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STRAFRECHT/039: Kein Berufsgeheimnisschutz für Syndikusanwälte (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Brüssel, 18. September 2007

Europa: Kein Berufsgeheimnisschutz für Syndikusanwälte


Berlin/Brüssel (DAV). Das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) hat es in seiner gestrigen Entscheidung in der Rechtssache Akzo/Acros gegen die Europäische Kommission (T-125/03; T-253/03) abgelehnt, Syndikusanwälten denselben Schutz des Berufsgeheimnisses zu gewähren wie anderen Rechtsanwälten. Das Gericht ist dem Antrag der Kläger nicht gefolgt, den Anwendungsbereich des "Legal Professional Privilege" (LPP - Berufsgeheimnis) bei Ermittlungen der Kommission auch auf Syndikusanwälte auszuweiten. Zwar hebt das Gericht in seinem Urteil die Bedeutung des LPP für den Rechtsstaat hervor und betrachtet auch lediglich vorbereitende Dokumente als vom Berufsgeheimnis gedeckt, sofern diese zwecks Einholung von Rechtsrat bei einem externen Rechtsanwalt erstellt wurden. Der Ausweitung des LPP auf Syndikusanwälte wurde jedoch - für europarechtliche Zusammenhänge - eine Absage erteilt.

"Das Urteil ist aus deutscher Sicht nicht recht verständlich, ändert jedoch nichts am Status des Syndikusanwalts nach deutschem Berufsrecht. Der DAV wird sich nach wie vor für die Anerkennung der Gleichstellung von Syndikusanwälten und externen Rechtsanwälten aussprechen", so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, DAV-Präsident, in einer ersten Stellungnahme.

So vertritt der DAV seit jeher die Auffassung, dass anwaltliche Tätigkeit auch dann vorliege, wenn ein angestellter Anwalt für ein Unternehmen, bei dem er angestellt ist, rechtsgestaltende, rechtsberatende oder rechtsentscheidende Tätigkeit erbringt. Verschwiegenheitsrecht und -pflicht sowie Vermeidung jeder Interessenkollision als weitere unverzichtbare Bestandteile anwaltlicher Tätigkeit gelten uneingeschränkt auch für die Tätigkeit eines angestellten Anwalts in einem Unternehmen. Er verweist hierzu auf seine Reformvorschläge der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).

Das von dieser Einordnung des Syndikusanwalts nun abweichende Urteil des EuG ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass es kein europäisches Syndikusanwaltsbild in den Mitgliedstaaten der EU gibt und dass es den europäischen Anwaltskammern während des Verfahrens auch nicht gelungen ist, sich auf eine solche europäische Definition zu einigen. Das EuG stellt entsprechend fest, dass selbst wenn in verschiedenen Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Syndikusanwälte als Rechtsanwalt tätig sein könnten, dies jedenfalls nicht in allen Mitgliedstaaten der Fall sei. Das Gericht sah sich zudem außer Stande, dem auf einem Kompromiss basierenden Vorschlag des Rates der Europäischen Anwaltschaften zu folgen: Dieser hatte vorgeschlagen, die Beurteilung der Anwendbarkeit des Berufsgeheimnisses nach dem jeweiligen nationalen Berufsrecht des Rechtsanwalts zu richten. Dies würde jedoch zu einer unterschiedlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts führen.

Gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz kann innerhalb von zwei Monaten ein Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die BRAO-Reformvorschläge des DAV inkl. Begründung finden Sie unter Randnr. 40 unter:

http://www.anwaltverein.de/01/07/archiv/besondere_beitrag_2007/bb_1007_679_699.pdf


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 32/07 vom 18. September 2007
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2007