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INTERVIEW/011: "Freiheit statt Angst" - Treffpunkt Brüssel, Katta (SB)


Interview mit Katta am 18. September 2011 in Brüssel


Katta ist Aktivistin des AK Vorrat [1] und hat an der Demonstration "Freiheit statt Angst" in Brüssel teilgenommen. Der AK Vorrat ist eine bundesweite Aktionsgruppe von Bürgerrechtlern, Datenschützern, diversen Organisationen und Einzelpersonen, die gemeinsam gegen Vorratsdatenspeicherung vorgehen. Außerdem stellt er die größte zivile Initiative gegen die EU-Richtlinien zur Vorratsdatenspeicherung dar. Mit Demonstrationen, künstlerischen Aktionen, mit Verfassungsbeschwerden und Petitionen [2] macht der Arbeitskreis bundes-, europa- und auch weltweit auf die Datenschutzproblematik aufmerksam und versucht, gesellschaftliche Entwicklungen für mehr Freiheit und den Schutz der Bürgerechte anzustoßen.

Katta - Foto: © 2011 by Schattenblick

Katta
Foto: © 2011 by Schattenblick
Schattenblick: Katta, könntest du dich und deine Organisation einmal vorstellen?

Katta: Ich bin beim AK Vorrat aktiv und war bereits im letzten Jahr mit in Berlin und das vorige Jahr auch und letzte Woche ebenso. Wir organisieren in Deutschland schon seit längerem Datenschutzdemos. Die Idee war nun, einmal eine europäische Aktion zu machen und damit die Vernetzung zu stärken. Ich denke, das ist uns ganz gut geglückt.

SB: Man erlebt hier durchaus ein internationales Klima. Obwohl es ein weiter Weg war, sind eine Menge Leute gekommen. Der AK Vorrat ist ja so etwas wie der Fels in der Brandung. Wie ist eigentlich dein Interesse am Datenschutz im speziellen und am AK Vorrat im besonderen entstanden?

Katta: Vor einigen Jahren ist die Vorratsdatenspeicherung erstmals als Thema aufgekommen. Damals habe ich dazu mehrere Artikel durchgelesen und mir überlegt, was das im einzelnen für das Kommunikationsverhalten von Menschen bedeutet. Wir haben dann festgestellt, daß die öffentliche Aufmerksamkeit dafür sehr begrenzt war, und das wollten wir ändern. Ich habe dann Kontakt zum AK Vorrat gesucht. Wir haben direkt angefangen, eine Demo zu organisieren, und das hat sich dann verstetigt. Das ist ein sehr schönes Umfeld, um sich zu engagieren, weil wir ein sehr bunter Haufen von Leuten sind, die nicht unbedingt eine Parteibindung haben. Manche besitzen einen Parteihintergrund, andere nicht, aber in erster Linie ist es ein themenbezogenes Bündnis. Das heißt, wir haben ein gemeinsames Ziel und stellen andere Differenzen, die wir vielleicht haben, zurück, um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, sprich: mehr Datenschutz und angemessene Gesetze im digitalen Zeitalter.

SB: Die Überparteilichkeit ist ein sympathischer Zug, zumal ansonsten alle Parteien versuchen, das Thema für ihre Interessen einzubinden. Wie steht ihr aber zu den Datenschutzbeauftragten?

Katta: Es gibt nur einen unabhängigen Datenschutzbeauftragten, die anderen sind mehr oder weniger abhängig, aber eines haben sie gemein: Sie sind an Gesetze gebunden. Das heißt, sie können nur in dem Rahmen handeln, der ihnen vom Gesetzgeber vorgegeben wird. Unsere Aufgabe als Bürgerrechtsbewegung besteht darin, Druck auf die Öffentlichkeit und die Politiker auszuüben, damit sie diesen gesetzlichen Rahmen angemessen gestalten. Von daher ist unsere Position fundamental anders, obwohl wir natürlich in vielen Fällen ähnliche Interessen haben.

SB: Habt ihr für die Petition für ein Verbot der Vorratsdatenspeicherung eher junge oder ältere Leute als Mitzeichner gewonnen?

Katta: Auf die Großdemo letzte Woche in Berlin sind 5.000 Leute gekommen. Es war eine sehr bunte Mischung. Wir selbst haben an unserem Stand vom AK Vorrat Petitionen gesammelt und dabei beobachtet, daß viele Menschen gezielt unseren Stand angesteuert, die Unterschrift gegeben und gesagt haben, "klasse Arbeit", ehe sie dann weitergegangen sind. Darunter waren junge Leute, aber auch ältere, zum Teil sogar Rentner. Das hat uns ein sehr positives Feedback gegeben, weil wir gesehen haben, daß das Thema wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Das war unser Ziel gewesen, als wir vor einigen Jahren angefangen hatten.

SB: Noch wird das Thema von vielen belächelt, andere bekommen es mit der Angst zu tun. Wo positioniert ihr euch zwischen Angst und Aufklärung? Es gibt böse Zungen, die behaupten, ihr nutzt das Thema nur aus, um auf euch aufmerksam zu machen.

Katta: Ich würde meine freie Zeit nicht dafür opfern oder mein Geld in die politische Arbeit beim AK Vorrat stecken, wenn ich nicht glauben würde, daß es notwendig ist. Wir als AK Vorrat wünschen uns natürlich, daß es nicht notwendig ist, Demonstrationen, Info-Veranstaltungen und Pressearbeit zu dem Thema machen zu müssen. Wir sind jedoch der Meinung, daß es um die Bürgerrechte im digitalen Zeitalter nicht gut bestellt ist. Von daher können wir uns momentan noch nicht auflösen.

SB: Was wünschst du dir für die Zukunft?

Katta: Ich wünsche mir eine freie Gesellschaft, in der jeder das Recht hat zu kommunizieren, mit wem und wann er will, sich zu treffen, mit wem und wann er will, und zwar unbeobachtet, das heißt, daß wir einen Rahmen haben, in dem wir uns austauschen und eine öffentliche Debatte führen können. Das wäre der Rahmen, um Demokratie schaffen zu können.

SB: Katta, Danke für das Interview!

Fußnoten:

[1] http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Ortsgruppen/Hamburg

[2] http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0082.html

2. November 2011