Schattenblick → INFOPOOL → EUROPOOL → ERNÄHRUNG


MARKT/143: Monotonie des Grauens im Milchsektor (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 15. Juli 2016

Monotonie des Grauens im Milchsektor

Aktuelle Kostenzahlen zeigen weiterhin verheerende Unterdeckung in der Milchproduktion


Vielleicht fehlen übernatürliche Angreifer wie Zombies und Gespenster - ansonsten aber unterscheidet sich die Situation der Milcherzeuger in ganz Europa kaum von einem Horrorfilm: Monat für Monat verheerende Preisnachrichten; die Produktionskosten und der Milchauszahlungspreis klaffen weit auseinander und auf den Milchhöfen verzweifeln die bäuerlichen Familien angesichts dieser deutlichen Existenzbedrohung.

Wie man an den Aprilzahlen für die deutsche Milchproduktion sieht, werden mit einem Preis von durchschnittlich 25,78 Cent die Produktionskosten von über 44,60 Cent je Kilogramm Milch nicht einmal zu zwei Dritteln gedeckt. Die Zahlen werden vierteljährlich vom Büro für Agrarsoziologie (BAL) ermittelt und von der MEG Milch Board und dem European Milk Board (EMB) gemeinsam veröffentlicht.

Dass es sich weder um ein vorübergehendes Problem noch um eine typisch deutsche Situation handelt, machen die Kostenstudien für andere europäische Staaten deutlich. Anfang Juli hatten beispielsweise Kostenzahlen für Dänemark und die Niederlande klar aufgezeigt, inwieweit auch Länder mit großen Betriebsstrukturen einem ständigen Defizit in der Milchproduktion ausgesetzt sind. Dänemark hatte 2015 bei durchschnittlichen Kosten von 41,70 Cent einen Verlust von über 10 Cent, während das Defizit der niederländischen Erzeuger bei Kosten von 44,50 Cent knapp 14 Cent pro Kilogramm Milch betrug. Und auch in den letzten Jahren hatten die Preise in den Niederlanden nie ein kostendeckendes Niveau erreicht.

"Diese ständige Kostenunterdeckung bedeutet, dass die Bäuerinnen und Bauern die Produktion aus der eigenen Tasche quersubventionieren müssen. Dafür verzichten sie auf eine Entlohnung ihrer Arbeitszeit und nehmen Kredite auf, um die Milchproduktion und den Hof noch über eine gewisse Zeit zu retten", umschreibt Romuald Schaber, der Vorsitzende des EMB, den immensen Druck auf den Milchhöfen. Wenn selbst das nicht mehr funktioniert, geben viele Betriebe die Milchproduktion auf. Es stelle sich hier laut Schaber ganz dringend die Frage: "Können wir wirklich mit den Produzenten unserer Nahrungsmittel so unfair umgehen und zudem erlauben, dass die Produktion aus vielen Regionen Europas einfach verschwindet?"

So selbstverständlich wie diese Frage mit Nein beantwortet werden muss, so offensichtlich ist auch die Folgefrage nach Möglichkeiten zur Beseitigung dieser unfairen Zustände. "Um die Preise auf ein faires Level zu bringen, muss die Milchmenge am Markt reduziert werden", umreißt Schaber die Lösung für den Milchsektor. "Erzeuger, die bereit sind, ihre Menge zu drosseln, sollten dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten. Denn sie leisten damit einen Beitrag zur Marktstabilisierung, die allen Erzeugern durch höhere Preise zugute kommt."

Es gibt viele Stimmen, die diesen freiwilligen Lieferverzicht auf EU-Ebene einfordern, um der Horrorsituation im Milchsektor ein Ende zu bereiten. Dazu gehören die Minister vieler EU-Staaten, EU-Parlamentarier und auch der Ausschuss der Regionen. "Es ist absolut notwendig, dass sich jetzt auch die EU-Kommission diesen Stimmen anschließt", so Schaber.


Hintergrund:

Die gemeinsam von European Milk Board (EMB) und MEG Milch Board beim Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) in Auftrag gegebene Kostenstudie berechnet die deutschlandweiten Erzeugungskosten der Milch. Sie basiert zum einen auf Daten des Informationsnetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB), nutzt zu deren Aktualisierung zudem Preisindizes für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Futter, Dünger, Saatgut und Energie vom Statistischen Bundesamt und greift auf einen Einkommensansatz zurück, der die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und Familienangehörigen kalkuliert.

Auf dieser Studie aufbauend hat die MEG Milch Board den Milch Marker Index (MMI) entwickelt, der den aktuellen Verlauf der Erzeugungskosten (mit Basisjahr 2010 = 100) dokumentiert. Für April 2016 beträgt der MMI 107 Punkte. Vierteljährlich wird er gemeinsam mit einer Preis-Kosten-Ratio veröffentlicht. Diese zeigt das Verhältnis zwischen den amtlich erfassten Rohmilchpreisen an die Erzeuger und den Milcherzeugungskosten.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Juli 2016
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang