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MELDUNG/105: Internationale Erklärung der Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern erarbeiten


Fian - Pressemitteilung vom 21.09.2015
Internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht, sich zu ernähren

Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert Bundesregierung zur Unterstützung der Erarbeitung einer Internationalen Erklärung der Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern auf

Anlässlich der 30. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen


Berlin, Bielefeld, Hamm, Köln, Münster, 21.9.2015. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert die Bundesregierung auf, die Erarbeitung einer Internationalen Erklärung der Rechte von Kleinbauern und anderen Menschen, die im ländlichen Raum arbeiten, durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu unterstützen. Der Menschenrechtsrat entscheidet während seiner 30. Sitzungsperiode am 22. September 2015 über die Verlängerung des Mandats der zuständigen Arbeitsgruppe. Angesichts der anhaltend überdurchschnittlich hohen Zahl Hungernder in ländlichen Regionen des globalen Südens sowie zunehmender struktureller Diskriminierungen kleinbäuerlicher Betriebe auf der ganzen Welt, sehen zivilgesellschaftliche Organisationen die Notwendigkeit, die Rechte dieser Bevölkerungsgruppen weltweit zu stärken. Sie fordern daher die Bundesregierung auf, im Menschenrechtsrat für die Verlängerung des Mandats der Arbeitsgruppe zu stimmen. Die Bundesregierung ist stimmberechtigtes Mitglied und hat zurzeit den Vorsitz und daher erhebliche Einflussmöglichkeiten auf den weiteren Prozess.

"Seit Jahrzehnten leben 80 Prozent der Hungernden in ländlichen Regionen des globalen Südens," erläutert FIAN-Referentin Gertrud Falk. "Ihre Rechte müssen gestärkt werden, damit sie ihr Menschenrecht auf Nahrung und andere wirtschaftliche und soziale Rechte durchsetzen können. Um das zu gewährleisten ist die Politik gefragt. Die Bundesregierung muss daher eine Internationale Erklärung der Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern aktiv unterstützen." "Stattdessen profitieren Agrarkonzerne immens vom Status Quo und der Untätigkeit der Regierungen. Die stetig zunehmende Macht der Agrarkonzerne führt zu Landkonzentration und Verdrängung kleinbäuerlicher Gemeinden. Wenn diese sich dagegen wehren, werden sie oft kriminalisiert oder gar vertrieben," ergänzt Jan Urhahn von INKOTA.

Auch kleinbäuerliche Organisationen in Europa halten eine solche Erklärung für notwendig: "In allen Teilen Europas kämpfen Bäuerinnen und Bauern gegen ruinöse Erzeugerpreise und für die Existenz ihrer Höfe. Sie streiten für eine Qualitätsoffensive statt für eine Exportoffensive, bei der nur die Agrarindustrie gewinnt, aber ErzeugerInnen in Europa und in den Ländern des Südens verlieren." erläutert Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

"Nationale, europäische und internationale Gesetze und Abkommen stehen oft im Gegensatz zur bäuerlichen Praxis. Die Europäische Agrarpolitik fördert primär industriell arbeitende Agrarbetriebe, internationale Saatgutabkommen erklären Bäuerinnen und Bauern, die ihr eigenes Saatgut gewinnen, vermehren und tauschen zu Verbrechern." ergänzt Sebastian Kußmann von der Jungen AbL.

"Eine Internationale Erklärung der Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern würde zudem ihre Rechte gegenüber Bergbaukonzernen stärken, die kleinbäuerlichen Gemeinden den Zugang zu natürlichen Ressourcen streitig machen", sagt Ulrike Mann vom Welthaus Bielefeld.

"Nicht zuletzt würden auch die Rechte von Plantagenarbeitern gestärkt, die häufig unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen. Sie stehen oft am Ende der Lieferketten unserer Supermarktwaren", weist Thomas Krämer von der Christlichen Initiative Romero (CIR) hin.

"Aus Sicht des Fairen Handels ist die Stärkung der Rechte von Kleinproduzenten dringend erforderlich, um das globale Handelssystem gerechter zu gestalten", sagt Manuel Blendin vom Forum Fairer Handel.


Zum Hintergrund

Aufgrund anhaltender Rechtsverletzungen und Diskriminierungen fordert der internationale Kleinbauernverband La Via Campesina seit 2004 eine Internationale Menschenrechtserklärung. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat im September 2012 beschlossen, diese zu erarbeiten. Inzwischen liegt ein zweiter Entwurf vor. Nun muss das Mandat zur weiteren Arbeit daran verlängert werden.


FIAN (FoodFirst Informations- & Aktions-Netzwerk) ist eine internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung mit Mitgliedern in 60 Ländern.


Dokumente und Informationen:

Hintergrundpapier - Menschrechte von Kleinbauern schützen. Zum Stand der Internationalen Erklärung der Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen:
http://www.fian.de/fileadmin/user_upload/dokumente/Hintergrundpapier_Menschrechte_von_Kleinbauern_schuetzen_VN-Erklaerung_Kleinbauern_Sept_2015.pdf

Link zum aktuellen Bericht der Intergovernmental Working Group des VN-Menschenrechtsrats:
http://ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RegularSessions/Session30/Pages/ListReports.aspx

- dort Dokument Nr. A/HRC/30/55
Webseite der Intergovernmental Working Group des VN-Menschenrechtsrats:

http://ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RuralAreas/Pages/WGRuralAreasIndex.aspx

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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. September 2015
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel.: 221/702 00 72, Fax: 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2015

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