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MARKT/114: Tausende Milcherzeuger sagen JA zu einer Mengenkürzung in Krisenzeiten (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 07.09.2015

Tausende Milcherzeuger sagen JA zu einer Mengenkürzung in Krisenzeiten

Bei großer Demonstration in Brüssel Einsatz von Kriseninstrument inklusive freiwilligem Lieferverzicht gefordert


(Brüssel, 07.09.2015) Aus ganz Europa sind sie heute mit ihren Schleppern in Brüssel zusammengekommen, um vor dem EU-Ratsgebäude die Agrarminister lautstark zum Handeln in der Krise aufzurufen. Die mehreren tausend Milcherzeuger fordern dabei keine Subventionen, sondern den Einsatz eines Kriseninstruments, das eine Reduktion der Milchmenge in Krisenzeiten umsetzt. "Der EU-Milchmarkt ist überschwemmt, die Preise stürzen ab. In einigen Ländern sind sie schon nah an der 20 Cent-Marke. Ohne eine Reduktion der Produktion wird sich der Markt weiter rapide verschlechtern", verweist der Vorsitzende des European Milk Board (EMB), Romuald Schaber, auf die Notwendigkeit eines EU-weiten Produktionsrückgangs. Zum Einsatz könnte dabei das Marktverantwortungsprogramm (MVP) kommen, das unter anderem Bonuszahlungen für freiwillige Produktionskürzungen der Erzeuger vorsieht.

Auch seine Kollegen unter anderem aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Italien und Spanien verlangen heute in Brüssel von den EU-Agrarministern, dass jene gemeinsam schnell und vernünftig handeln. Nationale Ansätze können die Lage nicht stabilisieren. Das zeigen auch die seit vielen Monaten andauernden Proteste in den einzelnen europäischen Staaten. So konnte beispielsweise weder die Zusicherung eines unrealistischen Mindestgarantiepreises in Frankreich, noch das Versprechen von 300 Euro je Kuh in Spanien die Situation in den Ländern entspannen. "EU-weit hat die Politik eine starke Exportorientierung mit Mengenanstieg verfolgt. Das ist absolut schief gegangen und muss nun auch auf EU-Ebene wieder korrigiert werden. Alleine können die Länder hier keine nachhaltigen Lösungen fahren", so Schaber. Insbesondere EU-Agrarkommissar Phil Hogan und der deutsche Agrarminister Christian Schmidt müssten hier ihre sperrige Haltung aufgeben. Denn die Maßnahmen, wie beispielsweise die private Lagerhaltung, die man seit letztem Jahr einsetzt, konnten angesichts eines weltweit überfluteten Milchmarktes keine stabilisierende Wirkung erzielen.

Auch aus anderen Bereichen wird die Kritik an der aktuellen marktliberalen Exportpolitik immer lauter. So fordern viele Verbraucher und unter anderem auch Tierarztverbände Produktionsbegrenzungen, um das Tierwohl und eine ökologische Nachhaltigkeit gewährleisten zu können

Wenn heute im Agrarrat keine wirksamen Maßnahmen getroffen werden, sondern nur Flickschusterei betrieben wird, dann werden die Proteste sowohl landes- als auch europaweit sich weiter verstärken. Schaber dazu: "Für die Erzeuger geht es um die Existenz der Höfe, für die Verbraucher um eine EU-weite regionale und gesunde Lebensmittelproduktion und für die EU um einen stabilen und wettbewerbsfähigen Milchsektor. Wenn sich die Politik weigert, die EU-Menge zu drosseln, dann ist es unser aller Pflicht, auf die Straße zu gehen und politische Veränderungen durchzusetzen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel."


Die Forderungen der europäischen Milcherzeuger:

• Kostendeckende Milchpreise und ein Kriseninstrument, das Marktverantwortungsprogramm (MVP), jetzt!

• Mit dem Geld aus der Superabgabe muss sofort ein freiwilliger Lieferverzicht finanziert werden, damit die Menge runtergeht!


Wirksame Maßnahmen im Milchsektor

Die zu hohe Milchmenge muss über das Marktverantwortungsprogramm (MVP) in Krisenzeiten reduziert werden. Hier kann u.a. über einen freiwilligen Lieferverzicht (Produktionsreduktion gegen Bonuszahlung) schonend eine Preisstabilisierung erreicht werden.

Anheben des Interventionspreises nur mit gleichzeitiger Reduktion der Menge. Dadurch besteht nur eine kurze Interventionsdauer, da bald ein stabilisierter Marktpreis wieder greifen wird.

Richtige Situationsanalyse ist notwendig. Das russische Embargo und der Rückgang der Exporte nach China müssen in den richtigen Kontext gestellt werden: Sie sind Gründe, warum die Nachfrage nicht mit dem Produktionswachstum standhalten kann. Daher muss das Produktionswachstum zurückgenommen werden.

Das gleiche gilt auch für weitere geopolitische oder geoökonomische Entwicklungen, die Krisen hervorrufen. Bewirken beispielsweise die Ölpreisentwicklung, Finanzmarktkrisen oder auch der Terrorismus eine sinkende Nachfrage, so muss auch hier beim Angebot reagiert werden.

Falsche Maßnahmen für den Sektor

Falsch ist eine blinde Exportstrategie und das Schwemmen der EU-Übermengen auf andere Märkte. Diese sind ebenso übersättigt (russisches Importverbot, Importrückgang Chinas). Dadurch wird nur der Preis für alle weiter nach unten gedrückt.

Problematisch ist ein Anheben des Interventionspreises ohne gleichzeitige Reduktion der Menge. Dies treibt die Produktion noch einmal extra an.

Terminmärkte sind nicht geeignet, Krisenpreise zu verhindern. Denn wenn aufgrund von chronischer Übermenge auch in den kommenden Monaten geringe Preise zu erwarten sind, werden Terminkontrakte nicht mit angemessen hohen Preisen abgeschlossen. Denn diese richten sich ja auch am Milchmarkt bzw. den Erwartungen für dessen Entwicklung aus.

Subventionen sind keine Lösung. Direkte Zahlungen an die Erzeuger können zum einen den Verlust nicht ausgleichen und zum anderen die Ursache des Problems nicht beheben. Denn der EU-Markt kämpft mit chronischen Übermengen, die durch einfache Subventionszahlungen nicht beseitigt werden können.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 07. September 2015
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2015

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