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STANDPUNKT/144: Internationaler Tag der Roma - Bleiberecht für aus ihrer Heimat geflohene Roma (Flüchtlingsrat HH)


Flüchtlingsrat Hamburg e.V. - Pressemitteilung vom 7. April 2016

08. April - Internationaler Tag der Roma


Roma und Sinti sind die größte Minderheit in Europa und werden aufgrund tradierter, jahrhundertelang bestehender Vorurteile überall in Europa ausgegrenzt und benachteiligt. Diese Form von Rassismus wird Antiziganismus genannt und hat in Deutschland eine besonders schreckliche Tradition. Im Nationalsozialismus wurden Roma und Sinti aus rassistischen Gründen erfasst, verfolgt, zur Zwangsarbeit verpflichtet, in Konzentrationslager deportiert und schließlich umgebracht.

Der Antiziganismus ist aber ein europäisches Phänomen und hat heute erneut ein erschreckendes Ausmaß angenommen. In Südost Europa und auf dem Balkan leben die meisten Roma infolge dieser Diskriminierung als Minderheiten in bitterster Armut. Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnungen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt sowie gesellschaftliche Teilhabe werden ihnen in der Regel verweigert.

Sie erleben alltägliche Anfeindungen von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft, sind deren gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt und werden weder vom Staat geschützt, noch erfahren sie Gerechtigkeit durch die Justiz.

Von der Flucht in die europäischen Staaten erhoffen sich die Roma ein Ende dieser Diskriminierung und Verfolgung. Doch in den Zielländern wie Deutschland stoßen sie erneut auf Vorurteile und Antiziganismus: Roma dienen häufig als Projektionsfläche für Angste aller Art und werden so zu Sündenböcken für soziale Missstände gemacht. Die deutsche Regierung fördert das zusätzlich durch ihre Asylrechtsverschärfungen. Im November 2014 wurden Bosnien-Herzegovina, Mazedonien und Serbien zu "sicheren" Herkunftsländern erklärt, hinzugekommen sind inzwischen Albanien, Kosovo und Montenegro. Das bedeutet für Roma aus dem Westbalkan, dass ihre Asylanträge nicht mehr individuell geprüft, sondern pauschal abgelehnt werden. Diese Einstufung als "sichere" Herkunftsstaaten soll Roma als potentielle AsylbewerberInnen abschrecken. Deswegen sind diese Gesetze im Kern antiziganistisch. Mit dem Stempel als Armutsflüchtlinge werden Roma hier stigmatisiert und ausgegrenzt.

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen sowie die evangelische Kirche kritisieren die neuen Gesetze und halten sie für verfassungswidrig. Sie fordern: Jeder Asylantrag muss auch weiterhin individuell geprüft werden. Die mehrfache Diskriminierung von Roma im Westbalkan ist vielfach belegt und muss als Verfolgungstatbestand gewertet werden. Angesichts der nationalsozialistischen Verbrechen trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für die Nachkommen dieser schon damals verfolgten Gruppe.

Wir fordern zusammen mit Romaverbänden und anderen UnterstützerInnen:

Bleiberecht für aus ihrer Heimat geflohene Roma
Öffentliche Verurteilung und Bekämpfung des Antiziganismus
Würdigung des Beitrags der Sinti und Roma an den Kulturen in Europa

Im September 2015 besetzte eine Gruppe von Roma die St. Michaeliskirche, um Schutz vor der ihnen drohenden Abschiebung zu suchen. Sie blieben dort etwa drei Wochen bis sie nach Verhandlungen mit der Kirchenleitung sich dazu entschlossen, dem Angebot einer individuellen Prüfung ihrer rechtlichen Lage durch die kirchliche Beratungsstelle Fluchtpunkt zuzustimmen. Seitdem sind die Familien dezentral in verschiedenen Wohnungen untergebracht und stehen bisher unter dem Schutz der Kirche, ihre Kinder gehen inzwischen in Kindergärten und Schulen und lernen Deutsch. Nach den ersten Wochen im Michel ist inzwischen so etwas wie Normalität in ihr Leben zurückgekehrt. Allerdings ist eine Zukunft in Deutschland für die meisten Familien noch ungewiss, deshalb kämpfen sie als Gruppe ROMANO ACIPE ANO HAMBURG weiterhin um ihr Bleiberecht:

Wir sind die Gruppe ROMANO ACIPE ANO HAMBURG

Stop Abschiebung!
Stop Diskriminierung!

Wir sind hier, um für die Rechte der Roma zu kämpfen.
Wir setzen uns gegen die Einstufung der Westbalkanländer zu "sicheren Herkunftsstaaten" ein, denn die Roma sind dort alles andere als sicher.
Wir sind hier, um für die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen, damit sie, wie alle anderen Kinder, einen Zugang zu Bildung, Gesundheitssystem, Arbeits- und Wohnungsmarkt und eine Chance zur aktiven Teilnahme an der Gesellschaft bekommen.

Lernen Sie uns kennen:
Unsere Facebook Seite: ROMANO ACIPE ANO HAMBURG
https://www.facebook.com/A3Xw7

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Quelle:
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Nernstweg 32-34, 3. Stock, 22765 Hamburg
Telefon: (040) 43 15 87, Fax: (040) 430 44 90
Bürozeiten:
Mo. 10.30 - 14.30, Di. 17.00 - 19.00, Do. 15.00 - 19.00
E-Mail: info@fluechtlingsrat-hamburg.de
Internet: www.fluechtlingsrat-hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2016

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