Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Italiens 25. April: erklärt für den Rest der Welt
von Andrea De Lotto, 26. April 2025
Vielleicht weiß nicht jeder, dass der 25. April ein wichtiges Datum im italienischen Kalender ist. An diesem Tag wird die Befreiung vom Nazifaschismus im Jahr 1945 gefeiert. Dieses Datum markiert den letzten Aufstand in Mailand, bei dem die Stadt von Partisanenbrigaden erobert wurde.
Dieser Tag ist ein Nationalfeiertag, in ganz Italien finden Demonstrationen statt, und die wichtigste davon war immer die in Mailand. Schon in der Vergangenheit, in heiklen Momenten der Geschichte dieses Landes, hat der 25. April allen die Stärke des italienischen Volkes gezeigt, eingedenk des Widerstands, aus dem die Verfassung, eine der schönsten der Welt (die nie vollständig angewandt wurde ...), hervorgegangen ist. In diesem Jahr jährte sich der Tag zum 80. Mal, und die rechte Regierung unter Giorgia Meloni verschärfte die Laissez-faire-Gesetze, um jede Form von Dissens zu unterbinden. Demonstrationen, Proteste, Besetzungen und die Unterstützung von Kämpfen werden fortan mit langjährigen Haftstrafen geahndet, während das Recht auf Gesundheit, Wohnung, ausgewogene Information, Arbeit und gute Bildung immer mehr eingeschränkt wird.
In den letzten Monaten haben sich die Initiativen gegen das Gesetzesdekret vervielfacht, das diese neuen Regeln festlegt, die so viele beunruhigen, alte Militante, aber vor allem junge Menschen. Hinzu kommen die Unterdrückung von Einwanderern, die schreckliche Nachricht von der Eröffnung zweier Haftanstalten für Einwanderer in Albanien, zusätzlich zu den zehn Zentren auf italienischem Boden, die als schlimmer als Gefängnisse gelten und in denen Menschen nur deshalb landen, weil sie keine Aufenthaltsgenehmigung haben. Kurzum, der Wind der Rechten, angeheizt durch die überwältigende Mehrheit der Mainstream-Medien und die Schwäche der Oppositionsparteien und der historischen Gewerkschaften, hat Hunderttausende von Italienern auf die Straße getrieben.
Zu all dem kommt die grundlegende Frage Palästinas hinzu, in der wir erneut eine tiefe Spaltung erkennen: Ein großer Teil der Italiener spricht sich entschieden gegen die Massaker in Palästina, gegen alle Kriege, gegen das erschreckende Wettrüsten und für einen weltweiten Frieden mit sozialer Gerechtigkeit aus.
Wenn man dann noch die "Nähe" zwischen unserer Regierung und der von Trump sowie der von Orban und (warum nicht?) Putin sieht, bekommt man eine Gänsehaut.
Mit dem Tod von Papst Franziskus ist eine sehr wichtige Stimme verschwunden, die sich gegen die Mächtigen der Welt, gegen das Wettrüsten, gegen die wachsende Ungerechtigkeit, für die Menschen, die sich gegen die Gewalt der Macht wehren, für diejenigen, die für die Rettung des Planeten kämpfen, erhoben hat. Diese Stimme fehlt überall, aber vor allem in Italien.
Unter dem Vorwand der fünftägigen Trauer um den Tod von Papst Franziskus versuchte die italienische Regierung, die Stärke und Lebendigkeit der Demonstrationen am 25. April zu "entschärfen", indem sie zu "Nüchternheit" aufrief. Stattdessen hatten die Demonstrationen mehr Teilnehmer als sonst, waren lauter und entschlossener. In Mailand marschierten rund 150.000 Menschen stundenlang, und auch in vielen anderen Städten gab es Demonstrationen. Der Präsident der Republik, Sergio Mattarella, ergriff auf dem Platz von Genua, der Goldmedaillenstadt des Widerstands, das Wort und rief die Menschen auf, in ihrer Wachsamkeit gegenüber dem Faschismus nicht nachzulassen, und erinnerte an die zentrale Rolle des Widerstands in der italienischen Geschichte und an die Früchte, die er für die Demokratie und die Freiheit in diesem Land getragen hat.
Wie bei anderen Gelegenheiten war der 25. April Anlass für weitere internationale Widerstandskämpfe: von den Palästinensern über die Ukrainer, die Kurden, die Türken (gegen eine Regierung, die den Bürgermeister von Istanbul, den Hauptkandidaten zur Ablösung Erdogans, inhaftiert hat) bis hin zu den Südamerikanern, die die Ungerechtigkeiten in ihren jeweiligen Ländern anprangern.
Dieser Artikel richtet sich an alle, die Italien von außen betrachten und Gefahr laufen, nur ein unvollständiges Bild von der komplexen Realität eines Landes zu erhalten, das weiterhin laut ruft: 'Jetzt und immer Widerstand'.
Andrea De Lotto, geboren 1965 in Mailand, ist Grundschullehrer,
Psychomotoriktherapeut und langjähriger Aktivist. Er engagierte sich unter
anderem während der studentischen Protestbewegung Pantera in der Mailänder
Elternkoordination "Chiedo Asilo" für Krippen und Kindergärten sowie in
Friedensinitiativen gegen Kriege. 1992, am Ende des langen Bürgerkriegs,
arbeitete er als Volkslehrer in El Salvador. Anschließend lebte er mit
seiner Familie zwei Jahre in São Paulo (Brasilien) und zehn Jahre in
Barcelona, wo er an zahlreichen sozialen Kämpfen beteiligt war. 2010
unterstützte er die Organisation von "Lo sbarco", einer Schiffsreise für
die Wahrung der Rechte von Barcelona nach Genua. Seit 2013 engagiert er sich für
die Freilassung von Leonard Peltier, einem Aktivisten der indigenen
Bewegung Nordamerikas, der seit 1976 zu Unrecht in den USA inhaftiert war.
Heute lebt und arbeitet er in Mailand und unterrichtet Italienisch an einer
staatlichen Schule für Einwanderer.
Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Anja Schlegel vom
ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt.
Link zum Originalartikel mit Bilderstrecke:
https://www.pressenza.com/it/2025/04/il-25-aprile-in-italia-spiegato-al-resto-del-mondo/
Link zur deutschen Erstveröffentlichung:
https://www.pressenza.com/de/2025/04/italiens-25-april-erklaert-fuer-den-rest-der-welt/
Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
*
Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Reto Thumiger
E-Mail: redaktion.berlin@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 2. Mai 2025
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang