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APPELL/194: Ärzt*innenorganisation warnt vor steigender Gefahr eines Atomkrieges (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 6. Mai 2022
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

IPPNW warnt vor steigender Gefahr eines Atomkrieges

Tag der Befreiung


Die Friedensnobelpreisträgerorganisation IPPNW warnt im Vorfeld zum Tag der Befreiung vor der steigenden Gefahr eines Atomkrieges. Die Ärzt*innenorganisation fordert die Bundesregierung auf, Maßnahmen voranzutreiben und einzufordern, um das aktuell sehr hohe Risiko eines Atomkrieges einzudämmen. Die Regierungen Russlands und der USA sollten zunächst den Verzicht eines Einsatzes von Atomwaffen im Ukraine-Krieg erklären und künftig den Verzicht auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen (No-First-Use). Russland und die USA müssten zudem die Atomwaffen aus der erhöhten Alarmbereitschaft nehmen (De-Alerting).

Die Kommunikation zwischen den Staaten dürfe nie unterbrochen werden, so die Internationale Ärzt*innenorganisation für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). In einem Notfall müsse es weiterhin möglich ist, sich zu verständigen, um einen Atomkrieg durch Fehlalarm zu verhindern. Von der Bundesregierung fordern die Mediziner*innen weiterhin den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag und den Abzug der US-Atomwaffen.

"77 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird an diesem Wochenende weltweit der Opfer des Krieges gedacht. Täglich sterben heute wieder Menschen in der Ukraine, werden verletzt, traumatisiert oder müssen aus ihrer Heimat fliehen. Wir brauchen jetzt eine für beide Seiten gesichtswahrende Lösung, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Die Ukraine kann den Krieg gegen die Atommacht Russland nicht gewinnen, beziehungsweise nur um den Preis eines Eintritts der Nato in die Kampfhandlungen und dem Risiko eines Atomkrieges. Deshalb sehen wir es als unsere humanitäre und auch ärztliche Pflicht, uns gegen Waffenlieferungen einzusetzen", erklärt der IPPNW-Vorsitzende Dr. Lars Pohlmeier.

Die Gefahr eines Atomkrieges steigt - der russische Präsident und andere russische Sprecher drohen regelmäßig mit einem atomaren Schlag. Kürzlich hat das russische Fernsehen einen atomaren Angriff auf die britischen Inseln durchgespielt. Drohungen sind Teil der nuklearen Abschreckung, mit der der Gegner von einer Handlung abgehalten werden soll, in diesem Fall einer militärischen Intervention. Diese Drohung muss jedoch glaubwürdig sein und birgt damit die Gefahr, dass immer weiter eskaliert wird - bis hin zum Einsatz einer taktischen Atomwaffe. Das könnte einen Gegenschlag zur Folge haben und schlussendlich in einem globalen Atomkrieg enden.

Denkbar ist auch ein Atomkrieg aus Versehen, zum Beispiel in Folge eines Fehlalarms in einem Frühwarnsystem zur Erkennung von nuklearen Angriffen. In der Vergangenheit gab es verschiedene gefährliche Situationen, in denen es nur durch Glück oder die Entscheidung Einzelner nicht zum Einsatz von Atomwaffen kam. Ein neues Wettrüsten (Hyperschallwaffen, Weltraumwaffen, Drohnen), zunehmende Cyberkriegskapazitäten und automatisierte Entscheidungen (Künstliche Intelligenz) erhöhen das Risiko eines Atomkriegs "aus Versehen". Fehler in Frühwarnsystemen können besonders in Krisensituationen mit hoher Nervosität und Alarmbereitschaft gefährlich werden.

Daher sind Vereinbarungen zum Stopp der aktuell von verschiedenen Staaten betriebenen Entwicklungen von Hyperschallwaffen notwendig sowie Rüstungskontrollvereinbarungen bezüglich Cyberkriegskapazitäten und autonomen Waffen. Zudem muss die Kommunikation zwischen den Konfliktparteien dringend verbessert werden, da sonst in Krisensituationen die erhöhte Gefahr von Fehleinschätzungen und fatalen Entscheidungen besteht.


IPPNW-Information zu "Risiken und Nebenwirkungen von Waffenlieferungen":
https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Infoblatt_Waffenlieferungen.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Mai 2022
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des
Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW)
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Telefon: 030/698 07 40, Fax: 030/693 81 66
E-Mail: kontakt@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 7. Mai 2022

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