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AUSSEN/153: Niger - EU verstärkt Beziehungen zu viertgrößtem Uranproduzenten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. September 2015

Niger: EU verstärkt Beziehungen zu viertgrößtem Uranproduzenten

von Robert Johnson


BRÜSSEL - Die Europäische Union hat während des ersten Besuchs der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, in Subsahara-Afrika beschlossen, die Zusammenarbeit mit dem viergrößten Uranproduzenten Niger zu verstärken.

Auch die Situation in der Sahelzone stand bei den Gesprächen zwischen Mogherini, dem nigrischen Staatspräsidenten Brigi Rafini und seiner Außenministerin Aichatou Boulama Kané am 18. September im Vordergrund.

Der Sahel ist ein Randgebiet der Sahara und erstreckt sich über Teile der afrikanischen Staaten Senegal, Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Algerien, Niger, Nigeria, dem Tschad, Sudan und Eritrea.

Niger ist eines von drei Schwerpunktländern der EU-Sicherheits- und Entwicklungsstrategie für die Sahelzone, die der 28-Länder-Block 2011 angenommen hatte. Der Sahel spielt in der EU-Politik eine übergeordnete Rolle. Das Interesse der Europäer gilt insbesondere der Bekämpfung regionaler Sicherheitsbedrohungen, des Terrorismus, des organisierten Verbrechens und der illegalen Migration sowie der Energiesicherheit.

So heißt es in einem Beitrag auf der Website des Auswärtigen Dienstes (EAD): "Die fortgesetzte Instabilität des Sahels und der transnationale Charakter der Sicherheitsbedrohungen unterstreichen die Relevanz der regionalen Annäherung im Sinne der im März 2011 angenommenen EU-Strategie für Sicherheit und Entwicklung für die Sahelzone."


Langjährige Partnerschaft

Der Strategie vorausgegangen war die verfassungsrechtliche und politische Krise nach dem Militärputsch Anfang 2010, dem ein beispielloser demokratischer Übergangsprozess folgte, der in der ersten Hälfte 2011 in Lokal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen mündete. Die Europäische Union leistete Unterstützung und half bei der Finanzierung und dem Monitoring der Wahlverfahren.

Doch Konsultationen im Sinne von Artikel 96 des Cotonou-Abkommens mit Niger führten zu einer teilweisen Unterbrechung der Zusammenarbeit mit der EU. Als aber die verfassungsrechtliche Ordnung in dem westafrikanischen Land wieder hergestellt werden konnte, wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen. Die Präsidentschaftswahlen sind Anfang 2016 vorgesehen.

Auf Anfrage der nigrischen Regierung entsandte die EU im Rahmen ihrer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Juli 2012 eine zivile Mission zur Unterstützung der nigrischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terrorismus und organisiertes Verbrechen. Das Mandat wurde im Juli 2014 um zwei weitere Jahre bis Juli 2016 verlängert.

"Die EU und Niger stehen in einem regelmäßigen und dynamischen politischen Dialog, bei dem es um politische, wirtschaftliche und Handelsfragen in Sinne der Entwicklung und guten Regierungsführung inklusive der Menschenrechte geht", ist aus EU-Kreisen zu hören. Auch kommt es zu Treffen unterschiedlicher Sektoren, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der nigrisch-europäischen Zusammenarbeit befassen.

Gemäß dem Zehnten Rahmenplan des Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) erhält Niger für den Zeitraum 2008 bis 2013 mehr als 571 Millionen Euro (etwa 640 Millionen US-Dollar). Abgesehen davon, dass die EU eine beträchtliche Budgethilfe leistet, zielt die Zusammenarbeit auf die Förderung der ländlichen Entwicklung, der Ernährungssicherung und der regionalen Integration etwa mit Hilfe regionaler Integrationsmaßnahmen wie dem Bau einer Transportinfrastruktur.

Die Budget- und institutionelle Hilfe, die derzeit auf den Weg gebracht wird, soll Niger dabei helfen, die Armut zu bekämpfen, Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen und inklusives Wachstum zu ermöglichen. Außerdem sollen die wirtschaftlichen und demokratischen Strukturen entwickelt und gestärkt werden.

Im Juni 2014 war der 'Nationale Indikative Plan' (NIP) in der kenianischen Hauptstadt Nairobi aufgelegt worden. Er gilt für den Zeitraum 2014 bis 2020 und zielt insbesondere auf Ernährungssicherheit und -resilienz, einen Kapazitätenaufbau zur Umsetzung sozialer Strategien etwa im Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie auf die Sicherheit, Friedensförderung und die Öffnung von Regionen, die von Unsicherheit und Konflikten bedroht sind.

Der neue NIP zielt auch auf die Stärkung der Zivilgesellschaft. Zusätzlich profitiert Niger von EU-Finanzhilfen für Westafrika und EU-Programmen für die AKP-Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik).


Sinkende Uranpreise, rückläufige Einnahmen

Niger ist der viertgrößte Uranproduzent nach Kasachstan, Kanada und Australien. Der Bergbau und insbesondere die Uranproduktion sind die Aktivitäten, die dem westafrikanischen Land die höchsten Exporteinnahmen bescheren. Das für zivile und militärische Zwecke nachgefragte Metall wird seit den 1960er Jahren exportiert und hat dem Land bis in die 1970er Jahre ein zügiges Wirtschaftswachstum ermöglicht. Doch mit dem kontinuierlichen Niedergang der Uranpreise fielen auch die Einnahmen des Landes durch den Uranverkauf.

Als der Uran-Boom Anfang der 1980er Jahre zu Ende ging, stagnierte die nigrische Wirtschaft. Seither halten sich auch die ausländischen Investitionen in Grenzen. Die beiden im Norden Nigers liegenden Uranminen - die Übertagemine SOMAIR und die unterirdische Mine COMINAK - gehören einem internationalen Konsortium unter französischer Führung. Betrieben werden sie von dem französischen Unternehmen 'Areva'. Förderlizenzen für neue Lagerstätten gingen an Unternehmen aus Staaten wie Indien, China und Australien.

2013 versuchte die Regierung ihre Uraneinnahmen zu erhöhen. So sollten sich die Unternehmen an das Bergbaugesetz von 2006 halten. Zur Begründung hieß es, dass es an der Zeit sei, die ungleichen Partnerschaften in die Balance zu bringen. Doch Areva widersetzte sich mit dem Hinweis auf sinkende Uranpreise und schlechte Marktbedingungen.

2014, nach fast einjährigen Verhandlungen mit der nigrischen Regierung, erklärte sich Areva schließlich zur Anerkennung des Bergbaugesetzes bereit. Für das westafrikanische Land bedeutet dies einen Anstieg der Uraneinnahmen um mehr als das Doppelte. (Ende/IPS/kb/29.09.2015)


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http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2437-europe-targets-worlds-major-uranium-producer-niger

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IPS-Tagesdienst vom 29. September 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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