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MELDUNG/847: "Hamburg Hat Platz" macht Mahnwache zur Lage an Europas Außengrenzen (Flüchtlingsrat Hamburg)


Flüchtlingsrat Hamburg e.V. - 11. Dezember 2017

"Hamburg Hat Platz" macht Mahnwache vor dem Hamburger Rathaus zur Lage an Europas Außengrenzen


Der "Aktionskreis Hamburg Hat Platz" teilt mit:

"Angesichts der ungeheuerlichen Verbrechen an Flüchtlingen in Libyen und der verzweifelten Lage der auf Lesbos unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehaltenen Flüchtlingen werden wir ab Dienstag Mittag bis Samstag Abend mit einer Mahnwache die fröhliche Atmosphäre auf dem zentralen Hamburger Weihnachtsmarkt etwas konterkarieren müssen.
Insgesamt werden wir über 25 Stunden mit Schildern, einem Transparent und Informationsmaterial am Rathausportal stehen."

Dazu hat der Aktionkreis die folgende Erklärung veröffentlicht:


Mahnwache "Aktionskreis Hamburg Hat Platz" am Hamburger Rathaus

• Libyen: Sklaverei, Folter, Vergewaltigung und Mord an Flüchtlingen. Andere verdursten in der Wüste oder ertrinken im Mittelmeer.
...und die EU bezahlt dafür!

• Lesbos: Familien mit Kleinkindern in überfüllten, unbeheizten Zelten unter erbärmlichen Bedingungen. Viele begehen Selbstmord.
...und die EU verbietet, die Menschen aufs Festland zu bringen.

Wir geben keine Ruhe, bis diese Menschenrechtsverletzungen beendet werden, die dem Ziel dienen, um Geflüchtete von Europa fernzuhalten!

Am 28.11. diskutierten über hundert HamburgerInnen in Ottensen mit dem Friedens- und Konfliktforscher Prof. Werner Ruf aus Kassel und der Hamburger Aktivistin Conni Gunßer, was angesichts der grauenvollen Situation von Flüchtlingen in den libyschen Internierungslagern getan werden kann und muss. Von dieser Veranstaltung ging der Aufruf zur Mahnwache aus.

Pro Asyl appelliert zu Recht an die politisch Verantwortlichen in Europa: die Zeit drängt und die Evakuierung der in Libyen Gefangenen nach Europa muss unter allen Umständen jetzt und sofort erfolgen!

Gleichzeitig spitzt sich aber auch die Lage auf den ägäischen Inseln dramatisch zu. Wie wir tagtäglich von AktivistInnen und JournalistInnen erfahren müssen, ist die Lage speziell im Lager Moria auf Lesbos schon jetzt dramatisch. Es fehlt an allem: Feste Unterkünfte, Kleidung, Wasser, Hygiene, medizinische Versorgung, Nahrung und Hoffnung. Faktisch wird den Geflüchteten der Antrag auf Asyl verwehrt. Konflikte unter BewohnerInnen eskalieren. Im Schnitt gibt es täglich einen Selbstmordversuch. Und der Winter, der wieder Erfrierungstote bringen könnte, steht noch bevor.

Wir dürfen nicht länger zusehen, wie die uns Regierenden Menschenrechte ignorieren, aktiv zum Bruch internationalen Rechts beitragen und damit sogar die eigene Verfassung brechen.

  • Sie tun es, indem sie die sogenannte "libysche Küstenwache" ausrüsten, trainieren und finanzieren, damit diese Flüchtlinge im Mittelmeer einfängt und zurück in die Hölle der Foltergefängnisse Libyens deportiert.
  • Sie tun es, indem sie Kinder, Frauen, Männer und Greise unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern auf den ägäischen Inseln zusammenpferchen und ihnen den Zugang zum europäischen Asylsystem de facto verbauen.
  • Sie tun es, indem sie die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien auf deutschem Boden verschleppen oder ganz verweigern.
  • Sie tun es, indem sie Menschen nach Afghanistan abschieben, wo ihnen Tod, Verfolgung, Elend und Perspektivlosigkeit droht.
  • Sie tun es, indem sie systematisch und Schritt für Schritt die Voraussetzungen zur Erlangung von Asyl verschärfen und Letzteres ganzen Gruppen verweigern, z.B. durch das System der sogenannten "sicheren Herkunftsländer".
  • Und sie tun all das, obwohl sie selbst fortwährend neue Fluchtgründe schaffen durch Stützung von Diktatoren und Warlords, durch Waffenexporte, Kriegführung, Landraub, durch Zerstörung lokaler Wirtschaftsstrukturen mittels Exportsubventionierung, unfairen Handels und rücksichtsloser Ausbeutung von Rohstoffmärkten.

Angesichts der ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen mit dem Ziel, Flüchtende von Europa fernzuhalten, sagen wir:
Von Hamburg muss ein Aufschrei ausgehen, ein Aufschrei des Protestes gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ihre Förderung durch EU-Regierungen!
Die Zivilgesellschaft muss aufschreien, aber auch Hamburger PolitikerInnen müssen sich dem Aufschrei anschließen und Taten folgen lassen.

Hamburg hat Geld genug. Es ist nur schlecht verteilt und wird zum Teil falsch verwendet. Hamburg hat auch Einfluss auf die Bundespolitik und nutzt sie nicht im Interesse der Notleidenden.

Wir fordern von Senat und Bürgerschaft:
  • Setzen Sie all Ihren Einfluss auf die Bundespolitik dafür ein, dass die auf Lesbos Gefangenen und an Leib und Leben Bedrohten in Sicherheit gebracht werden, und dass Flüchtlingsfamilien in Deutschland zusammengeführt werden!
  • Setzen Sie die Bundesregierung unter Druck, damit diese gegen die EU-Unterstützung für die kriminelle Vereinigung, die sich "Libysche Küstenwache" nennt, vorgeht und eine schnellstmögliche Evakuierung der in Libyen internierten Flüchtlinge durchsetzt!
  • Geben Sie anderen Städten und Gemeinden ein Vorbild und beschließen Sie ein großzügiges humanitäres Aufnahmeprogramm des Landes Hamburg für besonders schutzbedürftige Flüchtende aus Libyen und Griechenland!
  • Beenden Sie endgültig alle Abschiebungen in Kriegsgebiete wie Afghanistan!

Mit diesen Forderungen stehen wir hier bis Samstag, den 16.12. vor dem Hamburger Rathaus, versuchen die Öffentlichkeit aufzurütteln und geben unserer Empörung Ausdruck.
Aber wir versprechen: Dabei wird es nicht bleiben!

Wir werden nicht ruhen, bis Hamburg über die verpflichtenden Zuteilungen des Bundes hinaus wirksame und angemessene Hilfe für Flüchtende an Europas Außengrenzen geleistet hat.

https://www.facebook.com/groups/hhhatplatz/

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Quelle:
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Nernstweg 32-34, 3. Stock, 22765 Hamburg
Telefon: (040) 43 15 87, Fax: (040) 430 44 90
Bürozeiten:
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E-Mail: info@fluechtlingsrat-hamburg.de
Internet: www.fluechtlingsrat-hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2017

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