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NACHRUF/001: Armando Cossutta - Einer der letzten legendären kommunistischen Führer Italiens (Gerhard Feldbauer)


Armando Cossutta

Einer der letzten legendären kommunistischen Führer Italiens

Von Gerhard Feldbauer, 17. Dezember 2015


Die linke Unita, einst Zentralorgan der Italienischen Kommunistischen Partei (IKP), schrieb sein Bekenntnis nieder: "Ich war und bleibe Kommunist. Ohne Scham und ohne abzuschwören". Und auf seinen Grabstein wünschte er die Worte "Armando Cossutta. Kommunist". Mit ihm starb am Montag einer der letzten legendären kommunistischen Führer Italiens. Er wurde 89 Jahre alt.

Der 1926 in einer aus Ungarn eingewanderten Arbeiterfamilie, die ihren Namen Kossuth italianisierte, geborene Armando trat im Herbst 1943 in die IKP ein und nahm in ihren Garibaldi-Brigaden am bewaffneten Kampf gegen die Okkupation der Hitlerwehrmacht und ihrer Vasallen, der Mussolini-Faschisten, teil. Nach 1945 steigt er in führende Funktionen der auf über zwei Millionen Mitglieder angewachsenen Partei auf: 1951 ist er Sekretär der Stadtorganisation von Mailand, danach der Region (Land) der Lombardei, wird in den 60er Jahren Mitglied der Nationalen Leitung und des Politbüro, in dem er für die Beziehungen zur KPdSU verantwortlich ist. Eine heikle Aufgabe, denn seit Enrico Berlinguer, seit 1972 Generalsekretär, im Rahmen des Euro-Kommunismus eine "Historischer Kompromiss" genannte Regierungszusammenarbeit mit der führenden großbourgeoisen Democrazia Cristiana verfolgte und sich auf deren Druck von grundlegenden Positionen des Marxismus-Leninismus lossagte, war das Verhältnis zur führenden Partei der kommunistischen Weltbewegung starken Belastungen ausgesetzt. Cossutta, den ich persönlich in den 70er Jahren kennenlernte und ihm mehrfach begegnete, war keineswegs, wie italienische Medien unisono nach seinem Tod schreiben, der "am meisten filosowjetische" Vertreter in der IKP-Führung. Während er im Politbüro Positionen entschieden ablehnte, die die NATO als den Schutzschild eines italienischen Weges zum Sozialismus sahen, warb er in Moskau um Verständnis für akzeptable Aspekte der gegen die Blockkonfrontation gerichteten Strategie Berlinguers und verwies auf die kämpferische Basis der IKP als Garanten eines revolutionären Weges. Später korrigierte Cossutta seine Haltung zu Berlinguer, der die Revisionisten in Schach hielt und nach seiner Meinung niemals den verhängnisvollen Weg der Umwandlung der Partei Antonio Gramscis in eine sozialdemokratische Linkspartei gegangen wäre. Als nach Berlinguers Tod im Juni 1984 die Revisionisten die Führung an sich rissen und die Partei im Januar 1991 in den Untergang trieben, gehörte Cossutta zu den Gegnern dieser Liquidierung, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten. Er organisierte die kommunistische Wiedergründungspartei (Rifondazione Comunista - PRC). 1300 Delegierte von über 100.000 Kommunisten wählten ihn im Dezember 1991 zum Vorsitzenden.

Als die PRC 1998 die parlamentarische Unterstützung einer Mitte Links-Regierung (Centro Sinistra) wegen des fortgesetzten Sozialabbaus beendete, meinte Cossutta, eine rechte Wende durch die Fortsetzung der Unterstützung der Regierung zu verhindern. Er verließ mit seinen Anhängern die PRC und gründete die heutige Partei der Kommunisten Italiens (PCdI), die in das von Linksparteichef Massimo D' Alema geführte Kabinett eintrat. Die PRC folgte der Linie ihres langjährigen Nationalsekretärs Fausto Bertinotti, der 2008 das Modell der Umwandlung der IKP in eine Linkspartei mit der PRC nachahmen wollte und damit die katastrophale Wahlniederlage herbeiführte, seit der die Kommunisten erstmals in der Nachkriegsgeschichte nicht mehr im Parlament vertreten sind.

Wenn die PCdI heute die einzige Partei mit einem Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus ist und für die Wiederherstellung einer einheitlichen KP eintritt, ist das in großem Maße das Verdienst Cossuttas, der bis 2006 an ihrer Spitze stand. Das Sekretariat der Nationalen Leitung würdigte Armando Cossutta als eine herausragende Persönlichkeit der kommunistischen Bewegung Italiens von internationalem Rang, die einen bedeutenden Beitrag zur Gründung der Italienischen Republik geleistet habe. Es heißt: "Der politische und kulturelle Beitrag, den Armando Cossutta nach der Liquidierung der PCI für die Sache des Kommunismus und des Wiederaufbaus einer kommunistischen Kraft geleistet hat, wird uns unauslöschlich in Erinnerung bleiben".

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2015

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