest auf. Es kündigt für den 23. April eine überregionale Demonstration in Hannover unter dem Motto: "Obama und Merkel kommen: TTIP & CETA stoppen! - Für einen gerechten Welthandel!" an, zu der zehntausende Menschen erwartet werden.

Das Bündnis, das von Aktivistennetzwerken über Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, Wohlfahrts- und Sozialverbände bis zu Kulturschaffenden, Gewerkschaften, Bürgerrechts- und kirchlichen Organisationen reicht, äußert massive Kritik an den Verhandlungen über die umstrittenen Handelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA). Die Initiative hat im vergangenen Oktober bereits eine Viertelmillion Menschen in Berlin gegen TTIP und CETA auf die Straße gebracht. Sie wirft der Bundesregierung vor, bisher keine substantiellen Maßnahmen ergriffen zu haben, um die bestehenden Kritikpunkte auszuräumen.

Die Organisationen sehen durch die Abkommen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf beiden Seiten des Atlantiks bedroht sowie soziale und ökologische Standards gefährdet. Sie kritisieren insbesondere, dass die Interessen mächtiger Wirtschaftskonzerne über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in allen beteiligten Ländern gestellt werden. Die Initiative versteht sich als Teil einer transnationalen Protestbewegung und kooperiert eng mit Partnern aus der EU, aus Kanada und den USA. So werden zu der Demonstration in Hannover auch internationale Rednerinnen wie Lori Wallach von der US-Verbraucherorganisation Public Citizen erwartet, die über den Anti-TTIP-Protest in den USA berichten wird.

Christoph Bautz, Geschäftsführer von Campact sagt: "Obama und Merkel planen eine große TTIP-Werbeshow. Doch zehntausende Menschen werden sie am 23. April durchkreuzen und in Hannover gegen das Konzernabkommen auf die Straße gehen. TTIP ist zutiefst unamerikanisch und antieuropäisch, denn es gefährdet unseren gemeinsamen Grundwert: die Demokratie. Gemeinsam mit unseren US-amerikanischen Freunden demonstrieren wir gegen TTIP - nicht gegen Obama. Wenn er den Klimaschutz voranbringt, jubeln ihm immer noch die Bürger zu wie 2008 vor der Berliner Siegessäule. Doch wenn Obama ein Konzernabkommen durchsetzen will, trifft er auf Widerstand der Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks."

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagt: "Die EU-Kommission betreibt Augenwischerei mit ihrem Reformvorschlag für die Investor-Staat-Streitschlichtung, ISDS. Die Kommission behauptet, dass nun alle problematischen Aspekte bei TTIP und CETA behoben seien, doch ihr Reformvorschlag ist eine Luftnummer. Konzerne behalten Sonderklagerechte, mit denen sie weiterhin nationales Recht umgehen und Gesetze für einen besseren Umwelt- und Verbraucherschutz anfechten können. Klagen wie die von Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg wären auch weiterhin möglich. Was die EU-Kommission und die Bundesregierung als Durchbruch und Kehrtwende im Investitionsschutz präsentieren, ist das alte Streitschlichtungssystem mit ein paar Schönheitskorrekturen. Es bleibt dabei: TTIP und CETA müssen gestoppt werden."

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, kritisiert: "Die Bundesregierung bewegt sich bisher keinen Meter, um die deutliche Kritik an den geplanten Abkommen und die massiven Bedenken der Menschen in unserem Land auszuräumen. Die Geheimhaltungsstrategie, nach der Abgeordnete nicht einmal ihre Wählerinnen und Wähler über Inhalte der Verhandlungstexte informieren dürfen, ist eine regelrechte Brüskierung der Zivilgesellschaft. Nach wie vor sehen wir durch TTIP und CETA die Qualität sozialer Arbeit, sowie von Bildungseinrichtungen und Kindergärten, aber auch den gemeinnützigen Sektor als Ganzes bedroht. Die Bundesregierung hat bisher aber auch nichts vorgelegt, was unsere Sorgen nehmen könnte."

Frank Bsirske, Bundesvorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, stellt fest: "Verstöße gegen elementare Arbeitnehmerrechte werden nicht geahndet, die öffentliche Daseinsvorsorge nicht klar vom Geltungsbereich ausgenommen und einmal getroffene Privatisierungsentscheidungen dürfen von Nachfolgeregierungen nicht mehr rückgängig gemacht werden - das ist Freihandelspolitik gegen die Bürger. So ein TTIP wollen wir nicht."

Weitere Informationen zu der geplanten Demonstration "Obama und Merkel kommen: TTIP & CETA stoppen! - Für einen gerechten Welthandel!" am 23. April 2016 in Hannover sowie zum Träger- und Unterstützerkreis finden Interessierte im Internet unter www.ttip-demo.de.

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Aufruf zur überregionalen Demonstration am 23. April 2016 in Hannover
Obama und Merkel kommen: TTIP&CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!

Die Hannover Messe 2016 wird zusammen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama eröffnet: Ihr Ziel ist es, die TTIP-Verhandlungen gemeinsam voranzubringen. Doch das Handels- und Investitionsabkommen der EU mit den USA droht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.

Ebenfalls in diesem Jahr will die Europäische Kommission das CETA-Abkommen mit Kanada dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Ratifizierung vorlegen. Es dient als Blaupause für TTIP. Schon mit ihm könnten Großunternehmen über kanadische Tochtergesellschaften EU-Mitgliedsstaaten auf Schadensersatz verklagen, wenn neue Gesetze ihre Profite schmälern.

Dagegen tragen wir unseren Protest auf die Straße! Getragen von einem breiten Bündnis demonstrieren wir mit zehntausenden Menschen am Samstag, dem 23. April in Hannover - unmittelbar vor dem Besuch Obamas.

Dabei sind wir Teil einer transnationalen Protestbewegung: Auf beiden Seiten des Atlantiks streiten wir zusammen mit unseren Freund/innen und Partner/innen in Kanada und USA gegen Abkommen, die vor allem mächtigen wirtschaftlichen Interessengruppen dienen. Hier wie dort treten wir für eine Handels- und Investitionspolitik ein, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert. Sie muss insbesondere

  • Demokratie und Rechtsstaat fördern sowie die Gestaltungsmöglichkeiten von Staaten, Ländern und Kommunen für die Zukunft sichern,
  • nationale wie internationale Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt stärken sowie
  • die Entwicklung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung fördern.

Wir brauchen soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung. Doch TTIP und CETA gehen in die falsche Richtung: Der "Wert" des Freihandels wird über die Werte ökologischer und sozialer Regeln gestellt. Sonderklagerechte für Investoren gefährden parlamentarische Handlungsfreiheiten.

Beide Abkommen setzen öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge, kulturelle Vielfalt und Bildungsangebote unter Druck. Sie ziehen die falschen Lehren aus der Finanzkrise, stärken transnationale Konzerne und schwächen kleine und mittelständische Unternehmen, auch in der Landwirtschaft. TTIP und CETA grenzen die Länder des globalen Südens aus, statt zur Lösung globaler Probleme wie Hunger, Klimawandel und Verteilungsungerechtigkeit beizutragen.

Wir treten daher für internationale Abkommen ein, die

  • Umwelt-, Sozial-, Daten- und Verbraucherschutzstandards erhöhen statt sie zu senken oder auszuhebeln;
  • Arbeitsstandards wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festschreiben statt sie auszuhöhlen;
  • öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge stärken statt sie zu schwächen;
  • kulturelle Vielfalt und öffentliche Bildungsangebote fördern statt sie als Handelshemmnis zu betrachten;
  • bäuerliche und nachhaltige Landwirtschaft sowie artgerechte Tierhaltung voranbringen statt Gentechnik und industrielle Landwirtschaft zu fördern;
  • die Macht von Konzernen und Finanzmarkt-Akteuren begrenzen statt sie zu vergrößern;
  • global ausgerichtet sind statt die Mehrheit der Menschen auszugrenzen und
  • transparent und offen verhandelt werden statt geheim und in Hinterzimmern.

Hierfür gehen wir am Samstag, dem 23. April in Hannover auf die Straße - Demonstrieren Sie mit!


Der Aufruf zur Demonstration ist zu finden unter:
www.ttip-demo.de/home/aufruf/

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7 häufig gestellte Fragen zur TTIP-Demonstration am 23.04. in Hannover

1. Warum zum Anlass des Besuchs von Obama demonstrieren?

Das Treffen zwischen US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel in Hannover bietet uns eine einmalige Gelegenheit, ein starkes Zeichen gegen TTIP zu setzen. Sie wollen den Besuch bei der Hannover Messe dazu nutzen, um gemeinsam für TTIP zu werben und die Verhandlungen entscheidend voran zu bringen.

Mit unserer Demonstration wollen wir den transatlantischen Widerstand gegen TTIP sichtbar machen und verhindern, dass der Obama-Besuch zu einer großen TTIP-PR-Show wird. Denn eins ist klar: Von undemokratischen Freihandelsabkommen sind die Menschen in Europa und den USA gleichermaßen negativ betroffen!

2. Was passiert beim Treffen Merkel-Obama? Warum ist der Termin so wichtig?

Die TTIP-Verhandlungen gehen dieses Jahr in die entscheidende Phase. Obamas Amtszeit endet im Januar 2017. Wenn eine Einigung bis zu den US- amerikanischen Präsidentschaftswahlen im November gelingen soll, müssten in den kommenden Monaten viele Streitpunkte gelöst werden. Mit Sicherheit werden Obama und Merkel hinter den Kulissen auch über strittige Fragen verhandeln. Je stärker unser Widerstand auf der Straße ist, umso schwieriger wird eine Einigung.

3. Warum ist TTIP zu kritisieren?

Das TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA ist eine Gefahr für unsere Demokratie, Sozial- und Umweltstandards und die öffentliche Daseinsvorsorge. Mit TTIP sollen Konzerne exklusive Klagerechte erhalten. Schon jetzt versucht zum Beispiel Vattenfall, wegen des Atomausstiegs in Deutschland vor einem Schiedsgericht 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz zu erstreiten. Mit TTIP und CETA werden sich solche Klagen stark häufen. Außerdem geraten die Standards bei der Lebensmittelproduktion, Energieversorgung oder beim Datenschutz unter Druck.

Konzernlobbyisten sollen durch eine 'Regulatorische Kooperation' Mitsprache bei Gesetzesvorhaben erhalten. Der Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen würde mit TTIP steigen, die Gemeinden in ihrer Entscheidungshoheit über öffentliche Belange eingeschränkt.

Mehr Informationen in unserem Aufruf (siehe oben) oder:
http://ttip-demo.de/home/aufruf/

4. Warum richtet sich die Demo auch gegen CETA?

Das fertig verhandelte CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada gilt als Blaupause für TTIP. CETA ist auch im Interesse von US-Konzernen, die über kanadische Tochterfirmen Schadensersatzklagen gegen europäische Staaten einreichen könnten, wenn sie ihre Profite eingeschränkt sehen.

Bei CETA ist die Dringlichkeit des Protests besonders hoch, weil der Ratifizierungsprozess bereits in diesem Jahr startet. Wenn es uns gelingt, das CETA-Abkommen zu stoppen, wäre das ein schwerer Rückschlag für den Erfolg der TTIP-Verhandlungen.

5. Ist die Demonstration nicht ein Ausdruck von Antiamerikanismus?

Nein. Für Antiamerikanismus ist bei uns kein Platz. Mit unserer Demonstration sind wir Teil einer globalen Protestbewegung gegen solche Handelsabkommen, die unsere Demokratie unterhöhlen. TTIP stößt nicht nur in Europa auf Widerstand, sondern auch in Amerika. In den USA richtet sich der Protest von Umweltgruppen, Gewerkschaften und vielen anderen derzeit vor allem gegen TPP, das Abkommen zwischen den USA und pazifischen Staaten, jedoch auch gegen TTIP. Stellvertretend für den Anti-TTIP-Protest in den USA werden bei der Abschlusskundgebung auch Redner/innen aus den USA sprechen.

6. Wie ist der Umgang mit rechten Einzelpersonen oder rechten Gruppen, die gegen TTIP und CETA mitdemonstrieren wollen?

Wir treten ein für eine solidarische Welt, in der Vielfalt eine Stärke ist. Die Freihandels-Kritik von rechts stützt sich auf völkisch-nationalistische Motive und damit auf Ausgrenzung und Abwertung von anderen, anstatt Solidarität zwischen Menschen. Uns geht es dagegen um die Verteidigung sozialer Rechte für alle, den Schutz der Umwelt und die Förderung der Demokratie. Rassistische, rechtspopulistische und antiamerikanische Positionen lehnen wir ab. Mitglieder von AfD, NPD oder anderen Gruppen, die unser Prinzip der Solidarität nicht teilen, sind auf der Demonstration ausdrücklich unerwünscht!

Wenn dennoch Gruppen oder Einzelpersonen mit oben genannten Motivationen die Demonstration für sich und ihre menschenfeindliche Ideologie zu vereinnahmen suchen, werden wir sie nachdrücklich auffordern, die Demonstration zu verlassen.

7. Warum ist die Demo nicht am Tag des Obama-Besuchs, sondern einen Tag vorher?

Wir wollen in Hannover ein kraftvolles und wahrnehmbares politisches Signal setzen. Mit einer Demonstration am Tag zuvor können wir am besten die Berichterstattung zum Obama-Besuch beeinflussen / auf die Berichterstattung ... einwirken. Außerdem würden die massiven Sicherheitsvorkehrungen am Tag des Obama-Besuchs die Demo sehr erschweren. Unsere Möglichkeiten, sich in der Stadt frei zu bewegen und dem politischen Anliegen an von uns gewählten Orten Ausdruck zu verleihen, wären deutlich eingeschränkt.

Weder sollen Menschen durch die einschüchternde Polizeipräsenz vom Demonstrieren abgehalten werden, noch wollen wir unsere Kraft in juristischen Auseinandersetzungen um die Durchsetzung des Demonstrationsrechts verpulvern. Wir möchten uns frei von Einschränkungen versammeln und Obama und Merkel zurufen: Wenn ihr kommt, sind wir schon da und sagen: TTIP&CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!

Quelle: www.ttip-demo.de/home/faq-hannover

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Quelle:
TTIP-Demo-Büro
NaturFreunde e.V., Paretzer Straße 7, 10713 Berlin
Christian Weßling, (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
Telefon: 030-810560257
E-Mail: wessling@ttip-demo.de
Internet: http://ttip-demo.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2016

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